Allein in den letzten zehn Tagen seien im Klinikpersonalrat elf Gefährdungsanzeigen von Mitarbeitern der Intensivstation (Station 44i) eingegangen, heißt es in einer Mail des Klinikpersonalrats vom 27. Februar an Pflegedirektorin Evelyn Möhlenkamp und Timo Bechtel, Pflegerischer Leiter des Charité Centrums für Anästhesiologie und Intensivmedizin. Überlastungsanzeigen können eingereicht werden, wenn eine zu hohe Arbeitsbelastung die ordnungsgemäße Versorgung der Patienten gefährdet.
Pflegekräfte monieren "chronische Unterbesetzung" und "Lückendienstpläne"
Die Charité müsse "unverzüglich Handeln", um weitere Gefährdungsanzeigen zu vermeiden, fordern die Personalräte. Zum Schutz der Patienten und im Interesse der Charité müsse der Intensivstation Station akut entweder mehr und ausreichend qualifiziertes Personal zur Verfügung gestellt oder Maßnahmen zur Einschränkung von Leistungen – wie das Sperren von Bettenkapazitäten - getroffen werden. Auf Fragen von kma-online - Können Sie die Gefährdungsanzeigen nachvollziehen, gibt es Personalengpässe? Haben Sie Maßnahmen eingeleitet? Wenn ja welche? – erklärte die Charité, die Grippewelle habe zu einem "krankheitsbedingten Ausfall" geführt. Man habe "schnell reagiert" und die "üblichen Maßnahmen", die nicht näher benannt werden, eingeleitet. "Zu weiteren internen Abläufen werden wir uns nicht äußern", heißt es am Schluss. Bereits im Januar machten 547 Intensivpflegekräfte der Charité auf die Unterbesetzung und Arbeitsverdichtung aufmerksam. "Chronische Unterbesetzung, Krankheitsausfälle, Überstunden, Lückendienstpläne, Einspringen aus dem Frei sind Alltag", heißt es in einer Resolution an Berlins Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) und an die gesundheitspolitischen Sprecher der im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien.
Der Protest besitzt eine neue Qualität. Die ungewöhnlich vielen Unterschriften zeugen von großem Arbeitsdruck und Unzufriedenheit in den Intensivbereichen. Als Lösung fordern die Unterzeichner von der Politik auf Intensivstationen die Festschreibung eines "verbindlichen Personalschlüssels" nach den Vorgaben von Fachgesellschaften von 1 zu 2 (Pflegekraft/Patienten), in speziellen Fällen sogar von 1 zu 1. Vor allem die Intensivpflege mit einem zunehmend höheren Anteil von alten und multimorbiden Patienten spüre die "Ökonomisierung des Gesundheitssystems".
Engpässe sind nicht neu
Allerdings sind Engpässe im Operations- und Intensivbereich nicht neu. Angesichts akuter Personalengpässe in den Intensiv-, Anästhesie- und Operationsbereichen rief im März 2013 die Klinikumsleitung der Charité – unter anderem der Ärztliche Direktor Ulrich Frei und die damalige Pflegedirektorin Hedwig Francois-Kettner - die spezialisierten Fachpflegekräfte dazu auf, über sog. Nebenabreden (zum Arbeitsvertrag) "zusätzliche Dienste" zu übernehmen - bis geplante Neueinstellungen für Entlastung sorgen könnten. In der Zukunft gehe es vor allem darum, die "Fluktuation einzudämmen und die Mitarbeiterbindung zu fördern", schrieben Frei und Hedwig Francois-Kettner. An die Erreichung dieses Zieles glauben die Intensivpfleger derzeit nicht. In der Resolution heißt es, unter den aktuell schlechten Bedingungen könne die Charité das "hochqualifizierte Intensivpflegepersonal" kaum halten.


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