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EU-Verordnung zu MedizinproduktenLiteraturempfehlungen zu den Themen „Komplexe Systeme“ und Risikomanagement

Hier finden Sie Literaturempfehlungen zum Thema komplexe Systeme. Es handelt sich um Schriften, die grundlegende Einsichten vermitteln, aber leider nicht immer Eingang in heutige Ratgeber gefunden haben.

Vom technischen zum menschlichen Versagen
Grundlegende Betrachtungen zu den Eigenschaften und Gefahren von komplexen Systemen findet man in dem Buch "Complex Organisations" von Charles Perrow aus dem Jahr 1979, einer der führenden Organisationssoziologen der USA. Anhand konkreter Unfälle (Flugverkehr) und Störfälle (Three Miles Island) betrachtet er kritisch die Probleme der Risikoanalysen. Es wurde 1992 auf deutsch herausgebracht und ist eine interessante Lekütre, da sich seine Sichtweise über die unübersehbare Komplexität unserer Großtechnik auf das Gesundheitswesen übertragen läßt:

•Charles Perrow: Normale Katastrophen – Die unvermeidbaren Risiken der Großtechnik; Campus Verlag Frankfurt 1992
Als Pionier ist auch Edward De Bono zu betrachten, der bereits 1971 in seinem Buch "Laterales Denken" für eine neue Betrachtungsweise von komplexen Problemen plädiert hat. 1972 beschrieb er die vier richtigen und fünf falschen Denkmethoden. 1986 führte er die Denkhüte ("six thinking hats") für die kreative Problemlösung ein. Seine 1982 fomulierte Denkschule ist immer noch aktuell.

•Edward De Bono: De Bonos neue Denkschule. Kreativer Denken, effektiver arbeiten, mehr erreichen; MVG-Verlag München 2010.
Knaup zeigt in seinem Buch anhand konkreter Praxisbeispiele auf, dass viele Projekte der Humanitären Hilfe Kriege verlängern, politische Versäumnisse verschleiern, gewachsene Strukturen zerstören und der Aufwand in keinem Verhältnis zum Ertrag steht.

•Horand Knaup: Hilfe, die Helfer kommen – Karitative Organisationen im Wettbewerb um Spenden und Katastrophen; Beck’sche Reihe München, 1996
Dörner betrachtet die Ursachen der meistens gescheiterten Bewältigung von Problemen in komplexen, vernetzten, intransparenten und dynamischen Systemen.

•Dietrich Dörner: Die Logik des Mißlingens - Strategisches Denken in komplexen Situationen, Rowohlt Verlag Reinbek, 2003
Als Ratgeber zur Vermeidung falscher Entscheidungen aufgrund fehlerhafter Einschätzungen sind folgende Bücher zu empfehlen:

•Hans-Peter Beck-Bornholdt, Hans-Hermann Dubben: Der Schein der Weisen – Irrtümer und Fehlurteile im täglichen Leben; Rowohlt-Verlag Reinbek, 2005

Seit Monaten in der Bestsellerliste des Deutschen Buchhandels sind die beiden Bücher von Dobelli, die eine kurzgefaßte Übersicht über die 104 häufigsten Denkfehler und Irrwege beinhalten:

•Rolf Dobelli: Die Kunst des klaren Denkens – 52 Denkfehler, die Sie besser anderen überlassen; Hanser Verlag München 2011

•Rolf Dobelli: Die Kunst des klugen Handelns – 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen; Hanser Verlag München 2012

Ereignisse, die wir in der Risikoanalyse als höchst unwahrscheinlich erachten, gibt es viel öfter als wir denken. Nassim Taleb, Professur für die Wissenschaft der Unsicherheit hat in seiner Buchreihe "Der Schwarze Schwan" eine Fülle von überraschenden Beispielen analysiert:

•Nassim Taleb: Der Schwarze Schwan – Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse; Deutscher Taschenbuch Verlag München, 2013

Der amerikanische Psychologe und Risikoanalyst Paul Slovic befaßt sich sehr eingehend mit der Risikowahrnehmung und betrachtet Beispiele aus der Bluttransfusionsmedizin, Biotechnologie, Terrorismus und Nanotechnologie.

•Paul Slovic: The Feeling of Risk - New Perspectives on Risk Perception; Earthscan Risk in the Society, 2010

Ein weiterer Bestseller auf dem Büchermarkt ist gegenwärtig das Buch Wirtschaftsnobelpreisträgers Daniel Kahneman. Von Nassim Taleb und Paul Slovic inspiriert analysiert er die mentalen Muster der Entscheidungsfindung anhand verblüffender Beispiele und beschreibt Methoden, wie man sich vor Fehlentscheidungen wappnen kann.

•Daniel Kahnemann, D: Schnelles Denken – langsames Denken, Siedler-Verlag München, 2011

Der Psychologe Watzlawick behandelt die Frage nach der Wirklichkeit und wie die Menschen sie "konstruieren". Zu dieser Problematik liefern neun namhafte Wissenschaftler aus so verschiedenen Gebieten wie Psychiatrie, Philosophie, Mathematik und Neurophysiologie Beiträge und beschreiben die Rolle selbsterfüllender Prophezeiungen und idealistischer Annahmen beim Erschaffen der Wirklichkeit. Diese Phänomene sind häufig bei der Risikobewertung und im kritischen Fall bei der Krisenbewältigung wiederzufinden.

•Paul Watzlawick: Die erfundene Wirklichkeit – Wie wissen wir, was wir zu wissen glauben? Beiträge zum Konstruktivismus, Piper Verlag München, 1981

Rosenzweig identifiziert die logischen Irrtümer und falschen Annahmen bei der Beurteilung von Firmenkulturen, Führungsqualitäten und Unternehmensperformance, hervorgerufen durch die Blendwirkung vermeintlicher Patentrezepte. Viele Effekte lassen sich auch beim ISO 9001 Management beobachten.

•Phil Rosenzweig: Der Halo-Effekt – Wie Manager sich täuschen lassen, Gabal Verlag Offenbach, 2008


Vom Qualitäts- zum Risikomanagement

Während sich in Deutschland das Qualitäts- und Risikomanagement für Medizinprodukte in einem überdurchschnittlich hohen Entwicklungs- und Umsetzungsstand befindet, ist dies nicht von allen ausländischen Produzenten zu behaupten. Eine Studie der Europäischen Kommission über den Status der Benannten Stellen in Europa brachte erschreckende Ergebnisse über die Umsetzung ans Tageslicht. In einem Fünf-Jahres-Plan (The EA Development Plan 2008-2013) beschlossen daraufhin die EU-Kommission und die europäische Akkreditierungsorganisation EA (European cooperation for Accreditation) eine vollständige Revision der bisherigen Akkreditierungspraxis. Dies führte in Deutschland zum Ende der bisherigen Akkreditierungslandschaft und zur Gründung der DAKKS (Deutsche Akkreditierungsstelle).

Der damalige EA-Präsident und IAF-Vorstand Lorenzo Thione beschreibt die weltweite Unzufriedenheit mit dem Ergebnis der QM-Zertifizierungen im folgenden Dokument:

•Lorenzo Thione: Improving Wolrd-Wide Credibility of Management System Certifications

Als Standardwerk für Qualitätsmanagement ist das Masing-Handbuch zu bezeichnen, welches nun in der fünften Auflage vorliegt.
•Walter Masing: Handbuch Qualitätsmanagement 5. Auflage, Hanser-Verlag München, 2007

Mithilfe der Systemtheorie unternimmt Markowetz den Versuch, die Strukturen und Prozesse eines QM-Systems in einem medizinischen Labor durch Graphen und Relationen abzubilden und deren Regelkreise zu analysieren. Das Ergebnis ist ein integrales Organisations- und Riskmanagement, welches die Anforderungen der ISO 9001, GMP und GLP beinhaltet.

•Dieter Markowetz: Qualitätsmanagement in der Laboratoriumsmedizin – Organisationsstruktur und Dokumentenhierarchie – Ein systemanalytischer Ansatz; Chapman&Hall, 1997

Schmalzl und Schröder untersuchten 1998 verschiedene QM-Konzepte von Deming, Juran, Crosby, Quality Awards (Deming Prize, Malcolm Baldrige National Quality Award, European Quality Award) und die ISO 9000 Reihe. Sie stellten die Konzepte des Total Quality Managements denen des Business Process Reengineering gegenüber und fanden teilweise erstaunliche Ergebnisse heraus.

•Bernhard Schmalzl, Jakob Schröder: Managementkonzepte im Wettstreit – Total Quality Management vs. Business Process Reengineering, Verlag Beck München, 1998

Grundlegende Arbeiten und viele Beispiele über die Einführung eines Risikomanagements sind in den beiden folgenden Sammelbänden zu finden.

•Wilfried von Eiff: Schriftenreihe Gesundheitswirtschaft Band 2: Risikomanagement – Kosten-/Nutzen-basierte Entscheidungen im Krankenhaus; WIKOM-Verlag 2006

•Volker Graf, Andreas Felber, Raimund Lichtmannegger: Risk Management im Krankenhaus – Risiken begrenzen und Kosten steuern, Luchterhand 2003

Ganz aktuell ist der Leitfaden von Harer, der die Umsetzung der QM-Norm ISO 13485 und der Risikonorm ISO 14971 umfassend beschreibt.

•Johann Harer: Anforderungen an Medizinprodukte – Praxisleitfaden für Hersteller und Zulieferer, Hanser-Verlag München, 2013

Ebenfalls zu empfehlen ist das Buch von Franke, welches nach einer kritischen Betrachtung der Normen ISO 9001 und ISO 13485 effiziente Wege zur Planung eines unternehmensspezifischen QM-Systems aufzeigt.

•Franke, H: Das QM-System nach DIN EN ISO 9001 und DIN EN ISO 13485 für Medizinprodukte – Hilfen zur Darlegung und zum Risikomanagement, Expert-Verlag, 2012

Die folgenden Veröffentlichungen befassen sich mit bislang wenig beachteteten Aspekten des Risikomanagements.

•Wirtschaftskriminalität als Bestandteil des Risikomanagements – Roundtable-Diskussion zum Thema Betrug, Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung; Risiko Manager 5 2007, Seite 16-21

•Romeike, F: Der Risikofaktor Mensch – die vernachlässigte Dimension im Risikomanagement, ZversWiss 2/2006, S. 287-309

•Gleißner,W/Romeike, F: Psychologische Aspekte im Risikomanagement; Risknet 2013 www.risknet.de/479.html

•Wadle, Johannes: Von der Illusion der Risikokontrolle, Risknet 2013

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