
Herr Schaffert, die Klagen von Kliniken über eine vermeintlich ausufernde Prüfpraxis des MDK nehmen zu. Sind die Klagen berechtigt?
Ja. Wir haben in unserem Arbeitskreis Medizincontrolling gerade die aktuelle Entwicklung thematisiert. Die Prüfquoten steigen seit Jahren beständig. Nach jüngsten Zahlen von unseren Mitgliedskliniken liegt die Prüfquote inzwischen bei durchschnittlich 18 bis 22 Prozent und hat sich in den letzten Jahren fast verdoppelt.
Sehen Sie hinter der Ausweitung der Prüfungen eine klare Strategie der Kassen?
Nun, die hohe Anzahl der Prüfungen ist ein gutes Steuerelement für die Kassen, um die Ausgaben für Krankenhausbehandlungen zu begrenzen. Mein Eindruck ist allerdings, dass die Prüfungen nach der Methode erfolgen, wir schütteln mal am Baum und schauen, was runterfällt.
Die Kassen sagen, die steigenden Prüfungen seien halt das Ergebnis fehlerhafter Abrechnungen.
Nein. Aus unserer Sicht ufert die Prüfpraxis des MDK vor allem deswegen aus, weil die Rahmenbedingungen es den Kassen sehr einfach machen, eine Prüfung einzuleiten. Es gibt keine klaren Kriterien, nach denen Prüfungen ausgelöst werden können. Oft läuft es einfach so: Wenn ein Kassenmitarbeiter Potential für eine Rechnungskürzung sieht, wird die Prüfung angeordnet.
Laut MDK ist aber Upcoding ein Problem - deswegen die Prüfung bei Verdacht.
In der Realität geht es häufig um ganz pauschale Fragestellungen bei der Prüfung: Da wird dann gefragt: DRG und Verweildauer richtig? Es wird eben nicht – so wie das Gesetz es fordert - eine substantiierte Einwendung gegen die Abrechnung vorgebracht.
Für die Kliniken sind also die Gründe, warum eine Prüfung eingeleitet wird, oft nicht nachvollziehbar?
Richtig. Und bei jenen Prüfungen, die wir nachvollziehen können, stellen wir in 2/3 der Fälle fest, dass es um die Verweildauer geht. Das ist für uns in vielerlei Hinsicht problematisch: Die Leistung wurde von den Kliniken erbracht - und dann findet die Prüfung allein nach Aktenlage statt. Der MDK begründet jedoch nicht, warum der Patient beispielsweise kürzer hätte liegen müssen. Stattdessen muss das Krankenhaus begründen, warum der Patient so lange hat behandelt werden müssen. Zudem soll das Krankenhaus alles unmittelbar dokumentieren. Aber der Arzt entscheidet im direkten Kontakt mit dem Patienten und auch seinen Angehörigen, wann er den Patienten entlässt. Diese ganzen persönlichen und unmittelbaren Eindrücke lassen sich nicht immer 1:1 dokumentieren.


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