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Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und NotfallmedizinAktuelle Pflegepersonaluntergrenzen sind ein inadäquates Mindestmaß

Ab dem 1. Januar 2019 gelten Pflegepersonaluntergrenzen in der Intensivmedizin. Deren Einführung begrüßt die Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN), ausreichende Standards seien damit aber nicht gesetzt.

Pflege, Stress
Foto: Fotolia (Syda Productions)
Symbolfoto

Die Untergrenzen dürfen insbesondere nicht als allgemeiner Pflegeschlüssel betrachtet werden, sondern als ein unterstes Mindestmaß, so Experten der Fachgesellschaft.

Sie appellieren, den Betreuungsschlüssel auf Intensivstationen freiwillig auf zwei Patienten pro Pflegekraft am Tag festzulegen und in der Nachtschicht einen Schlüssel von 1:2,5 anzuwenden. Darüber hinaus sind weitere Verbesserungen der Arbeitsbedingungen der Pflegenden notwendig, um den fortschreitenden Personalmangel aufzuhalten und weiterhin eine hohe Versorgungsqualität zu gewährleisten. Die DGIIN spricht sich eindeutig für die Pflegepersonaluntergrenzen aus, die das Bundesministerium für Gesundheit jetzt erstmals einführt.

Pflegepersonaluntergrenzen absolut notwendiger Schritt

„Wenn wir die Situation der Pflegenden wirklich verbessern wollen, ist das ein absolut notwendiger Schritt“, betont Professor Dr. med. Reimer Riessen, Leiter der Internistischen Intensivstation des Tübinger Universitätsklinikums und Past Präsident der DGIIN. Für den Bereich der Intensivstationen wurde jetzt ein Betreuungsschlüssel von einem Pflegenden für durchschnittlich 2,5 Patienten am Tag festgelegt, für die Nacht gilt ein Verhältnis von 1:3,5.

„Wir sehen hier die Gefahr, dass dieses Verhältnis als allgemeiner Betreuungsschlüssel und nicht als Mindestvorgabe missbraucht wird. Zudem ist dieser Schlüssel für die Betreuung schwerstkranker Patienten aus qualitativer Sicht inadäquat“, sagt Riessen. Unter einem solchen Betreuungsschlüssel leidet vor allem die hohe Qualität der intensivmedizinischen Versorgung.

Pflegemangel auf Intensivstationen hat bereits jetzt spürbare Konsequenzen

Die durchschnittliche Besetzung der Intensivstationen mit Pflegepersonal liegt nach einer aktuellen Umfrage der DGIIN über der nun gesetzten Mindestgrenze, womit nach Ansicht der Experten im schlimmsten Fall ein Anreiz zum weiteren Personalabbau gesetzt werde. Dennoch hat der Pflegemangel auf Intensivstationen bereits jetzt spürbare Konsequenzen für die Patientenversorgung. Auf rund drei Viertel der deutschen Intensivstationen müssen vermehrt Betten gesperrt werden, in 22 Prozent der Fälle sogar täglich.

„Um eine ausreichende intensivmedizinische Versorgung zu gewährleisten, appellieren wir an alle Krankenhäuser mit Intensivstationen, keinen Personalabbau zu betreiben und den Pflegeschlüssel freiwillig bei einem Pflegenden auf zwei Patienten am Tag und bei einem Verhältnis von 1:2,5 in der Nacht festzulegen“, sagt Professor Dr. med. Christian Karagiannidis, leitender Oberarzt an der Lungenklinik Köln-Merheim und Präsident elect der DGIIN. „Zudem fordern wir die Krankenhäuser und Politik auf, Ausbildungskapazitäten maximal zu steigern und vollständig zu refinanzieren“ so der Experte weiter. Personalmangel und Bettensperrungen können zur verzögerten Aufnahme von kritisch kranken Patienten führen und die Qualität der Versorgung beeinträchtigen. Deshalb ist es nach Ansicht der DGIIN erforderlich, den Pflegeberuf attraktiver zu machen.

„Es muss dringend eine echte Entlastung der Pflegenden erreicht werden, um der Personalkrise entgegenzuwirken“, sagt Karagiannidis. Dazu ist in jedem Fall eine bessere Vergütung des Pflegeberufs nötig, so der Experte weiter. Die DGIIN fordert hierzu in ihrer aktuellen Stellungnahme eine Finanzierung durch Bund und Ländern ein und nicht wie bisher durch die Krankenhäuser. Dies müsse jedoch im Zusammenhang mit weiteren Verbesserungen stehen und sollte Bestandteil eines nationalen Aktionsplans zur Stärkung der Pflege sein. Die DGIIN bietet sich hier als konstruktiver Partner an.

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