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I-Solutions HealthZurück in den Mittelstand

Die KIS-Schmiede I-Solutions Health, ehemals I-Soft, will mit neuem Eigentümer und neuem Namen nach Jahren der Stagnation wieder im deutschen Markt wachsen. Ein altbekanntes Gesicht aus der IT-Branche soll dabei helfen.

Wenn Peter Herrmann über die Firmengeschichte von I-Soft erzählt, hört sich das an wie eine beschwerliche, abenteuerliche Reise, die nun an der richtigen Stelle endet: im deutschen Mittelstand. Herrmann ist seit 2006 I-Soft-Chef. Er hat den Verkauf des börsennotierten Unternehmens an die australische Firma IBA ebenso miterlebt wie die Veräußerung an den US-Konzern CSC. Im Juli 2014 ging I-Soft an Radiomed, ein Mittelständler mit Sitz in Leverkusen. Nun soll das Unternehmen zur Ruhe kommen und sich unter dem Namen I-Solutions Health auf den deutschsprachigen Markt konzentrieren – denn der international ausgerichtete Mutterkonzern tat dem Unternehmen nicht gut. Bereits ab 2004 ließ die damalige britische Muttergesellschaft das Krankenhausinformationssystem (KIS) Lorenzo in Indien entwickeln, über das Herrmann heute sagt: „Die Umsetzung war sehr aufwendig.” Es war die Zeit, als die großen IT-Konzerne über international funktionierende KIS-Lösungen nachdachten, die auf dem Weltmarkt reißenden Absatz finden würden. Nicht nur I-Soft, auch Siemens hat diese Vision längst wieder beerdigt. Heute heißt das Mantra: KIS lassen sich nur auf nationaler Ebene vermarkten. Während Herrmann erzählt, montieren zwei Arbeiter die neuen Firmenschilder an die Mannheimer Zentrale. „I-Solutions Health” steht darauf, der neue Firmenname. Die neue Unternehmensfarbe ist türkis, nicht orange wie bei I-Soft. Zwar ging I-Soft schon bei CSC in der Konzernmatrix auf und hatte sein altes Branding aufgegeben. Aber dieser Neuanfang hat für Herrmann etwas Grundlegendes: Er soll den Umbau vom US-Konzern zum deutschen Mittelständler unterstreichen. Unter dem Dach des Giganten CSC machte I-Soft 50 Prozent seines Geschäfts in Großbritannien, nur etwa 20 Prozent in Deutschland. „Die internationale Ausrichtung hat die Fähigkeit, Geschäfte in Deutschland zu machen, behindert. Wir konnten zwar unser Laborprodukt in Neuseeland oder den Niederlanden verkaufen, sind aber in Deutschland langsamer und teurer geworden”, resümiert Herrmann. Er war es dann auch, der Radiomed ins Gespräch brachte, als CSC 2013 die Suche nach einem Käufer für I-Soft begann. Das Unternehmen ist größter Teilhaber des Radiologie-Netzwerks RNR, das wiederum Großkunde von I-Soft ist.

Neuer Trumpf fürs KIS-Geschäft
Die Restrukturierung des Unternehmens ist in vollem Gange: Im November hat I-Solutions Health einen Aufsichtsrat installiert, obwohl das bei einer GmbH nicht notwendig ist. Den Vorsitz des Aufsichtsrats übernimmt Wolrad Rube – in der KIS-Szene ein bekanntes Gesicht. Rube hat 2008 sein KIS Fliegel-Data verkauft und verkörpert den erfolgreichen mittelständischen IT-Unternehmer. In der neuen Strategie von I-Solutions Health soll er eine wichtige Rolle spielen. „Wir wollen dem Markt vermitteln, dass wir nicht nur unsere Radiologie- und Laborsysteme weiterentwickeln, sondern auch unser KIS – und dafür steht Wolrad Rube”, sagt Herrmann über Rube. „Ich bin wieder dorthin zurückgekehrt, wo ich herkomme”, sagt Rube. Als Aufsichtsrat steigt er naturgemäß nicht direkt ins operative Geschäft ein. Er will seine Erfahrungen insbesondere als Mittelständler einbringen. Rube will aber nicht nur Gallionsfigur sein, sondern möchte sich auch finanziell an I-Solutions Health beteiligen. Das Unternehmen Radiomed hat dazu seine Bereitschaft signalisiert. Neben Rube wechselt der ehemalige Fliegel-Data-Mann Michael Bieger als Finanzchef zu I-Solutions Health. Zusammen mit Herrmann und Horst Martin Dreyer, einem ehemaliger CSC-Manager, der die operative Geschäftsführung übernimmt, bildet er die neue Unternehmensspitze. Neben Rube wollen sich auch die drei Manager am Unternehmen beteiligen.

Cerner-Kunden im Visier
Das Unternehmen strebt im kommenden Geschäftsjahr einen Jahresumsatz von 26,5 Millionen Euro an. Etwa die Hälfte davon macht I-Solutions Health mit KIS, jeweils etwa ein Viertel mit Radiologie-Informationssystemen (RIS) und Laborsoftware (LIS). Das Laborsystem ist derzeit in rund 250 Kliniken installiert. Anfang 2015 kommt zudem eine Komplettlösung für die Pathologie auf den Markt. Zu den RIS-Kunden zählen neben großen radiologischen Praxen auch Krankenhäuser und etwa zehn Universitäten, insgesamt verfügen derzeit 260 Kunden über eine Installation der Software. Auf dem KIS-Markt hat sich für das Unternehmen in den vergangenen Jahren relativ wenig bewegt. Die Bereitschaft von Kliniken, das KIS zu wechseln, ist bekanntlich gering. Doch Herrmann glaubt, dass der Markteintritt von Cerner für Bewegung sorgen wird. Der KIS-Gigant aus den USA hat sich im August die Healthcare-IT-Sparte von Siemens für 1,3 Milliarden Euro einverleibt. Nun besitzt der Konzern das Portfolio des zweitgrößten deutschen KIS-Anbieters. Doch ausschlaggebend für den Deal war das US-Geschäft von Siemens. Was mit den deutschen Produkten passiert, bleibt fraglich. „US-Konzerne gehen sehr zentralisiert vor. Was nicht in großem Stil replizierbar ist, wird eingestellt. Die beiden KIS-Produkte Medica und ISH-Med werden für Cerner wohl kaum eine strategische Rolle spielen.” Behält er Recht, könnten I-Solutions Health und andere indirekt vom Siemens-Verkauf profitieren. Momentan sind das nur Vermutungen.

Der Kunde wurde König
In den vergangenen Jahren hat das Unternehmen keine schwarzen Zahlen geschrieben. Das soll sich jetzt ändern. „Wir haben den Schwebezustand im vergangenen Jahr genutzt und in unsere Prozesse und Systeme investiert”, berichtet Herrmann. Diesen Maßnahmen fielen auch 60 Arbeitsplätze zum Opfer. Nun will das Unternehmen mit seinen derzeit rund 240 Beschäftigten wachsen – aber nicht um jeden Preis. „Zum Glück”, resümiert Herrmann, „haben wir einen Eigentümer, der zwar ein profitables Geschäft fordert, aber keine unrealistischen Margen erwartet. Als Muttergesellschaft eines unserer wichtigen Kunden ist Radiomed vor allem ein strategischer Investor, der reibungslos funktionierende und innovative Software produzieren will.” Es sei eine günstige Konstellation, unterstreicht auch Rube, dass I-Solutions Health nun einem seiner größten Kunden gehöre. Das garantiere Nachhaltigkeit.

Unternehmensgeschichte von I-Solutions HealthDie Ursprünge des Unternehmens gehen auf die IT-Firmen Laufenberg und Gap zurück, die zwischen 2001 und 2003 mit der britischen Firma Torex fusionierten. Torex ging 2004 unter dem Namen I-Soft an die Börse. Nach einer Bieterschlacht, an der sich auch Cerner und die Compugroup beteiligten, ging I-Soft 2007 an das australische Unternehmen IBA, das I-Soft 2011 an den US-amerikanischen IT-Konzern CSC veräußerte. CSC, das damals einen Jahresumsatz von 16 Milliarden Euro erwirtschaftete, verschmolz I-Soft erst mit seinen Produktlinien und verkaufte I-Soft Deutschland im Juli 2014 an das deutsche Unternehmen Radiomed. Der Mittelständler mit Sitz in Leverkusen denkt derzeit über die Beteiligung weiterer Investoren nach. Auch die Firmenleitung um Peter Herrmann möchte sich beteiligen. Seit Dezember 2014 firmiert die deutsche I-Soft als I-Solutions Health GmbH.

Radiomed, 1983 gegründet, bietet vor allem Dienstleistungen für radiologisch-diagnostische Einrichtungen an. Das Leverkusener Unternehmen ist an einer Reihe von medizinischen Versorgungszentren beteiligt und außerdem größter Teilhaber am Radiologie-Netzwerk RNR, das als Komplettdienstleister für Diagnostik auch mit vielen Krankenhäusern im Geschäft ist.

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