Georg Thieme Verlag KGGeorg Thieme Verlag KG
Georg Thieme Verlag KGGeorg Thieme Verlag KG

Nachhaltiger operierenUKB macht gefährlichen Atemkalk zu Dünger

Mit zwei Recycling-Projekten gestaltet das Universitätsklinikum Bonn seine Operationen nachhaltiger. Dabei werden Rohstoffe aus Einweginstrumenten zurückgewonnen, und Atemkalk wird für die Landwirtschaft aufbereitet.

Prof. Mark Coburn
Universitätsklinikum Bonn
Prof. Mark Coburn, Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin am Universitätsklinikum Bonn, zeigt ein Atemkalkbehältnis im OP.
UKBonn OP-Instrumente-Recycling
UKB/K. Wislsperger
Marc Dominic Villa, Gesundheits- und Krankenpfleger im Operationsdienst (l.), und Dr. Jonas Dohmen, Facharzt der Klinik für Chirurgie am UKB, mit einem Klammernaht-Einweggerät im OP.

Recyceln statt verbrennen – dieser Grundsatz gilt jetzt für chirurgische Einweg-Instrumente der Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Bonn (UKB). Ob Ultraschallschere oder Klammernaht-Gerät – viele der Einweginstrumente aus dem OP enthalten hohe Metallanteile, welche gut wiederaufbereitet werden können, schreibt das UKB in einer Mitteilung. Das neue Recycling-Projekt wird mit dem Start-up Resourcify umgesetzt.

„Viele der häufig im OP benutzten Instrumente wurden nach dem Einsatz bislang weggeworfen, obwohl sie sehr wertvolle Rohstoffe enthalten“, erklärt Klinik-Direktor Prof. Jörg Kalff. Laut UKB sind etwa 8000 Tonnen des Abfalls aus deutschen Krankenhäusern pro Jahr auf Einweggeräte zurückzuführen. Dabei könnten der Weltgesundheitsorganisation zufolge rund 85 Prozent der Krankenhausabfälle prinzipiell recycelt werden.

80 Prozent des Materials werden stofflich wiederverwertet

Für das UKB bedeute das Projekt eine enorme Reduktion des Abfallaufkommens, so Michael Schmitz, der die Stabsstelle Nachhaltigkeit leitet. Alle OP-Mitarbeitenden seien geschult worden, die notwendigen Änderungen im Ablauf seien gering, und das Team habe sie problemlos umgesetzt.

Alle nichtinfektiösen Einweggeräte, so das UKB, werden mittlerweile in der hauseigenen Mikrobiologie sterilisiert. Eine Entsorgungsfirma hole die Geräte im Anschluss ab, und statt der bisherigen Verbrennung erfolge dann ein mechanisches Recycling. So könnten etwa 80 Prozent des Materials stofflich wiederverwertet werden. „Wenn wir das wiederverwertbare Material auf zehn Kliniken am UKB hochrechnen, kommen wir auf fast 40 000 Kilogramm CO2 pro Jahr, die dadurch eingespart werden können“, betont Dr. Jonas Dohmen, Facharzt der Klinik für Chirurgie am UKB.

Upcycling von Atemkalk

Um ein weiteres Abfallproblem geht es in einem Pilotprojekt, das die Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin (KAI) am UKB gestartet hat: Zusammen mit der Firma Dräger wird verbrauchter Atemkalk so aufbereitet, dass er anschließend in Industrie und Landwirtschaft weitergenutzt werden kann, zum Beispiel als Bodenverbesserer.

Mit Atemkalk gefüllte Kartuschen werden bei OPs unter Vollnarkose mit einem Rückatmungsgerät eingesetzt, um CO2 aus der ausgeatmeten Luft des Patienten herauszufiltern. Sind diese Kartuschen verbraucht, zählen sie zu Chemieabfällen mit gefährlichen Eigenschaften wie Säuren, Laugen, Desinfektions- oder Reinigungskonzentrate, schreibt das Universitätsklinikum in seinem Newsletter „ukb mittendrin“. Sie müssen in speziell verschließbaren Tonnen gesammelt und unter besonderen Bedingungen als Sondermüll aufwändig entsorgt werden.

Pilotprojekt wird wissenschaftlich begleitet

Bei jährlich rund 3000 benötigten Kartuschen, die im verbrauchten Zustand etwa 1,75 Kilogramm wiegen, entstehen allein am UKB fünf Tonnen Sondermüll, die zu Emissionen von rund 25 Tonnen CO2 führen würden, heißt es in dem Bericht weiter. Ihr Pilotprojekt „Upcycling: vom Atemkalk zum Obstanbau“ lässt die KAI wissenschaftlich begleiten. Anhand von Life-Cycle-Analysen (LCA) soll ein ökologischer wie ökonomischer Vergleich der früheren Entsorgung mit dem Upcycling-Verfahren erfolgen. Die medizinische Fakultät unterstützt die Untersuchung über den Nachhaltigkeitsfördertopf.

Die Mitarbeiter der Anästhesie sammeln die Kartuschen jetzt in speziellen Behältern auf den Abteilungsfluren. Sind sie ausreichend gefüllt, kann über einen QR-Code das Facility Management informiert werden, das die Behälter ins Lager der Abfallwirtschaft bringt. Von dort werden sie von der Firma Dräger zur Weiterverwertung abgeholt.

Die KAI werde das Projekt ein Jahr lang begleiten, um den ökologischen und den ökonomischen Fußabdruck darzustellen, so das UKB. Bis Mitte November konnten demnach bereits 252 Atemkalk-Kartuschen und damit 333 Kilogramm gesammelt und verwertet werden.

Sortierung
  • Derzeit sind noch keine Kommentare vorhanden. Schreiben Sie den ersten Kommentar!

    Jetzt einloggen