Bei der Wahl zum Gesamtpersonalrat (GPR) der Charité konnte sich ein breites "Arbeitnehmerbündnis" knapp gegen Vertreter der Liste von Verdi knapp durchsetzen. Das "Bündnis" stellt mit der Biologin Christine Brandt die neue Vorsitzende. Sie ist Nachfolgerin von Verdi-Mann Carsten Becker.
Verdi gegen alle anderen
Nachdem Verdi ein Angebot für eine Personenwahl unter Verzicht auf konkurrierende Listen ausgeschlagen hatte, hatte sich ein typischer Lagerwahlkampf nach dem Motto "Verdi gegen alle anderen" entwickelt. Das "Arbeitnehmerbündnis" – mehrere freie Listen, Marburger Bund, Deutscher Beamtenbund, Gewerkschaft kommunaler Landesdienst Berlin, Tarifunion – setzte sich mit 1.200 Stimmen gegen die Verdi-Gruppe (rund 1000 Stimmen) durch. Zwei der vier vom Dienst freigestellten Personalräte seien Verdi-Mitglieder der Dienstleistungsgewerkschaft. Becker gehört dem neuen Gesamtpersonalrat an, ist aber nicht mehr freigestellt.
Christoph Berndt, der Vorsitzende des Fakultätspersonalrats, der auch dem Gesamtpersonalrat angehört, hat maßgeblich zur Veränderung der Kräfteverhältnisse beigetragen. Der Einfluss des promovierten Zahnarztes und Labormediziners auf die Politik der Personalvertretung dürfte gewachsen sein. Schließlich ist die neue Vorsitzende Christine Brandt eine enge Vertraute und arbeitet seit Jahren eng mit Berndt zusammen. Dieser hat als Vorsitzender des Fakultätspersonalrats immer wieder scharfe Kritik am Vorstand der Charité und der zurückgetretenen Dekanin Annette Grüters-Kieslich geübt und einen Kahlschlag im Forschungsbereich angeprangert.
Vorwurf: Verdi hat sich vorrangig für die Pflege eingesetzt
Unter der Leitung von Becker habe sich der Gesamtpersonalrat vorzugsweise um ein kleines Spektrum – einen Teil der Krankenversorgung – gekümmert, lautet die Kritik von Berndt. "Dadurch sind viele Dinge liegen geblieben und müssen dringend angepackt werden." Die Arbeitszeitregelungen seien 20 Jahre alt, und zehn Jahre nach der Fusion von Charité und Klinikum Benjamin Franklin existierten an den einzelnen Standorten und zwischen den einzelnen Berufsgruppen noch unterschiedliche Regelungen zur Gleitzeit. Auch Jahresarbeitskonten seien ein Thema, das angepackt werden müsse.
Mitarbeiter in Töchterbetrieben der Charité würden nicht oder schlechter vertreten als Beschäftige in der Privatwirtschaft. "Das darf nicht sein", moniert Berndt. Auch das unter der früheren Wissenschaftsministerin Annette Schavan (CDU) mit großen Vorschusslorbeeren angekündigte Bundesinstitut für Gesundheit (BIG) müsse auf den Prüfstand. "So groß die Ankündigungen, so groß sind jetzt die Probleme", lautet das Zwischenfazit des Personalrats.
Politikwechsel auch in der CFM
Der Politikwechsel im Gesamtpersonalrat ist bereits der zweite Kurswechsel im Bereich der Charité. Im Frühjahr dieses Jahres setzte sich in der 2006 ausgegründeten Charité Facility Managment (CFM) ein Bündnis aus Verdi und der Gewerkschaft kommunaler Landesdienst Berlin (GKL) durch und löste einen Vertreter der Liste "Frischer Wind" an der Spitze des Betriebsrates ab. Diese gilt als sehr arbeitgeberfreundlich, und sie könnte nach verschiedenen Medienberichten sogar mit Unterstützung des Unternehmens gegründet worden sein, was die CFM immer vehement bestritten hat.
Neuer Vorsitzender der Personalvertretung wurde Aaron Williams (GKL). Dem Krankentransporteur wollte die CFM nach angeblich kritischen Äußerungen während einer Betriebsversammlung sogar kündigen. Nach massiven öffentlichen Protesten, Interventionen der Politik und einer Verhandlung vor dem Arbeitsgericht schlossen beide Seiten einen Kompromiss. Die CFM nahm die Kündigung zurück.


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