
Laternen Phänomen
„Im Deutschen würde ich das ‚lamp post syndrom‛ mit ‚Laternen-Phänomen‛ übersetzen“, erklärt Professor Mall, der sich intensiv für die Optimierung der Versorgung und Verbesserung der Therapieerfolge für Mukoviszidose-Patienten einsetzt. „Wenn man nachts seinen Schlüssel verloren hat, sucht man zunächst im Licht der Laterne, wo man gut sehen kann“, erläutert er. Der Schlüssel könne aber auch im Dunkeln liegen, dort, wo das Licht der Laterne nicht hinreicht. Er überträgt das Bild auf seine Tätigkeit als Arzt für MukoviszidosePatienten: „Bei stabilem Zustand kommt der Patient vierteljährlich zu einer RoutineUntersuchung. Bei diesem Termin steht er sozusagen im Licht, und ich erfasse seinen Gesundheitszustand punktuell an diesem Tag.“
Das sei jedoch nur eine Momentaufnahme. Zwischen diesen Terminen könne sich der Zustand subjektiv und objektiv stark verändern. Was zu diesen Veränderungen geführt hat, lasse sich derzeit jedoch kaum ermitteln. „Der Patient kann sich beispielsweise einen Atemwegsinfekt zugezogen haben, der zu einer Verschlechterung der Lungenerkrankung führt. Auch mangelnde Therapietreue kann die Ursache für eine akute Veränderung der Symptome sein“, so Prof. Mall. Mit einem kontinuierlichen Überblick über den Krankheitsverlauf würde die Behandlung optimiert und Therapieerfolge gesteigert, ist er überzeugt.
Coaching und Telemonitoring
Kontinuierliches Telemonitoring mithilfe einer Patienten-App und qualifiziertes Coaching soll nun die Lücken zwischen den Kontrollterminen beim Arzt schließen. Eine App, in der der Patient seinen Gesundheitszustand dokumentiert, Medikamente, Ziele und Aktivitäten notiert und ein Tagebuch zu seinem Befinden führt, könne Licht ins Dunkel bringen, erklärt Mall. In Verbindung mit telefonischer oder chat-geführter Betreuung durch medizinisch geschulte Coaches werden kontinuierlich relevante Daten erfasst, die dem Arzt helfen, den Krankheitsverlauf besser zu verstehen, bei Verschlechterung des Zustandes unmittelbar einzugreifen und die Therapie bei Bedarf immer wieder anzupassen. Die vom Patienten in der App eingegebenen Informationen werden in einem cloudbasierten Portal abgelegt, auf dem der Coach den Gesundheitszustand des Patienten mitverfolgt. Bei Auffälligkeiten leitet er die entsprechenden Daten direkt an den behandelnden Arzt weiter und nimmt gegebenenfalls Kontakt mit dem Patienten auf, um die aktuelle Situation und notwendige Maßnahmen zu besprechen.
Einführung in der Charité
Die Einführung einer solchen digital gestützten Lösung ist für die Charité bereits geplant: Mitte dieses Jahres beginnt das von Thieme TeleCare mitinitiierte Innovationsfonds-Projekt „ConneCT CF“ für Patienten mit Cystischer Fibrose beziehungsweise Mukoviszidose unter Leitung von Prof. Mall. Das Digitalisierungs-Projekt ist auf drei Jahre angelegt. „Es geht darum, den Effekt von Telemonitoring und Coaching auf den Krankheitsverlauf von Patienten mit Mukoviszidose zu evaluieren und die Langzeitbehandlung zu verbessern“, fasst Prof. Mall zusammen. „Damit wollen wir die Lebensqualität der Patienten spürbar verbessern, aber auch unsere personellen und finanziellen Ressourcen besser einsetzen und damit die Behandlungseffizienz erhöhen.“ Die zugrundeliegende Plattform-Technologie bringt Thieme Partner m.Doc in das Projekt mit ein. Die inhaltliche Ausgestaltung der Patienten-App sowie das ExpertenNetzwerk für das Coaching-Angebot stellt Thieme TeleCare zur Verfügung.
