
Die stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende von Vivantes, Josephine Thyrêt, hat ihr Amt verloren. In einer außerordentlichen Sitzung am 30. Oktober wurde einstimmig Giovanni Ammirabile als ihr Nachfolger bestimmt. Er ist dem Berliner Gesundheitsunternehmen seit vielen Jahren im Aufsichts- und Betriebsrat verbunden und Vorstand des SPD-Ortsvereins Reinickendorf West. Zu den Hintergründen für den überraschenden Personalwechsel äußert sich Vivantes auf kma Nachfrage nicht und verweist auf eine reine Gremienentscheidung.
Der Landesverband Berlin vom Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW), dessen Co-Vorsitzende Josephine Thyrêt ist, wird da konkreter. Die Kritik: Thyrêts Abwahl sei politisch motiviert. Es gäbe „keine plausible Begründung“ für die Entscheidung. Ihren Vermutungen zufolge könnte sie „im Zusammenhang mit Thyrêts Haltung gegen den 25-prozentigen Bettenabbau, ihrer Rolle als Initiatorin der Petition „Nein zu Lauterbachs-Krankenhausreform“ mit 80 000 Unterstützern, ihrem Engagement in der Friedensbewegung und ihren Äußerungen gegen die Transformation der Gesundheitsversorgung in ein „kriegstüchtiges“ Gesundheitswesen“ stehen. Der Landesvorstand des BSW Berlin sieht darin eine auffällige Verbindung.
Update 1.11.: Arbeitnehmervertreter widersprechen in allen Punkten
In einer Stellungnahme äußern sich die Arbeitnehmervertreter im Vivantes-Aufsichtsrat der Darstellung des BSW und von Josephine Thyrêt selbst. Darin heißt es, dass die Abwahl weder völlig überraschend noch nicht begründet worden sei. Im Gegenteil. Man habe versucht die Konflikte direkt und im Vorfeld mit ihr zu klären, was leider ohne Ergebnis blieb. Deshalb sah sich das Gremium dazu gezwungen, ihr den stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitz zu entziehen.
Streit entzündete sich konkret über die Art und Weise ihrer Amtsführung. Thyrêt wird von den Arbeitnehmervertretern vorgeworfen, u.a. ihre fehlende Präsenz in den Ausschuss- und Aufsichtsratssitzungen. Versuche, dies persönlich mit ihr zu klären, seien „ins Leere gelaufen“. Die Organisation von gemeinsamen Besprechungen und deren Moderation seien regelmäßig von anderen übernommen worden, was häufig auch für die Kommunikation mit dem Aufsichtsrats-Vorsitzenden galt. Wenn Thyrêt anwesend gewesen sei, hätte ihre Diskussionsteilnahme zu Wünschen übrig gelassen. „Regelmäßig verließ sie die Sitzung früher oder nahm an Sitzungen nur online teil“, heißt es weiter. Die Aufgabe – die Interessen der Beschäftigten gegenüber den Eigentümern von Vivantes zu vertreten – hätte sie zu keinem Zeitpunkt ausreichend erfüllt.
Thyrêts Abwahl stünde nicht im Zusammenhang mit dem „Sanierungskonzept“, der Krankenhausreform oder der Frage der Rückführung der Tochterunternehmen, wie das BSW darstellt. Stattdessen verweigerte Thyrêt eine gemeinsame Diskussion, so die Vivantes-Arbeitnehmervertreter. Sie sei ihrer Rolle als stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende damit inhaltlich nicht gerecht geworden.
Bereits seit Sommer sei versucht worden mit Thyrêt ins Gespräch zu kommen. Die Arbeitnehmervertreterinnen im Aufsichtsrat hätten sie bereits Ende September zum Rücktritt als Aufsichtsratvorsitzende aufgefordert, inkl. schriftlicher Begründung. Man hätte ihr die Möglichkeit geben wollen, „gesichtswahrend zurückzutreten“. Über die „Presseoffensive zu ihrer Abwahl“ herrsche Irritation, da hier ein „innerbetrieblicher Konflikt zur parteipolitischen Profilierung genutzt wird“.





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