Der oft beklagte Ärztemangel und der ökonomische Druck seien Symptome der Überversorgung und der Fehlanreize durch das DRG-System. "Unser offensichtlicher Mangel an ärztlichem Personal und die Überforderung des einzelnen sind ein gutes Stück weit ein relatives Problem, das erzeugt wird von einem Überangebot an Leistungen, verstärkt durch die Existenzängste der zu zahlreichen Abteilungen und Krankenhäuser, die im Kampf gegen die roten Zahlen per Zielvereinbarungen beziehungsweise Bonusregelungen auch noch Anreize zur Mengen- und Indikationsausweitung schaffen", sagt der Direktor der Chirurgischen Klinik an der Universitätsklinik Mannheim.
"Nicht die größten, sondern die besten Kliniken fördern"
Ein knapperes Angebot könnte viele Probleme lösen. "Die DGAV möchte den Fokus verschieben hin zu mehr Indikations- und Ergebnisqualität verbunden mit einer Reduktion der Fehlanreize zur Überversorgung. Dies soll ausdrücklich nicht als Plädoyer für die Schließung vieler kleiner Krankenhäuser missverstanden werden. Vielmehr sollten nicht die größten, sondern die besten gefördert werden – und dies können durchaus zum Teil kleine spezialisierte Abteilungen sein", meint Post.
Großstädte sind ein Haifischbecken
Post stößt mit seinem Appell unter Fachkollegen nicht auf Ablehnung. Zwar gehen die meisten nicht so weit, dass sie eine Reduktion des Angebots fordern. Doch immer mehr Fachgesellschaften üben Kritik an Bonusregelungen, die zu falschen Anreizen und Mengenausweitung führen können. "Eine fallzahlorientierte Vergütung fördert eine großzügigere Indikationsstellung und eine Ausweitung von Eingriffen", sagt etwa der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie Hans-Joachim Meyer. Vor allem in Großstädten reißen sich die Kliniken um Patienten. "Das ist ein Haifischbecken", so Meyer. Wenn in einer Stadt wie Hannover etwa zehn bis zwölf Kliniken säßen, könne es schon mal an medizinischer Zurückhaltung mangeln. "Das ist echte Konkurrenz." Als eine der ersten äußerte im Sommer die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin Kritik: "Fahlzahlen- oder umsatzabhängige Bonusverträge verleiten Ärzte zu großzügigen Indikationsstellungen und machen sie dadurch korrumpierbar."
Lokalpolitiker werden aus der Verantwortung genommen
Post vermutet, dass der ökonomische Druck, der nun zu einem Überangebot führt, politisch gewollt war. "Ich möchte überspitzt unterstellen, dass es auch eine versteckte Absicht der Politik gab, die als notwendig erachteten Klinikschließungen und Bettenreduktionen über den zunehmenden finanziellen Druck zu realisieren. Damit würde der Lokalpolitiker aus der Verantwortung genommen, der dann nicht mehr um seine Wiederwahl bangen müsste wie im Falle eines politischen Entschlusses zur Klinikschließung.


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