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kma September-AusgabeeGK - Start klar

Allen Unkenrufen zum Trotz geht die eGK in die entscheidende Phase: mit der Aufforderung der Industrie zur Abgabe verbindlicher Angebote für den Online-Rollout hat sie den Point of no Return erreicht. Hoffentlich.

Um zuallererst einmal mit einem großen Missverständnis aufzuräumen, das das Projekt elek-tronische Gesundheitskarte (eGK) von Beginn an begleitet: Es geht nicht in erster Linie um eine Versichertenkarte, die mit einem Foto versehen vorerst lediglich die Versichertenstammdaten beinhaltet, online aktualisierbar. Es geht um die Vernetzung des deutschen Gesundheitswesens. Es geht um ein sicheres Informationsmanagement sensibler Daten, die niemand über sich in der Zeitung oder sonst wie gegen sich verwendet sehen möchte. Es geht um den Aufbau einer Telmatikinfrastruktur, die antritt, die medizinische Versorgung flächendeckend, tatsächlich in der Fläche, entscheidend zu verbessern. Und nein, sie wird nicht alle Probleme lösen, die das deutsche Gesundheitswesen heute hat, aber sie schafft die Voraussetzungen, einiges anders und vieles besser zu machen – im Sinne der Patientensicherheit, der Datensicherheit und auch der Kosteneffizienz. Dennoch muss konstatiert werden: Die Zeitpläne waren unrealistisch, die Vorteile womöglich überzeichnet und die Kosten unterschätzt.

IT ja – sichere Vernetzung nein
Dass es gerade um die Vernetzung des deutschen Gesundheitssystems nicht gut bestellt ist, bestätigt auch die neueste Accenture-Ärztestudie, für die 3.700 Ärzte in acht Ländern nach ihrer professionellen Nutzung von IT befragt wurden. Je Land nahmen rund 500 Mediziner teil. Es bestätigt sich der Eindruck, dass die Mehrheit der deutschen Ärzte zwar elektronische Patientenenakten nutzen, die Daten aber nicht an andere Gesundheitseinrichtungen kommunizieren. Lediglich drei Prozent der Befragten gaben an, regelmäßig klinische Daten auf dem elektronischen Weg auszutauschen. "In Deutschland verschenkt das Gesundheitswesen wertvolles Potenzial. Die Effizienz und auch die Qualität der Versorgung könnten deutlich verbessert werden, wenn Ärzte die Behandlungen effektiver untereinander koordinierten”, ist sich Sebastian Krolop, Geschäftsführer für die Beratung des Gesundheitswesens bei Accenture Deutschland, sicher. "Wenn die vorhandenen Technologien besser genutzt werden, können sowohl Produktivität gesteigert als auch bessere Behandlungsergebnisse für die Patienten erzielt werden.” Noch immer wird die Medizin gerade im niedergelassenen Bereich zu lokal begriffen. Ziel müsse sein, das gesamte System schlau zu vernetzen.

Eklatante Unterschiede zwischen Klinik- und Fachärzten
Interessant ist hierbei nicht nur der gefühlte Unterschied zwischen Klinikärzten und ihren niedergelassenen Kollegen im Hinblick auf ihre Einstellung zur Vernetzung. Im eHealth-Report der Bundesärztekammer von 2010, einer repräsentativen Befragung beider Gruppen durch das Institut für Demoskopie Allensbach, wurde das Stimmungsbild erstmals sachlich analysiert. Ergebnis: 92 Prozent der Klinikärzte befürworten Vernetzung und Telemedizin. Bei den Niedergelassenen war es nur gut jeder Zweite. Auch aus Sicht des Datenschutzes ein gutes Ergebnis. Schließlich ist die IT der Krankenhäuser, wenn auch meist nicht völlig ausreichend, so doch immer noch höheren Sicherheitsstandards verpflichtet, als es gemeinhin in Arztpraxen praktiziert wird. Da loggt sich der Facharzt zuhause von seinem privaten Computer ins eigene Praxis-Verwaltungssystem (PVS) ein, um eben noch ein bisschen Bürokram zu erledigen – im vollen Bewusstsein, dass die Patientendaten in den meisten PVS im Klartext hinterlegt sind, aber nicht realisierend, dass so der vielbeschworenen Cyberkriminalität Tür und Tor geöffnet wird. Die Warnung vor dem gläsernen Patienten aus dem "Lager” der Niedergelassenen scheint vor diesem Hintergrund nur folgerichtig.

Sachliche, unaufgeregte Informationen fehlen
Aus Sicht der Verantwortlichen für die eGK ein eigentlich dankbarer Ansatz. Datenschützer, das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und auch das Bundeskriminalamt haben den deutschen Konzepten ein außergewöhnlich hohes Sicherheitsniveau bestätigt. Das scheint allmählich auch in der Ärzteschaft angekommen zu sein. Das Stimmungsbild, so wie es auf dem 115. Ärztetag im vergangenen Jahr in Nürnberg postuliert wurde: "Das politische Projekt elektronische Gesundheitskarte ist gescheitert <…>”, trifft längst nicht mehr zu. "Viel differenzierter sind die Meinungen jenseits des Verbands, wenn sich die Delegierten Informationen aus erster Hand erfragen”, freut sich Arno Elmer, seit anderthalb Jahren Hauptgeschäftsführer der Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte (Gematik), wahrscheinlich damals einer der unbeliebtesten Jobs im deutschen Gesundheitswesen: die Rolle des Moderators zwischen den gleichberechtigten Gesellschaftern der Gematik (s. Kasten). "In diesem Jahr gab es erstmals kein negatives Votum vom Ärztetag zur eGK. Es wurde beschlossen, für kommendes Jahr einen Sachstandsbericht einzufordern über die Zusammenarbeit zwischen Ärzteschaft und Gematik. Diese konstruktive Herangehensweise freut uns natürlich, und wir unterstützen sie nachdrücklich.”

Den vollständigen Artikel lesen Sie in der kma September-Ausgabe.

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