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kma im InterviewAlternative Finanzierungsformen für Baumaßnahmen im Krankenhausbereich

Trotz des steigenden Investitionsbedarfs sinkt der Anteil öffentlicher Fördermittel im Sinne des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) stetig. Im Gespräch mit kma erläutert Barbara Schulte, Geschäftsführerin der Klinikum Region Hannover GmbH, welche Konsequenzen das hat und wie sich Baumaßnahmen mithilfe alternativer Finanzierungsquellen stemmen lassen.

Barbara Schulte
Maren Kolf
Barbara Schulte ist die Geschäftsführerin der Klinikum Region Hannover GmbH.

Wie schwierig ist derzeit die Investitionsfinanzierung von Krankenhausbaumaßnahmen?

Insgesamt lässt sich ein Rückzug der Bundesländer aus der Krankenhausfinanzierung feststellen. So nimmt der Anteil der KHG-Fördermittel an den Gesamtkosten der Krankenhäuser seit vielen Jahren stetig ab. Dieser Trend trifft auf einen angesichts der demografischen Entwicklung und des medizinischen Fortschritts immer weiter steigenden Investitionsbedarf. Schließlich wird der Abbau des Investitionsstaus für viele Krankenhäuser zu einer existenziellen Aufgabe. Diese Herausforderung kann jedoch durch die im Krankenhausfinanzierungsgesetz verankerte duale Finanzierung nicht bewältigt werden. Daher stellt sich die Investitionsfinanzierung von Krankenhausbaumaßnahmen immer schwieriger dar.

Wie groß ist der Druck, Baumaßnahmen abseits von öffentlichen Fördermitteln im Sinne des Krankenhausfinanzierungsgesetzes finanzieren zu müssen?

Der Druck, Finanzierungsquellen abseits von Fördermitteln im Sinne des KHG zu erschließen, ist gewaltig und steigt aufgrund der geschilderten Rahmenbedingungen permanent. Zur Aufrechterhaltung und zum Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit müssen unweigerlich neue Wege beschritten werden. Erschwerend kommen im Übrigen die Komplexität und Zeitintensivität der Verfahren zur Gewährung von Fördermitteln nach KHG hinzu. Sowohl die Wartezeiten auf die Genehmigung der Fördermittel sind lang als auch die Zeiträume zwischen dem Beginn der Baumaßnahme und der Mittelauszahlung. Somit müssen selbst genehmigte Investitionen immer häufiger von den Kliniken vorfinanziert werden – dafür brauchen sie also auch eine entsprechend gute Liquidität als Krankenhausbetreiber. Die privaten Klinikketten haben hier eine viel bessere Eigenkapitalquote. Im Gegensatz dazu hat man als kommunales Klinikunternehmen eher wenig Spielraum – auch das ist ein Grund, warum so viele kleine Krankenhäuser von privaten Klinikketten geschluckt werden.

Welche Alternativen bieten sich Kliniken hier – etwa die Kreditfinanzierung durch Banken, Beteiligungsfinanzierungen, Spenden und Sponsoring oder die Innenfinanzierung?

Viele Kliniken sind immer häufiger gezwungen, die Baumaßnahmen über den Kapitalmarkt zu finanzieren oder andere Finanzierungsquellen wie zum Beispiel eine Beteiligungsfinanzierung in Anspruch zu nehmen. Aus Spenden und Sponsoring generierte Mittel sind in der Praxis meist von untergeordneter Bedeutung. Anders ist das etwa bei Universitätskliniken, beispielsweise in Heidelberg, wo zwei Gebäude fast komplett über Spenden finanziert wurden. Aber das sind eher Ausnahmen. Zudem dürfen die Spender keine gewinnorientierten Unternehmen sein. Die Innenfinanzierungskraft der Häuser ist vor dem Hintergrund der oft unbefriedigenden Profitabilität für größere Investitionen nicht ausreichend. Insbesondere bei Krankenhäusern, die sich Innenfinanzierungsspielräume geschaffen haben, werden diese Spielräume durch das Pflegepersonal-Stärkungs-Gesetz (PpSG) zusätzlich ausgehebelt, indem zum Beispiel Pflegekosten aus der InEK-Finanzierung herausgenommen und nur Ausgaben finanziert werden. Dadurch wird der Deckungsbeitrag aus dem Pflegepersonal eliminiert, und die Gesellschaften werden ihren Kapitalmarktverpflichtungen nicht nachkommen können.

Welche Nachteile ergeben sich hier?

Insbesondere bei der Kreditfinanzierung sind mehrere Aspekte zu bedenken. Dadurch, dass die Finanzmittel schon vor dem Maßnahmenbeginn zur Verfügung stehen, ist grundsätzlich eine schnellere Realisierung von Investitionsmaßnahmen und Verschaffung von strategischen Wettbewerbsvorteilen möglich. Auf der anderen Seite muss das Krankenhausunternehmen stets in der Lage sein, den Kapitaldienst durch den laufenden medizinischen Betrieb zu erwirtschaften. Somit kommen für Kreditfinanzierung grundsätzlich nur effizienzverbessernde Investitionen in Frage. Nicht zu vernachlässigen ist auch die Kreditfähigkeit eines Unternehmens. Sie hängt, unabhängig von der Trägerschaft, von der Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung ab. Schließlich resultieren aus einer schlechteren Schuldnerbonität höhere Kreditzinsen, die das Unternehmen in der Zukunft belasten.

Neben den erwähnten Beispielen gibt es auch die Möglichkeit, Investoren mit ins Boot zu nehmen, etwa durch Leasingmodelle, Pay-Per-Use-Finanzierungen oder Private Public Partnerships (PPP). Beziehen sich diese nur auf den Gerätepark, oder lassen sich damit auch Baumaßnahmen finanzieren?

Die Sonderformen der Investitionsfinanzierung spielen für Baumaßnahmen in der Praxis eine eher untergeordnete Rolle. Bei Sale-Lease-Back-Modellen etwa stehen der kurzfristig gewonnenen Liquidität die in den Leasingraten enthaltenen Zinsanteile gegenüber. Die PPP-Konstrukte sind oft sehr komplex und binden langfristig an einen Kooperationspartner. Die Pay-Per-Use-Finanzierung bezieht sich in der Praxis eher auf den Gerätepark. Hier schließt sich übrigens eine weitere Kritik bezüglich des Investitionsstaus an: Die gesamte IT-Struktur ist sowohl in den DRG-Finanzierungen als auch in den Investitionsfinanzierungen der Länder nicht abgedeckt. Daher sind wir in Deutschland, was diese IT-Strukturen angeht, im Vergleich mit anderen Ländern ein Entwicklungsland. Denn es gab dafür bislang keine finanziellen Mittel.

Wie sollte ein Krankenhaus aufgestellt sein, um jene Finanzierungsmodelle abseits des KHG in Anspruch nehmen zu dürfen?

Alternative Finanzierungsformen sind meist durch Zinserwartungen der Kapitalgeber gekennzeichnet. Somit ist eine besonders effiziente medizinische Leistungserbringung erforderlich, da die Zinskosten nicht in der DRG-Fallpauschale berücksichtigt sind. Man muss also im Vorfeld sehr genau abwägen, ob diese Verbesserungen zu Betriebsergebnissteigerungen führen, die diese Zinserwartungen abdecken werden.

Was raten Sie Kliniken, die derzeit auf der Suche nach Investitionsmitteln für Baumaßnahmen sind?

Um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und auszubauen, ist die Inanspruchnahme alternativer und möglichst differenzierter Finanzierungsquellen unumgänglich. Jedoch sind deren Einsatzmöglichkeiten sehr stark von der Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung abhängig. Somit muss im ersten Schritt stets ein besonderes Augenmerk auf die möglichst effiziente Leistungserbringung und Kosteneinsparungen im laufenden Geschäft gelegt werden. Im Zusammenhang mit dem PpSG ist eine besonders vorsichtige und abwartende Betrachtung empfehlenswert. Zudem gilt es, die aktuellen Preissteigerungen in der Baubranche zu beachten. Auch das haben die Länder unzureichend im Blick: Diese Preissteigerungen werden häufig in den Fördermitteln nicht berücksichtigt, viele Krankenhäuser werden damit letztendlich alleine gelassen. Wenn Baumaßnahmen dann auch noch länger dauern, etwa weil die Baufirmen nicht so schnell arbeiten – oder die Krankenhäuser sich mit ihnen streiten müssen, wenn sie hinterher massive Baumängel haben – dann geht das zu Lasten der Kliniken und damit der Patientenversorgung.

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