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IT- BetreibermodelleSorgen auslagern

Mit dem Auslagern der IT können sich hierzulande viele Kliniken nicht anfreunden. In Skandinavien setzen Kliniken dagegen intensiv auf das IT-Outsourcing.

In einem Krankenhaus sind im Durchschnitt rund 40 IT-Produkte im Einsatz, und die Komplexität steigt zunehmend. Für die IT-Abteilungen wächst damit der Aufwand. Sie schlagen sich mit Schnittstellenproblemen herum, schrauben an Insellösungen und müssen nebenbei noch die ganz alltäglichen Probleme der PC-Nutzer lösen. Einige Häuser bauen deshalb massives Know-how auf und vergrößern Ihre IT-Abteilungen. Andere spielen eher mit dem Gedanken, den IT-Betrieb auszulagern. Solche sogenannten IT-Betreibermodelle sind in anderen Branchen populär, in Kliniken eher die Ausnahme. "Noch", sagen Experten, denn die Nachfrage steigt.

Als erstes Krankenhaus in Deutschland hat das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) vor einem Jahr seine gesamte IT in Form einer öffentlich-privaten Partnerschaft neu organisiert. Das mit mehr als 70 Kliniken und Instituten größte Universitätsklinikum in Norddeutschland ist hoch verschuldet und stand vor der Frage, wie es in Zukunft IT-Service sowie zeitgemäße Hard- und Software zu einem überschaubaren Preis garantieren kann. Jens Scholz, Vorstandsvorsitzender des UKSH, kam zu dem Schluss, dass die Dezernatsstruktur im Klinikum "den besonderen Anforderungen des IT-Marktes" nur bedingt gerecht werden könne. Seine Klinik hat deshalb Vamed ins Boot geholt und gründete mit dem Dienstleister zwei Servicegesellschaften: In der Gesellschaft für Informationstechnologie mbH (GFIT) bündelt das USKH die Hard- und Softwareausstattung, und die Gesellschaft für IT-Services (ITSG) ist für sämtliche IT-Dienstleistungen verantwortlich. An beiden Gesellschaften ist die Uniklinik mit 51 Prozent beteiligt, Vamed hält gemeinsam mit weiteren Industriepartnern 49 Prozent. Das Klinikum hat die IT-Abteilung mit ihren etwa 75 Mitarbeitern in die zwei Gesellschaften überführt. Das Modell - eine sogenannte Organschaft - ist nicht neu und kommt in Kliniken vor allem im Facility Management zum Einsatz.

UKSH-Vertrag schreibt Qualität und Volumen fest

"Bisher sind 90 Prozent der IT im UKSH in den zwei Servicegesellschaften zentralisiert", erklärt Aladin Antic, der gleichzeitig Geschäftsführer der GFIT und Geschäftsbereichsleiter IT bei Vamed ist. Zu den 90 Prozent zählen Personal, Sachmittel und alle weiteren Kosten. Die Servicegesellschaften verantworten den IT-Betrieb am UKSH einschließlich aller PC-Arbeitsplätze, Netzwerke, Rechenzentren und zentralen Systeme, das Begleiten von IT-Projekten sowie die regelmäßige Erneuerung der Hardware. "Das UKSH sagt, was gemacht werden muss, und die Gesellschaften setzen es um. In einem Service-Level-Vertrag sind Qualität und Volumen für unsere Leistungserbringung festgelegt. Natürlich gibt es auch eine intensive strategische Abstimmung. Zuständig hierfür ist die eigens dafür eingerichtete Stabstelle IT des UKSH", präzisiert Antic. Die Pauschale beinhaltet ein Stundenkontingent für Projekte, den Service sowie laufende Kosten für Wartungsverträge und Reinvestition. Die 6.000 Endgeräte im UKSH werden beispielsweise spätestens alle fünf Jahre ausgetauscht.

Nach einem Jahr zieht das Klinikum eine positive Bilanz. Mittlerweile sei es der GFIT sogar gelungen, Aufträge von Drittkunden zu akquirieren und damit zusätzliche Einnahmen zu erzielen, erklärt das UKSH stolz. Bei Drittkunden handelt es sich überwiegend um Tochterunternehmen des UKSH. "Insgesamt hat die GFIT die ersten Erwartungen voll erfüllt." Die Schleswig-Holsteiner bleiben aber die Ausnahme: Kliniken tun sich mit dem Auslagern von IT schwer. In Banken sind zwischen 30 und 40 Prozent der IT ausgelagert. "Deutsche Kliniken erbringen dagegen heute noch etwa 94 Prozent der IT-Leistungen selbst. In den USA ist der Trend zum Outsourcing deutlich sichtbarer."

Schweden und Finnland lagern aus

Mit einem Betreibermodell steigt prinzipiell auch das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Servicenehmer und Servicegeber. Kliniken müssen beim Outsourcing abwägen, wie wichtig IT für sie ist. Große Ketten und Verbünde neigen dazu, die IT selbst zu steuern. Kleinere Häuser haben dazu oft nicht die Mittel. "Der Betrieb von IT ist nicht zwingend eine Kernkompetenz der Krankenhäuser", stellt Carl Dujat, Chef der IT-Beratungsfirma Promedtheus, klar. "Schon heute externalisieren Krankenhäuser bestimmte IT-Leistungen, so etwa die Archivierung von Daten oder den Betrieb von Firewalls und Desktops." In Zukunft, glaubt Dujat, werde sich das Outsourcing häufen. Dass dies möglich ist, zeigen die skandinavischen Länder. Die Mehrzahl der Krankenhäuser in Finnland hat weite Teile der IT ausgelagert. "In Schweden geben ganze Regionen KIS und Fremdsysteme an Betreiber ab. Das heißt, Hardware, Software und Mitarbeiter bleiben im Krankenhaus, sind aber von einem Dienstleister angestellt", berichtet Andreas Lange vom Softwarehersteller Tieto, der Betreibermodelle für IT anbietet. "Dabei geht es im Prinzip für ein Krankenhaus weniger um den Erwerb einer Software, sondern um den Kauf einer Dienstleistung", ergänzt Lange, der bei Tieto für den Markt in Zentraleuropa verantwortlich ist. Die Zentrale in Finnland erwarte, dass sich dieses Modell auch in Zentraleuropa stärker durchsetzt.

Ohne Schnittstellen kein Erfolg

Neben klassischen Systemhäusern wie T-Systems oder RZV und Dienstleistern wie Vamed bieten auch die Hersteller von Krankenhausinformationssystemen (KIS) wie Tieto IT-Betreibermodelle an. Schon heute werden sie in Klinikausschreibungen dazu aufgefordert, einen Großteil der Subsysteme, Fachlösungen und Kommunikationsserver sowie Infrastruktur anzubieten. So wird der KIS-Anbieter zum Generalunternehmen, das auch für Pacs, Labor- oder Abrechnungssysteme von anderen Herstellern die Verantwortung übernimmt und alleiniger Ansprechpartner für die Klinik ist. Glaubt man Experten, dann muss sich für einen Durchbruch im IT-Outsourcing jedoch zuerst die Schnittstellenproblematik lösen. Denn beim Vernetzen der häufig sehr komplexen Klinik-IT stellen sich die Anbieter der Software oft quer. "Nur wo sich standardisierte Lösungen durchsetzen, rechnen sich Betreibermodelle oder eine Generalunternehmerschaft für Dienstleister", sagt Dujat. In Finnland stellt sich das Problem der Schnittstellen nur zum Teil. "Hier sind stärkere monolithische und zentrale Systeme im Einsatz", erklärt Lange. "Bei Großkliniken liegen die anzubindenden Subsysteme im deutschen Vergleich etwa bei 2 zu 3, in kleineren Kliniken bei 1 zu 3." In Schweden liegt die Zahl der Subsysteme jedoch auf deutschem Niveau. "Und genau das", so Lange, "war oft der Grund, sich für Outsourcing zu entscheiden. Man wollte das Schnittstellenmanagement nicht mehr selbst verantworten."

"Momentan ist der Eigenbetrieb für ein Krankenhaus noch preisgünstiger", schätzt Andreas Kassner, beim Bundesverband für IT im Gesundheitswesen (BVITG) verantwortlich für die Servicegesellschaft. "Doch einen Schub gibt mit Sicherheit die Umsetzung des Medizinproduktegesetzes in diesem Jahr." Dann klärt sich, welche Teile der Kliniksoftware als Medizinprodukt deklariert werden. Das erfordert zusätzliches Know-how in den Kliniken, und die Unternehmen hoffen, dass die Häuser angesichts der wachsenden Komplexität mehr IT-Services auslagern.

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