Georg Thieme Verlag KGGeorg Thieme Verlag KG
Georg Thieme Verlag KGGeorg Thieme Verlag KG

Ablaufsteuerung im OPProzessoptimierung ist Teamarbeit

Bereits 2018 hat die Kaufmännische Leiterin des Zentrums für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf ein Projekt zur optimierten OP-Steuerung initiiert. Statt externen Gutachten zu vertrauen, baut es auf jene Kompetenz, die im eigenen Haus zur Verfügung steht. Die Strategie scheint aufzugehen.

Neben mehr Wirtschaftlichkeit und Effizienz stehen im OP-Projekt des UKE das Lean Management und die Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit an oberster Stelle. (Symbolfoto: AdobeStock / andrey_orlov)

Geht es um das Thema Prozessoptimierung, schauen Geschäftsführer meist auf die Kosten. Im Ergebnis stehen Arbeitsverdichtungsmaßnahmen und Personalkürzungen an oberster Stelle. Krankenhäuser greifen hier oft auf die externe Hilfe von Beratern zurück – und auch sie gehen das Problem in der Regel auf diese Weise an. Kein Wunder also, wenn die Mitarbeiter nicht gut auf sie zu sprechen sind. Die Umsetzung solcher Maßnahmen funktioniert dann eher halbherzig, man unterwirft sich ihnen häufig nur mit dem Bewusstsein, im Zweifelsfall entbehrlich zu sein. Die Folge sind gescheiterte Projekte, unzufriedene Mitarbeiter und ein erhöhter Krankenstand. Das wegweisende Projekt zur OP-Steuerung am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) macht vor, wie es anders geht.
 

Akzeptanzproblem der externen Gutachten

Auch unter den Mitarbeitenden in den OPs des UKE herrschte lange große Unzufriedenheit, die sich in hohen krankheitsbedingten Ausfallzeiten – vor allem des Funktionspersonals – und Kündigungen äußerte. Gleichzeitig gab es bei dem Maximalversorger, einem der modernsten Krankenhäuser Europas mit 14 Zentren und mehr als 80 Kliniken, eine sehr hohe Nachfrage nach OP-Ressourcen, der durch räumliche Erweiterungen nicht entsprochen werden konnte. Um der Nachfrage durch Prozessoptimierung zu begegnen, wurden allein in den letzten sechs Jahren drei Gutachten bei Beratungsunternehmen in Auftrag gegeben. Trotzdem sind die so erarbeiteten Empfehlungen nicht umgesetzt worden. „Wir haben ganz oft Gespräche geführt mit Kollegen, die alle gesagt haben: Dieses läuft nicht gut und jenes könnte man besser machen. Unsere Antwort darauf war: Warum denn, wir hatten ganz tolle Beratungsunternehmen im Haus, warum wird das nicht umgesetzt“, erinnert sich Pia Koch, die Kaufmännische Leiterin des Zentrums für Anästhesiologie und Intensivmedizin am UKE. Die mangelnde Akzeptanz ist auch hier darin begründet, dass die Vorschläge der Beratungsunternehmen sehr auf die Kostenreduzierung ausgerichtet waren. „Per se einfach nur die Kosten zu reduzieren, bringt am Ende des Tages keine Prozessverbesserung“, kritisiert Koch.
 

Der Berater als Coach

Das war für die Kaufmännische Leiterin der Anlass, neue Wege zu gehen und den Ball an die Mitarbeiter zu spielen. Satt den Gutachten der Externen zu vertrauen, die in der Regel nicht für deren Umsetzung verantwortlich sind, baute die Initiatorin des Projektes zur optimalen OP-Steuerung auf jenes Knowhow, das ihr im eigenen Haus zur Verfügung steht. „Die Idee dahinter ist, die eigenen Mitarbeiter zu befragen, denn sie sind die Experten für ihren Arbeitsplatz“, so Koch. Das Ergebnis war eine riesige Themensammlung. Um diese zu strukturieren und so nachhaltige Veränderungen anzustoßen, brauchte es externe Unterstützung. Dazu hat das UKE Philips mit an Bord geholt – allerdings nicht in Form einer klassischen Beratung oder Gutachtertätigkeit, sondern vielmehr als Coach, der die Mitarbeitervorschläge koordiniert und moderiert. „Die Aufgabe der Berater ist, Teilprojekte aufzusetzen, ihnen eine Struktur zu geben, Methoden einzuführen und deren Anwendung zu unterstützen – nach dem Motto Hilfe zur Selbsthilfe“, ergänzt Koch.
 

Transparente Prozessverzahnung

Die Ziele des Projektes sind bemerkenswert. Neben mehr Wirtschaftlichkeit in Form gesteigerter Case-Mix-Punkte der operativen Eingriffe im OP und einer erhöhten Effizienz ihrer organisatorischen Einheiten steht auch das Etablieren von Lean Management und die Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit an oberster Stelle. Im ersten Schritt ist der gesamte Ablauf rund um den OP auf einem Prozessposter – einem riesigen Wandgemälde – detailliert nachgezeichnet worden. Anschließend wurde erörtert, wie die einzelnen Schnittstellen miteinander verzahnt sind und welche Leistungen die einzelnen Berufsgruppen zum gesamten OP-Ablaufprozess überhaupt beitragen. „Vollständige Kenntnis über die gesamte Prozessverzahnung des OPs – über alle Berufsgruppen hinweg – hatte bis dahin niemand“, so Koch. Der positive Nebeneffekt dabei: Durch die Transparenz konnte jeder Mitarbeiter – von der Verwaltung über die Ärzteschaft und Pflege bis hin zu den Reinigungskräften – erkennen, wie wichtig die eigene Tätigkeit für den Gesamtprozess rund um den OP ist. „Allein darüber haben die Kollegen eine ganz andere Wertschätzung für sich und ihre Arbeit erfahren“, erörtert Koch.
 

Augenmerk auf Wertschätzung

Im Anschluss konnten über 30 prozessübergreifende Handlungsfelder identifiziert werden, aus denen heraus einzelne Teilprojekte entstanden sind. Auch hier wurde ein besonderes Augenmerk auf die Wertschätzung gelegt. Denn statt die jeweiligen Projektteams klassisch hierarchisch zu gestalten, sind sie abteilungs- und berufsgruppenübergreifendend besetzt. Selbst deren Leitungen bestehen nicht nur aus Führungskräften, sondern sind explizit breit aufgestellt. „Die unterschiedlichen Berufsgruppen haben auch unterschiedliche Perspektiven auf einen Prozess, niemand weiß alles. Es geht viel verloren, wenn man hier nur die Einen fragt und die Anderen nicht“, unterstreicht die kaufmännische Leiterin. Auf diese Weise festgefahrene Strukturen aufzubrechen, den einzelnen Mitarbeitern neue Aufgaben anzuvertrauen, sie zusammen an einen Tisch zu setzen und auf ihre Kompetenz zu bauen, scheint Früchte getragen zu haben: Plötzlich hören etwa die Chefärzte dem Funktionsdienst zu oder die Pflegekräfte dem Reinigungspersonal. „Gerade in hierarchischen Systemen sind die meisten Mitarbeiter daran gewöhnt, dass jemand sagt, was zu tun ist. Sie aus diesem Modus heraus zu bekommen und zu fragen: `Was glaubst du, was wir es hier am besten machen können?´ und das auch einfach auszuprobieren – dieses Mut machen, dieses Umkehren des Denkens – das war eigentlich der schwierigste Schritt“, ergänzt Koch.

Offenbar ist er geglückt, denn wo man sich zuvor eher aus dem Weg gegangen ist, geht man jetzt aufeinander zu. Das zeigen die Reaktionen der Mitarbeiter: „Toll, dass etwas bewegt wird“, ist eine der häufigsten Aussagen. Manche sind sogar ungeduldig und wollen noch mehr machen. Diese Motivation kommt aus der Wertschätzung heraus. „Seit neuestem gehen die Leute auch viel aktiver auf mich zu, stehen in meinem Büro und haben Verbesserungsvorschläge“, berichtet die Initiatorin des Projektes.

Das Ergebnis spricht für sich: Seit Projektstart im Januar 2018 sind die Sperrzeiten im Zentral-OP des UKE von durchschnittlich 300 Stunden pro Monat auf 70 Stunden gesunken. Auch die Anzahl der Eingriffe und OP-Prozeduren stiegen von 2018 auf 2019 um 5 Prozent; das sind rund 1 400 Eingriffe mehr. Diese Zahlen dürften auch für die Geschäftsführung interessant sein, immerhin generiert jede zusätzliche Operation mehr Umsatz. Ende Juni wird der Projektpartner Philips das Projekt verlassen, ab dann liegt die Steuerung vollständig in den Händen der Mitarbeiter des UKE. Der Rat, den Koch Verantwortlichen anderer Krankenhäuser gibt, die vor ähnlichen Problemen stehen, ist denkbar einfach: „Es klingt banal, aber setzen Sie die am Prozess beteiligten Personen an einen Tisch und lassen Sie sie miteinander reden. Genau das habe ich getan.“

Dieser Artikel ist zuerst erschienen im Magazin kma Klinik Management aktuell, Ausgabe Juni 2020.

Philips GmbH Market DACH

Philips vernetzt Daten, Technologien und Menschen

Die Medizin macht täglich Fortschritte. Damit steigen auch die Anforderungen. Gefragt sind neue Wege der Zusammenarbeit. Bei Philips entwickeln wir integrierte Lösungen, die Menschen, Technologien und Daten zusammenbringen.

Gemeinsam mit Kunden und Partnern treiben wir Innovationen im Gesundheitssystem voran. Denn Gesundheit hört nicht an Abteilungs- oder Sektorengrenzen auf. Das muss auch für die Versorgung gelten.

philips.de/healthcare