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Digitale TransformationHorrorjahr für IT-Abteilungen in Krankenhäusern

Das Universitätsklinikum Freiburg befindet sich in einer ähnlichen Situation. Einige der jetzt beantragten KHZG-Projekte standen bereits auf dem Masterplan Digitalisierung, der nach dem Wechsel an der Spitze des Klinikums 2019 entwickelt wurde. Sie wären ebenfalls auch ohne das KHZG umgesetzt worden. „Wir haben bis jetzt noch keinen Förderbescheid erhalten“, sagt Dr. Michael Kraus, Leiter des Zentrums für Digitalisierung und Informationstechnologie am Universitätsklinikum, „obwohl wir die Anträge bereits im September 2021 beim BAS eingereicht haben.“ Kraus weiß die Landesregierung auf seiner Seite und ist daher zuversichtlich, die beantragten Fördermittel in voller Höhe zu erhalten. „Die Unikliniken in Baden-Württemberg werden durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) ein Stück weit komplementär gefördert“, erklärt er.

Das Personalthema spielt natürlich auch in Freiburg eine große Rolle. Einerseits verfügt das Universitätsklinikum über einen relativen großen Stamm an IT-Mitarbeitern. Andererseits verabschieden sich in den nächsten Jahren die Mitarbeiter der Babyboomer-Generation in den Ruhestand. „Das stellt für uns ein Stück weit eine Herausforderung und Chance dar“, erläutert Kraus. Er möchte die KHZG-Projekte nutzen, um neues Personal zu gewinnen und so die in den nächsten Jahren freiwerdenden Stellen nachzubesetzen. Noch aber sind nicht alle Stellen, die über das KHZG gefördert werden, besetzt. Da viele IT-Mitarbeiter mit dem Tagesgeschäft ausgelastet sind, hat das Klinikum einen Bereich „Digitale Transformation“ gegründet. Dort arbeiten Mitarbeiter, die sich nur um die Projekte kümmern. Sie werden von ihren Kollegen aus der klassischen IT-Abteilung unterstützt.

Angesichts der Fristen, nach denen die Projekte bis Ende 2024 abgeschlossen sein sollen, bleibt auch den Softwareanbietern nichts anderes übrig, als im Wesentlichen ihre Bestandslösungen anzubieten.

Kraus weist auf ein Manko des KHZG hin. Das Uniklinikum hat zum Teil eine sehr alte Softwarearchitektur im Einsatz, die er gerne im Rahmen der Projekte durch eine moderne ersetzen würde. „Angesichts der Fristen, nach denen die Projekte bis Ende 2024 abgeschlossen sein sollen, bleibt auch den Softwareanbietern nichts anderes übrig, als im Wesentlichen ihre Bestandslösungen anzubieten.“

Das Projektmanagement übernehmen Kollegen aus anderen Bereichen

Ähnlich wie den Universitätskliniken ergeht es dem Agaplesion-Konzern, der bundesweit Kliniken betreibt. „Wir waren unter den ersten Krankenhäusern, die eine Digitalisierungsstrategie aufgelegt haben“, sagt Sebastian Polag, der als CFO im Vorstand von Agaplesion für die Bereiche Finanzen und IT verantwortlich ist. Die vielen Projekte, die das Unternehmen jetzt als KHZG-Förderprojekte angeht, standen daher längst auf der Agenda und wären auch ohne Förderung realisiert worden. „Natürlich nicht in der Ausprägung und der Geschwindigkeit wie unter dem KHZG“, schränkt er ein. Auch Agaplesion sieht sich mit dem Ressourcen- und Personalmangel konfrontiert. „Als Konzern ist es aber leichter, an Rahmenverträge zu kommen und Vereinbarungen mit den Herstellern abzuschließen“, räumt er ein. Über die Hälfte der beantragten Fördermittel hat der Konzern schon bewilligt bekommen. Weil Agaplesion bundesweit vertreten ist, muss das Unternehmen bei Ausschreibungen die unterschiedlichen Regularien der einzelnen Bundesländer berücksichtigen. Die Ausschreibungen erfolgen daher nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner. „Wir sind bei unseren geplanten Projekten exakt auf Kurs“, stellt Polag fest.

Auch bei Agaplesion fehlen IT-Fachkräfte. Dass sich dies bei den Projekten nicht so sehr bemerkbar macht hängt damit zusammen, dass der Konzern infolge seiner Digitalisierungsstrategie schon früh auf Outsourcing gesetzt hat. Die meisten Krankenhäuser des Konzerns beziehen ihr KIS als Software-as-a-Service sozusagen aus der Steckdose. Dadurch entfällt die Betreuung und Wartung des KIS durch die IT-Mitarbeiter. „Wir setzen unsere Mitarbeiter für die Kernbereiche ein und nicht mehr für unnötige Verwaltungsarbeiten.“ Die größte Entlastung der IT-Abteilung bei den KHZG-Projekten erzielt Agaplesion jedoch durch die Einbindung von betriebswirtschaftlich orientierten Kolleginnen und Kollegen aus anderen Fachbereichen. Diese Mitarbeiter sollen die KHZG-Projekte koordinieren und managen und dadurch die IT-fremde Arbeit von den IT-Mitarbeitern weitgehend fernhalten. Pro Fördertatbestand gibt es eine eigene Projektgruppe.

Sonderfall Lausitz

Eine Digitalstrategie hat auch das Klinikum Cottbus. „Die großen KHZG-Projekte standen deshalb ohnehin auf unserer Liste“, sagt Sebastian Scholl, Direktor für IT, Digitalisierung und Finanzen, „aber es hilft uns natürlich sehr, wenn wir dafür Fördermittel erhalten.“ Das Klinikum hat sich vorgenommen, in den nächsten Jahren erheblich in IT zu investieren. Um die Digitalisierungsprojekte von den IT-Routineaufgaben zu trennen, hat das Klinikum eine neue Abteilung „Digitalisierung und Innovation“ gegründet. Für beide Abteilungen wurden Führungskräfte gesucht, und es gab umfangreiche Stellenbesetzungen. Vom Fachkräftemangel spürt man in Cottbus offenbar wenig. Die neuen Mitarbeiter kommen unter anderem aus anderen Bereichen des Klinikums, waren bislang Anwender und möchten sich nun weiterentwickeln. Oder sie sind IT-Fachkräfte aus der Region, die bislang nach Berlin oder Dresden gependelt sind, die aus der Lausitz weggezogen waren und jetzt wieder zurückkehren.

Auch das Klinikum Cottbus hatte Mitte Oktober noch keinen Förderbescheid erhalten. Es ist deshalb in Vorleistung getreten und hat seine beiden Großprojekte „Digitale Fieberkurve“ und „Medikation“ jetzt vergeben. „Wenn wir auf den Förderbescheid gewartet hätten, wäre die Deadline 2024 nicht zu halten gewesen“, erläutert Scholl. Die Abteilung „Digitalisierung und Innovation“ ist federführend bei den beiden Großprojekten. Scholl sieht das Klinikum gut aufgestellt für die KHZG-Projekte. Bereits im vergangenen Jahr hat sich das Management aktiv einige Dienstleistungskontingente in bestimmten IT-Bereichen für drei bis vier Jahre gesichert.

2023 soll heftiger werden

War 2022 mit dem Warten auf die KHZG-Förderbescheide, den Ausschreibungen, Vergaben und Projektstarts sowie den TI-Projekten und dem Brot-und-Butter-Geschäft ein Horrorjahr für die IT-Mitarbeiter? Je nach Betrachtungsweise wird es von den IT-Verantwortlichen als außergewöhnlich oder normal wahrgenommen – offenbar haben sich alle längst an ein großes Arbeitspensum gewöhnt. In einem sind sich aber alle einig: Die kommenden Jahre werden erst richtig heftig.

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