
Die Befragung von Pflegekräften zur umstrittenen Pflegekammer in Niedersachsen ist nach einem Hackingverdacht unterbrochen worden. Grund dafür seien Hinweise auf unerlaubte Zugriffe auf das Onlineportal, über das die Befragung abgewickelt wurde, teilte das Sozialministerium am Dienstag in Hannover mit. Es sei nicht auszuschließen, dass es Manipulationsversuche von Dritten gegeben habe. Kammergegner sprachen dagegen von einer Datenpanne, die Aktivisten aufgedeckt hätten. Der politische Druck, darüber abstimmen zu lassen, ob die Kammer überhaupt noch eine Zukunft hat, wächst.
Manipulation ist mögliche Ursache
Sozialministerin Carola Reimann (SPD) sagte, sie verurteile „die Versuche der Manipulation an dieser so wichtigen Befragung“ und erwarte, dass die Probleme so schnell wie möglich behoben werden. Es sei sehr ärgerlich, dass die Befragung der Pflegekammer-Mitglieder ausgebremst werde. Man habe schließlich einen renommierten und erfahrenen Dienstleister beauftragt gehabt, um ein belastbares Stimmungsbild von den Pflegekräften zu erhalten. Das beauftragte Institut arbeitet dem Ministerium zufolge mit Hochdruck daran, die technischen Probleme, die eine Manipulation ermöglicht haben könnten, zu ermitteln und zu lösen.
Gegner der Pflegekammer bezeichneten die Online-Umfrage dagegen am Dienstag als „technisch völlig mangelhaft“. IT-Experten des Chaos Computer Clubs hätten bestätigt, dass es über einen Link möglich gewesen sei, bereits abgegebene Antworten zu verändern und neue Antworten einzureichen. Die bisherigen Ergebnisse seien daher nicht zu verwerten, die Umfrage müsse von vorne beginnen. Aus dem Sozialministerium hieß es, derzeit werde geprüft, ob die bisherigen Antworten noch ausgewertet werden können. Die Pflegekammer teilte mit, sie sei von der Unterbrechung genauso überrascht wie ihre Mitglieder. „Sollte wie behauptet ein Datenleck vorliegen, fordern wir eine lückenlose Aufklärung und eine Rückmeldung an die Betroffenen“, sagte Kammerpräsidentin Nadya Klarmann.
„Datenpanne“ darf sich nicht wiederholen
Der CDU-Gesundheitspolitiker Volker Meyer sagte, es gehe darum, das Vertrauen der Pflegekräfte zurückzugewinnen. Das Sozialministerium und die beauftragte Firma müssten zudem sicherstellen, dass sich „eine solche Datenpanne“ nicht wiederholt. Die Grünen forderten ebenfalls einen Neustart der Befragung, allerdings sollten dabei verschiedene Optionen abgefragt werden: eine beitragsfreie Pflegekammer, eine Pflegekammer mit Beiträgen und ein Ende der Pflegekammer.
Der SPD-Sozialpolitiker Uwe Schwarz sprach von einer „Datenpanne“, die äußerst befremdlich sei. „Sollte sich der Verdacht erhärten, dass es mit krimineller Energie zu Manipulationen durch Dritte gekommen ist, müssen diese strafrechtlich verfolgt werden“, sagte Schwarz. Eine Grundlage, die angelaufene Befragung fortzusetzen, sah auch er nicht mehr. Die Fragestellung hinsichtlich der Zukunft der Pflegekammer solle bei dieser Gelegenheit präzisiert werden. Ziel der 2017 per Gesetz beschlossenen Pflegekammer ist es, den Pflegern als berufsständige Selbstverwaltung eine Stimme zu geben. Die Online-Befragung der mehr als 90 000 Mitglieder hatte am 3. Juni begonnen und sollte ursprünglich bis zum 5. Juli laufen.





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