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IntensivstationDelir-Prävention gewinnt an Bedeutung

Bei der Gestaltung von Intensivstationen rückt die nicht-pharmakologische Delir-Prävention zunehmend in den Fokus. Als erstes Krankenhaus weltweit hat das Marien-Hospital Wesel ein neues Raumkonzept für die Intensivstation realisiert, bei dem eine spezielle Lichtdecke über dem Patientenbett großflächig leuchtet. Weitere Bausteine sind Maßnahmen zur Geräuschreduktion und Workflowoptimierung. 

Lichttherapielösung VitalSky
Philips
Der VitalSky ist ein zertifiziertes Medizinprodukt.

Auf der Intensivstation des Marien-Hospitals sind die neuartigen Lichtdecken namens VitalSky seit einem knappen halben Jahr im Einsatz. Die große Variante der Lichtdecke simuliert auf rund acht Quadratmetern die Lichtverhältnisse am Tag und in der Nacht und ermöglicht eine individualisierte Lichttherapie. Der künstliche Himmel verfügt in der Advanced-Curved Variante sogar über einen Horizont, an dem die Sonne aufgeht. Spezielle Programme projizieren einen blauen Himmel mit Wölkchen oder lassen die Sonne durch ein Blätterdach scheinen.

Das alles dient dazu, die Lichtverhältnisse dem Tagesverlauf anzupassen, damit die Patienten in ihrem natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus bleiben – einem wichtigen Faktor für den Genesungsprozess. Denn damit das Licht zirkadian wirksam ist, muss die Beleuchtungsstärke am Auge des Patienten tagsüber für sechs Stunden eine Beleuchtungsstärke von 1 700  Lux erreichen, was eine herkömmliche Beleuchtung nicht immer leistet.

„Die Lichttherapie ist nur ein Teil unseres multimodalen Konzeptes zur Delir-Prävention. Darüber hinaus haben wir durch bauliche Maßnahmen mit schall­absorbierenden Materialien die Geräusche reduziert. Alarme werden nach außen geleitet und sind am Intensivbett nicht zu hören“, berichtet Dr. Marc Achilles, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin des Marien-Hospitals Wesel. Als weitere wichtige Maßnahmen nennt er die Optimierung der Arbeitsabläufe, eine vorsichtige Sedierung, die adäquate Schmerztherapie sowie ein systematisches Delir-Screening entsprechend den Empfehlungen der Leitlinie zu „Analgesie, Sedierung und Delir-Management in der Intensivmedizin“.

Folgen von Delir oft unterschätzt

Patienten auf der Intensivstation befinden sich in einer Grenzsituation. Neben der Sorge um die eigene Gesundheit lauern zusätzliche Stressfaktoren: Zahlreiche Geräte mit blinkender Technik, schrille Alarme und hektische Pflegekräfte sorgen für Unruhe. Schmerzen, Stress und Schlaflosigkeit sind allerdings typische Risikofaktoren für ein Delir, was wiederum die Prognose der Intensivpatienten deutlich verschlechtert.

„Der Delir-Prävention kommt in den letzten Jahren eine wachsende Bedeutung zu. Das Delir beeinflusst nicht nur den Genesungsprozess, mit der Dauer des Delirs steigt auch die Sterblichkeit der betroffenen Patienten. Oft mangelt es jedoch am Bewusstsein, dass durch ein Delir die Genesung der Patienten beeinträchtig werden kann“, erklärt Achilles.

Vitality-Studie mit wegweisenden Ergebnissen

Dass ein multimodales, nicht-pharmakologisches Konzept zur Delir-Prävention vielversprechend ist, haben im Sommer die Ergebnisse der Vitality-Studie der Charité – Universitätsmedizin Berlin bestätigt. Patienten, die im Rahmen der Beobachtungsstudie in einer neu gestalteten Intensivumgebung behandelt wurden, entwickelten signifikant seltener ein Delir (46 Prozent) als die Patienten, die nebenan auf der herkömmlichen Intensivstation lagen (76 Prozent). Gleichzeitig war der Aufenthalt auf der neuen Intensivstation deutlich kürzer. Die Berliner Intensivmediziner beobachteten den Genesungsprozess von jeweils 37 Patienten in Räumlichkeiten der Standard-Intensivstation sowie in den neu gestalteten Räumlichkeiten.

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