
Auch die beiden im Betrieb befindlichen Linearbeschleuniger mussten erneuert werden.
Für das Bauvorhaben galt es zunächst, die komplette Abteilung in ihrer Funktion und in Sachen Work-Flow aufzunehmen und zu bewerten. Auch die Leistungen der zusätzlichen Therapieeinheit wurde hinzugefügt und daraufhin ein Gesamtkonzept erarbeitet. Im Ergebnis hat sich gezeigt, dass hier die konsequente Trennung von öffentlichen und nicht-öffentlichen Bereichen – gerade bei drei Therapieeinheiten – unbedingt von Nöten ist.
Der interne Bereich übernimmt nicht nur die Verteilerfunktion, sondern auch die Service- und Technikfläche, sodass der Patient mit möglichen Störungen und Wartungsarbeiten an den Geräten nicht direkt konfrontiert wird. Der Zubau wurde im Anschluß an die vorhandene Abteilung zwischen Hauptgebäude und Hubschrauberlandplatz geplant. Um die Belichtung mit Tageslicht im Untergeschoß zu ermöglichen, erfolgte dieser in einem Abstand zum Hauptgebäude.
Durch die Vorgabe, den Betrieb der Abteilung während der Bauzeit vollumfänglich aufrecht zu erhalten, wurde aus dem Hauptgebäude ein weiterer Zugang Richtung Therapieräume hergestellt, der den Abstand in zwei lichtdurchflutete Innenhöfe mit Kurzwartezonen unterteilt.
Erschütterungsfreie Baustellenabwicklung
Da die gesamte Baumaßnahme während des laufenden Betriebes stattfand, durften auch innerhalb der Betriebszeiten keinerlei Erschütterungen erfolgen, da diese die anfangs beschriebene Hochpräzisionsstrahlentherapie unmöglich gemacht hätten.
Beim ersten Bauabschnitt – dem Zubau – konnte dies noch einfach umgesetzt werden, da zwischen der Baustelle und dem in Betrieb befindlichen Linearbeschleuniger die zunächst weiter betriebene alte Technikzentrale verblieben ist. Dagegen war dies beim zweiten und dritten Bauabschnitt – dem Umbau nebst Abbruch- und Bohrarbeiten mit schwerem Gerät – organisatorisch schon aufwendiger.
Folglich ließ sich dies fast nur in Nacht- und Wochenendarbeit erledigen, was in einem Krankenhaus zu Nachfragen und Unmut führen kann. Der Zubau beinhaltet den neuen Therapieraum mit Nebenräumen, den neuen Zugang, Funktionsräume sowie die neue Technikzentrale, die nach Fertigstellung alle drei Beschleuniger mit Medien versorgt. Um dies zu gewährleisten – und vor allem um die vorhandene Abteilung nicht zu beeinträchtigen – wurde rückseitig ein Versorgungskanal angeordnet, der jeden Therapieraum direkt mit der Technikzentrale verbindet.
Besonderes Augenmerk wurde auf den Einbau, die Nachbehandlung sowie Qualitätskontrolle der Betonarbeiten gelegt. Durch Beimischung schwererer Zuschlagsstoffe sowie die Verwendung eines Zementes mit niedrigem w/z-Wert wurden geforderte Strahlenschutzeigenschaften erreicht. Zudem wurde auch die Temperaturentwicklung in den massigen Bauteilen gering gehalten, um Spannungen infolge von Hydratationswärme zu reduzieren. Zargen und Sturz des Zuganges zum Therapieraum, wie auch das Strahlenschutztor wurden örtlich in Schwerbeton mit einer Trockenrohdichte von 3,6 kg/ dm³ ausgeführt.
Das Strahlenschutztor lässt sich jetzt, trotz eines Gesamtgewichts von rund 30 Tonnen, innerhalb von nur fünf Sekunden so weit öffnen, daß Patienten und Personal den Raum begehen können. Auch sind Therapieraum und das Zugangstor so geplant, daß auf ein Labyrinth, wie es teilweise immer noch ausgeführt wird, verzichtet werden kann – der Raum lässt sich daher „ganz normal“ betreten.
Abbruch der Technikzentrale und Sanierung der Therapieräume
Nach der Inbetriebnahme des Zubaus wurde der erste Therapieraum mittels „italienischer“ Lösung provisorisch an die neue Technik angeschlossen, um weiter in Betrieb zu bleiben, dennoch aber die alte Technikzentrale abbrechen zu können. Es erfolgte der Umbau und die strahlenschutzmäßige Ertüchtigung des zweiten Therapieraums – und nach dessen Inbetriebnahme der erste Therapieraum.
Hierzu wurden jeweils die Decken der Bunker aufgeschnitten, um Maschinen, Geräte und Material ein- sowie Abbruchmaterial herauszuheben. Labyrinthzungen wurden herausgeschnitten, Bodenplatten entfernt und neue eingebaut. Um das Gewicht der Strahlenschutzmaßnahmen aufzunehmen, wurden Microbohrpfähle eingebracht. In Abstimmung mit Rohbaufirma und Statiker wurde ein System umgesetzt, daß auf die Bohrpfähle „nur“ einen Lastverteilerbalken aus Schwerbeton vorsieht und darüber ein spezielles Schwer-Kalksandsteinmauerwerk, mit einer Rohdichte von 3,6 Kilogramm pro Kubikdezimeter.
Parallel dazu wurden in den Versorgungskanal schräg verlaufende Kernbohrungen mit bis zu 350 Millimeter Durchmesser und rund 2,00 Metern Länge hergestellt. Zum Schluss sind die Deckenlöcher wieder verschlossen und rund 2 Meter zusätzlicher Beton aufgebracht worden. Jeweils im Anschluss erfolgten der weitere Ausbau sowie das Einbringen und die Installation der neuen Linearbeschleuniger.
Ambiente soll „leicht und beschwingt” wirken
Der dritte und letzte Linearbeschleuniger hat im Juni 2018 den Betrieb aufgenommen, so dass die Abteilung für Strahlentherapie am Krankenhaus FFM-Nordwest nach vier Jahren Planungs-, Genehmigungs- und Bauzeit vollumfänglich erweitert, umgebaut und saniert ist. Ganz nebenbei wurde durch den Nutzer noch ein Motto im Hinblick auf die Innenarchitektur mit auf den Weg gegeben. Es sollte ein Ambiente von „mediterran angehauchter, heiterer Gelassenheit“, umgesetzt werden, das trotz der HighTech-Medizin auf Patienten, Angehörige wie auch Personal „leicht und beschwingt“ wirkt.
Erreicht werden konnte dies, neben den lichtdurchfluteten Innenhöfen, durch die Zusammenstellung von Materialien, Farben und die Verwendung eigens entwickelter Grafiken zu dieser Thematik. Somit hat „ganzheitliche Medizin“ eine erweiterte Bedeutung bekommen, indem sie sich der „rezeptfreien Nebenwirkungen“ der Baukunst bedient.





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