Selbstbedienungsautomaten sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Beim Check-In auf dem Flughafen, als Geldautomaten, beim Ticketverkauf der Deutschen Bahn oder als Kassenautomaten in Supermärkten, sie sind ein Bestandteil der Lebenswelt des 21. Jahrhunderts. Im Gesundheitswesen waren sie bisher nicht zu finden. Das will National Cash Register (NCR), der US-Amerikanische Weltmarktführer bei Geldautomaten, Scannerkassen und Datenspeichern, ändern. Die Firma hat im Klinikum Ingolstadt im August die ersten beiden Automaten zur Patientenanmeldung aufgestellt.
Die Automaten bestehen aus einem Terminal mit Touchscreen und Kartenleser, an dem sich Patienten mit ihrer Krankenversicherungskarte (KVK) selbst anmelden können. Das Gerät liest Name, Anschrift und Versicherung direkt von der Karte ab und führt Patienten durch den Anmeldeprozess, der üblicherweise in der Anmeldekabine stattfindet. Die Daten, die am Bildschirm ergänzt oder geändert werden können, überträgt der Automat in das Krankenhausinformationssystem (Kis). Anschließend druckt er eine Wartenummer aus, die dann auf einem Monitor im Warteraum aufgerufen wird. Die Geräte verfügen neben der Schnittstelle ins Kis auch über die Möglichkeit, die seit langem erwartete elektronische Gesundheitskarte (EGK) einzulesen. Außerdem bietet der Automat die Fragen zur Aufnahme in allen Sprachen an, was den Prozess auch ausländischen Patienten erleichtert. Insgesamt, so die Hersteller, fördere der Automat die Transparenz, da der Patient am Bildschirm sieht, welche Informationen die Klinik aus seiner Karte ausliest. Die beiden Geräte einschließlich Software, Bildschirm für die Anzeige der Wartenummern, Wartung für das erste Jahr und Installation kosten rund 85.000 Euro.
Patient fühlt sich wahrgenommen
Die Anmeldung verkürzt sich laut Angaben des Herstellers um bis zu 30 Prozent, und es böten sich weitere Vorteile. "Das ist nicht mehr eine Abfrage der Daten, sondern die Mitarbeiter sehen schon, wo der Patient beschäftigt ist, wie der Hausarzt heißt und so weiter. Es bietet sich hier also ein Zeitfenster, das erlaubt, zum Beispiel auf zusätzliche Wellness-Angebote der Klinik einzugehen", so Lars Kliefoth, Director Healthcare bei NCR Deutschland. Auch der Bildschirm, der die Wartenummer anzeigt, bietet eine Werbefläche, auf der in Ingolstadt Imagefilme des Klinikums gezeigt werden. NCR kalkuliert eine Implementierungszeit für die Geräte von acht bis zehn Wochen. "Mitarbeiter werden durch Automaten entlastet und bekommen eine wertschöpfende Tätigkeit, nämlich weg von der reinen Dateneingabe hin zu einem direkten Dialog mit dem Patienten. Der Patient wird aktiv in den Anmeldeprozess eingebunden, und das Krankenaus kann moderner auftreten und sich über Marketing und Multimediabotschaften positionieren. Damit bieten wir allen drei Parteien einen Mehrwert" schwärmt Kliefoth. Thomas Kleemann, IT-Leiter des Klinikums Ingolstadt, ist überzeugt von dem Mehrwert der Automaten: "Der Patient kommt ins Haus und empfindet die üblichen Wartezeiten zur Anmeldung als etwas Störendes. Zumal der Aufnahmeprozess vor dem eigentlichen Klinikaufenthalt liegt. Wenn man den Patienten dagegen von Anfang an in den Prozess einbindet, dann empfindet er dies subjektiv als Fortschritt und nicht als sinnloses Warten. Wenn ich mich am Flughafen am Automat einchecke, dann habe ich auch das Gefühl, das ich damit einen Schritt weiter bin", so Kleemann.
Die Automaten in Ingolstadt sind nicht die ersten in Deutschland. Die Firma Wincor Nixdorf hat am Klinikum Frankfurt am Main bereits Anfang 2010 ein ähnliches Gerät aufgestellt. Auch die nächste Installation steht schon fest. So wird der Hersteller zusammen mit dem IT-Dienstleister Atos Origin Anfang kommenden Jahres im Brüderkrankenhaus St. Josef in Paderborn ein weiteres Gerät aufstellen. Im Unterschied zum Anmeldeautomat von NCR in Ingolstadt, der den Anmeldeprozess nur unterstütz, ist hier vorgesehen, das die Anmeldung ausschließlich über den Automaten erfolgt. Dem Patient wird also keine Wartenummer ausgedruckt, sondern gleich alle westlichen Formulare, die er anschließend Unterschreiben muss. "Ist die Anmeldung am Automaten beendet, wird der Patient im Kis als anwesend gemeldet und kann dann direkt auf seine Station gehen", so Christian Grussendorf, Senior Consultant bei Atos Origin.
Angst ums Image
Im Gegensatz zu den USA, wo bereits insgesamt 1.400 Automaten im Klinikeinsatz sind, existieren solche Geräte in Europa selten. Hier betrachten viele Klinikleitungen den Automaten als unpersönlich und imageschädigend. "Der allererste Kontakt zu einem Krankenhaus über einen Automaten ist vielleicht nicht der glücklichste Weg. Es gibt ja auch schon einige Hotels, die anstelle des Empfangspersonals nur noch Anmeldeautomaten haben. Aber das sind nicht unbedingt die renommiertesten", sagt Peter Gocke, IT-Leiter am Uniklinikum Hamburg-Eppendorf. Er bezweifelt, dass ältere Menschen sich mit dem automatisierten Anmeldeprozess anfreunden. Daher hat sich das UKE bisher gegen Automaten entschieden. Klieforth von NCR entgegnet, dass auch ältere Menschen sich am Bankautomaten Geld ziehen oder Ticketautomaten in Flughäfen oder Bahnhof bedienen können. "Die Umfragen, die wir im Zuge der Einführung in Ingolstadt erhoben haben, zeigten sogar, dass gerade diese Menschen die Automaten noch positiver empfunden haben als jüngere. So war die allererste Patientin, die den Automaten ohne Probleme bedient hat, eine 74-jährige Frau", erklärt Klieforth. Gerade in Zeiten von Laptops und I-Phones wären viel mehr Menschen als bisher mit solchen Automateneingaben vertraut.
Furcht vor Kartenmissbrauch
Auch der Datenschutz schreckt viele Kliniken ab. "Wer kontrolliert, ob die Krankenversicherungskarte die richtige ist? Selbst im persönlichen Kontakt wird uns oft genug eine falsche Versicherungskarte untergeschoben. Deshalb lassen wir uns grundsätzlich immer noch ein weiteres Ausweispapier mit Lichtbild vorlegen", sagt Bärbel Schäfer, Leiterin der Patientenverwaltung am Klinikum rechts der Isar in München. Theoretisch wäre das auch am Automaten möglich, etwa indem die eingeschobene Karte darauf geprüft wird, ob sie noch gültig ist. Aber das ist nach dem deutschen Datenschutzgesetzt nicht zulässig. Deshalb bezweifelt sie, dass der komplette Anmeldeprozess über einen Anmeldeautomat abgewickelt werden kann, wenn der Vorgang Rechtssicherheit garantieren soll. "Auch der Ausdruck aller Formulare, die der Patient unterschreiben muss, ist rechtlich nicht zulässig. Selbst die Wahlleistungsverträge für Zusatzleistungen wie Einzelzimmer oder Chefarztbehandlung bedürfen einer persönlichen Aufklärung, das schreiben die Gebührenverordnungen vor", so Schäfer. Der Preis schreckt ebenfalls viele Kliniken ab. "So ein Gerät ist richtig teuer, das kostet nicht nur eine, sondern gleich zwei Arbeitskräfte mit einem Jahresgehalt. Hinzu kommen Wartung und Reparatur, was auch Geld kostet nach dem ersten Jahr", rechnet Schäfer.
Bei aller Kritik glauben aber auch die Skeptiker an die Zukunft der Automaten in Krankenhäusern. "Ich denke schon, dass der Trend kommen wird, weil wir mit immer mehr Anwendungen leben, die über das Internet gebucht werden. Wenn das auch im Krankenhaus möglich ist, wird ein Automat viel Sinn machen, vor allem für Leute, die oft in die Klinik müssen", so Gocke. Um die Anmeldung ausschließlich den Automaten zu überlassen, müssen sich allerdings die Rahmenbedingungen des Datenschutzrechtes ändern.


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