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MDK-PrüfungenGeheime Deals zwischen Kassen und Kliniken

Rund 2,9 Millionen Krankenhausabrechnungen hat der MDK 2017 geprüft, in mehr als der Hälfte davon fordern die Kassen Geld zurück. In der Debatte um die MDK-Prüfungen stehen sich Kliniken und Kassen unversöhnlich gegenüber. Kliniken erzürnt, dass viele Kassen fast nur noch die Konfrontation suchen und keine Kompromisslösungen anstreben.

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Foto: Pixabay
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Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Titelgeschichte „Außer Kontrolle“ (kma 9/2018) über die MDK-Prüfungen in Krankenhäusern.

Die 2014 eingeführte Prüfverordnung hat ihnen dafür eine Steilvorlage geboten: Sofort nach Vorliegen eines negativen MDK-Gutachtens kann die Kasse den strittigen Betrag einbehalten. Dabei ist es egal, ob sie letztlich Recht hat oder nicht. Krankenhäusern bleibt dann nur der Klageweg, denn es gibt keine Schiedsstelle.

„Aber wegen 250 Euro zieht man nun mal ungern vors Sozialgericht“, sagt Dr. Gerald Gaß, Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Die Zahl der Klagen steigt jährlich, aber auch das kostet Arbeitszeit. „Gerade kleinere Häuser haben nicht die Mittel, um sich ein professionelles Controller-Team zu leisten und es gibt Kollegen, die sagen: Wir können da nicht mithalten. Wir akzeptieren 5 Prozentrechnungskürzung und gut ist“, moniert Gaß.

Link zur Titelgeschichte 9/18 siehe Seite 2

Damit spielt der DKG-Präsident auf ein heikles Thema an: Deals zwischen Kassen und Kliniken an, die es seit Jahren geben soll. Kassen verzichten dabei auf die MDK-Prüfungen, wenn ein Krankenhaus pauschale Rechnungskürzungen hinnimmt. Im August machte ein Prüfbericht des Bundesrechnungshofs Furore, der diese Deals an den Pranger stellte. Allerdings hat die Behörde eine ganz andere Lesart als der DKG-Präsident.

„Im Ergebnis führt dieser Verzicht zu einer systemwidrigen Vergütung der Krankenhausleistungen“, heißt es wörtlich in dem Bericht, aus dem das Handelsblatt zitiert hat. Die Interpretation des Rechnungshofes: Es handelt sich um eine Art Freibrief für Kliniken zur erhöhten Rechnungsstellung (Upcoding). Fest steht: Diese Deals sind eine Missachtung des Prüfauftrags. Außerdem entziehen sich diese Kassen der Diskussion über den derzeit ablaufenden Prüfwahnsinn.

Dialog zwischen Kassen und Kliniken funktioniert nicht

Interessanterweise gibt es in der Prüfordnung von 2014 mit dem Vorverfahren die Möglichkeit eine MDK-Prüfung abzuwenden, indem Kliniken mit den Kassen in Dialog treten. Doch es funktioniert nicht. „Etliche unserer Kunden beteiligen sich kaum oder gar nicht am Vorverfahren, weil der Aufwand in keinem Verhältnis zum Ertrag steht: Die meisten Vorverfahren verhindern die MDK-Prüfung nämlich nicht“, bemerkt Andrea Schlechter vom IT-Unternehmen ID Berlin, dessen Kodiersoftware in vielen Kliniken installiert ist. Ein Klinikkontroller, der namentlich nicht genannt werden will, bezeichnet das Vorverfahren gar als „Hohn“.

Nachdem sich seine Klinik in mehreren Fällen und mit großem Aufwand am Vorverfahren beteiligt hatte, sank die MDK-Prüfquote nicht, sondern „schoss durch die Decke“, weil die Kasse noch mehr prüfte. „Wir hatten die Hoffnung, dass die MDK-Prüfungen durch die Zusammenarbeit weniger würde, doch die Kasse hat das schamlos ausgenutzt.“ Nur in Einzelfällen auf regionaler Ebene, dort wo Kasse und Krankenhaus noch einen einigermaßen freundlichen Umgang pflegen, kommt das Verfahren noch zur Anwendung.

Die Prüfordnung sieht auch ein Nachverfahren vor, doch auch das funktioniert nicht, weil Kassen es häufig nur zulassen, wenn es vorab ein Vorverfahren gab. “Ich habe noch kein Krankenhaus gesehen, das im Nachverfahren erfolgreich war“, bemerkt Schlechter von ID Berlin. „Das Nachverfahren wird von unseren Kunden so gut wie gar nicht genutzt.“

Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Titelgeschichte „Außer Kontrolle“ (kma 9/2018) über die MDK-Prüfungen in Krankenhäusern.

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