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Gewerbsmäßiger Betrug60 Kliniken als „Hotel“ missbraucht – 38-Jähriger verurteilt

Ein 38-Jähriger hat in 60 Krankenhäusern Symptome vorgetäuscht, um stationär aufgenommen zu werden und übernachten zu können. Jetzt wurde er zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Der Richter spricht auch von „Schwächen im System“.

Schloss einer Gefängnistür wird verschlossen
Bibiphoto/stock.adobe.com
Symbolfoto

Weil er dutzendfach Krankheiten vorgetäuscht hat, um in Kliniken statt in Einrichtungen für Obdachlose zu übernachten, ist ein 38-Jähriger zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Vor dem Amtsgericht Lehrte ging es um 60 Fälle in ganz Deutschland. Das Gericht verurteilte ihn wegen gewerbsmäßigen Betrugs. 

Der Angeklagte hatte gestanden, zwischen Mitte April und Anfang September vergangenen Jahres in 60 Krankenhäusern Symptome vorgetäuscht zu haben, um von den Kliniken aufgenommen zu werden. Allein in Niedersachsen übernachtete er in Kliniken in Northeim, Celle, Osnabrück, Uelzen, Oldenburg und Hannover. Seiner Krankenkasse entstand durch die Betrügereien ein Schaden in Höhe von rund 121 443 Euro.

Angeklagter spricht von „Zwangsstörung“

„Das war halt so eine Zwangsstörung“, sagte der 38-Jährige im Gerichtssaal. Seit seiner Festnahme im September sitzt der einschlägig vorbestrafte Mann in Untersuchungshaft. Das Landgericht Hildesheim hatte ihn wegen 100 nicht berechtigter Krankenhausaufenthalte zu einer zweieinhalbjährigen Gefängnisstrafe verurteilt, die der Betrüger vollständig verbüßte. Damals saß er im Rollstuhl und behauptete in Kliniken unter anderem, an Multipler Sklerose zu leiden.

Das Amtsgericht stufte den Angeklagten als vermindert schuldfähig ein. Laut Gutachten hat er eine Persönlichkeitsstörung mit dissozial-narzisstischen Anteilen. Warum aber wurde der im Sommer 2022 aus der Haft entlassene Angeklagte im Frühjahr 2024 wieder straffällig? 

Zuvor war er tatsächlich depressiv erkrankt und drei Wochen in einer Klinik in Hamburg behandelt worden. „Damals bin ich nach meiner Haft in die Alkoholsucht abgestürzt“, erzählte er im Prozess. Nach diesem Klinikaufenthalt hätten ihm Stimmen gesagt, wieder viele Krankenhäuser aufzusuchen.

Sie haben strukturiert eine Reise durch die Bundesrepublik Deutschland gemacht.

Die Stimmen im Kopf nahm der Vorsitzende Richter dem 38-Jährigen nicht ab. „Sie haben strukturiert eine Reise durch die Bundesrepublik Deutschland gemacht mit einem strukturierten Vorgehen“, sagte der Richter. Der Angeklagte habe Schwächen im System erkannt und das Beste für sich herausgeholt. Ihm sei die ärztliche Betreuung lieber gewesen als der Aufenthalt in Einrichtungen für Wohnungslose. 

Das kriminelle Vorgehen sei zulasten von Menschen gegangen, die wirklich ärztliche Hilfe benötigten und zulasten der Solidargemeinschaft. „Seien Sie froh, dass Sie die Krankheiten, die Sie vorgetäuscht haben, nicht wirklich haben“, sagte der Richter zu dem Angeklagten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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