
Wenn Patienten in die Klinik kommen, fällt zunächst eine Menge „Papierkram“ an: Behandlungsvertrag, Wahlleistungsvertrag, Datenschutzbestimmungen – all diese klinikspezifischen Dokumente liegen üblicherweise in Papierform vor, werden vom Patienten bei der Aufnahme zur Kenntnis genommen und unterschrieben und, meist analog, abgelegt. „Am Klinikum rechts der Isar der TU München läuft das perspektivisch vollständig elektronisch“, erklärt Dipl.-Kfm. Andreas G. Henkel, der das Projekt als Chief Information Officer (CIO) steuert.
Möglich macht das die Software E-DocumentPro von Thieme Compliance, für die sich das Klinikum nach eingehender Prüfung entschieden hat. Der Patient füllt die Unterlagen bei der Aufnahme an einem Mobilgerät aus und unterschreibt auch digital. „Die Dokumente werden direkt in der elektronischen Patientenakte, die sich gerade im Aufbau befindet, abgelegt und damit gleichzeitig rechtsverbindlich archiviert“, erklärt Henkel.
Anamnese und Patientenaufklärung
Auch Angaben, die der Patient bei der Einweisung zu sich und seiner Erkrankung macht, sollen im Aufnahmeprozess künftig elektronisch erfasst und damit der Umweg über einen Fragebogen auf dem Klemmbrett vermieden werden. „Damit stehen dann neben den unmittelbar behandlungsrelevanten Daten auch Informationen, die an anderer Stelle während des Klinikaufenthaltes relevant sind, perspektivisch digital zur Verfügung – etwa Lebensmittelunverträglichkeiten oder Einschränkungen in der Mobilität“, erklärt Dr. Christoph Spinner. Der Infektiologe hat sich vor einigen Jahren auf IT-Themen spezialisiert und gehört heute zu den ersten Fachärzten, die als Chief Medical Information Officer (CMIO) den digitalen Wandel vorantreiben.
Als Arzt freut er sich besonders auf die digitale Patientenaufklärung. Die Softwarelösung E-ConsentPro mobile bietet neben den klassischen Aufklärungsinformationen in bis zu 20 Sprachen auch zahlreiche Aufklärungsvideos. Die digitale Anamnese ermöglicht es Patient und Arzt, Fragen und Anmerkungen direkt in der Anwendung zu notieren. Damit können sich beide Seiten im Detail vorbereiten und im Aufklärungsgespräch gezielt auf individuelle Besonderheiten eingehen. „Das entlastet den Arzt und gibt dem Patienten Sicherheit“, ist Dr. Spinner überzeugt.
Mit der biometrischen Signatur, die ebenfalls direkt am Mobilgerät erfolgt, ist die Patientenaufklärung juristisch fundiert dokumentiert. Die Archivierung soll künftig ausschließlich digital in der elektronischen Patientenakte erfolgen, auf die alle an der Behandlung Beteiligten dann Zugriff haben werden. „Perspektivisch ist insbesondere auch die interoperable Bereitstellung der Anamneseinformationen aus E-ConsentPro als HL7 FHIR-Observation von hoher Relevanz“, so Dr. Spinner.
Rollout und Prozessanpassung
„Der Rollout von E-Consent Pro mobile und E-Document Pro erfolgt zunächst in zwei medizinischen Fachbereichen und einem administrativen Umfeld“, erklärt Dr. Spinner. Nach der Evaluation soll die neue Lösung nach und nach in der gesamten Uniklinik eingeführt werden. „Wir haben uns bewusst für die sukzessive Einführung der neuen Software entschieden“, erläutert Spinner das Vorgehen. „Denn das gibt uns die Möglichkeit nach und nach die erforderliche Hardware zu beschaffen, das Personal zu schulen und aktiv bei der Einführung der neuen, digital gestützten Prozesse zu begleiten, bis sie für alle zur Selbstverständlichkeit geworden sind.“
Die intensive Schulung hält auch Henkel für entscheidend: „Die Akzeptanz für Digitalisierung bei unseren Mitarbeitern ist hoch, gleichzeitig sind die Berührungsängste mit der Digitalisierung bei einem heterogene Alterslevel von 20 bis 60 Jahren sehr unterschiedlich“, sagt der IT-Spezialist. Daher werden die Mitarbeiter so geschult, dass sie intuitiv mit den neuen Lösungen papierlos und digital arbeiten können. Sie lernen, dass sie über die elektronische Patientenakte aktiv von überall auf Dokumente zugreifen, sie verteilen sowie auslesen können. „Die technische Implementierung im Hintergrund, die die Dokumente nach offiziellen IHE-Standards archiviert, macht das erst möglich und spart den Mitarbeitern Zeit, administrativen Aufwand und Papier“, so Henkel.
