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IntensivstationDelir-Prävention gewinnt an Bedeutung

Durch Umbauten war dort die Geräuschkulisse reduziert worden, spezielle Lichtdecken waren installiert und Arbeitsabläufe optimiert worden. Zusätzlich fand eine Infektionskontrolle statt. „Leider geht aus den Daten dieser präliminären Studie nicht hervor, in welchem Umfang die einzelnen Maßnahmen – Licht, Geräusche, Arbeitsabläufe – zu der verbesserten Delir-Prävention beigetragen haben“, erläutert Achilles. „Deswegen planen wir jetzt gemeinsam mit der Charité eine klinische Studie, um zum einen die Ergebnisse aus Vitality bei einer größeren Fallzahl zu reproduzieren und um herauszufinden, welche Faktoren im Einzelnen zu der Wirkung beigetragen haben.“

Weltweite Aufmerksamkeit

Doch die Investition in bauliche Veränderungen oder moderne Lichttechnik allein reichen laut Achilles nicht aus, um in Sachen Delir-Prävention einen Paradigmenwechsel in der Intensivmedizin einzuleiten. Vielmehr ließen sich Verbesserungen beim Patienten-Outcome nur erzielen, wenn auch das Personal auf die Veränderungen vorbereitet wird. „Wir haben die Pflegekräfte auf diesem Weg nachhaltig eingebunden und durch regelmäßige Veranstaltungen, Seminare und Vorträge auf die Veränderungen in der Intensivstation vorbereitet. Inzwischen arbeiten ärztlicher Dienst und Pflege Hand in Hand sehr eng zusammen. Auch das trägt zu einer erfolgreichen Intensiv­behandlung bei.“

Die neue Intensivstation im Marienhospital bietet auf 1 300 Quadratmetern Platz für sieben Intensiv-Einheiten. „Erst in der letzten Bauphase haben wir erfahren, dass die neuartigen Lichtdecken auf den Markt kommen sollen. Die Geschäftsführung war schnell überzeugt, dass die Patienten davon profitieren können. Allerdings mussten wir uns bis zum Sommer gedulden, da die Zertifizierung der Lichtdecken als Medizinprodukt noch ausstand.“ Damit die Reduktion von Licht und Lärm optimal an die Gegebenheiten angepasst werden konnte, wurde schließlich noch die Licht- und Geräuschlast auf der Intensiv­station analysiert. Dazu wurden verschiedene Messpunkte mit speziellen Licht- und Soundsensoren ausgestattet.

So beträgt der Schalldruckpegel auf den Weseler Intensivstationen nicht mehr als 40 bis 45 Dezibel. „Auch die Geräusch­reduktion ist ein wichtiger Aspekt unseres multimodalen Konzeptes zur Delir-Prävention und greift Hand in Hand mit der Organisation der Abläufe. So verzichten wir beispielsweise darauf, die Patienten in der Nacht zu waschen“, erklärt Achilles. „Die Resonanz auf unser Projekt zur nicht-medikamentösen Delir-Prävention ist groß. Regelmäßig erhalten wir Besuch von Delegationen aus Krankenhäusern nicht nur aus ganz Deutschland und Europa – die Gäste reisen sogar aus Boston und Tokio an, um sich bei uns umzusehen.“

Hohes Delir-Risiko

Laut einer Studie, die 2007 im Fachjournal Intensive Care Med publiziert wurde, entwickeln bis zu 80 Prozent der Patienten auf einer Intensiv­station ein Delir. Bei mehr als einem Drittel dieser Patienten kommt es danach zu kognitiven Störungen, die dauerhaft zu Beeinträchtigungen führen können. Das Mortalitätsrisiko ist bei Intensiv-Patienten mit Delir doppelt so hoch wie bei Patienten ohne und besteht selbst ein halbes Jahr nach der Intensivbehandlung weiterhin.

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