Ein kma-Gespräch mit Diana Lohmann,Geschäftsführerin des Herzzentrums Leipzig (Helios).
Die langen Haare von Diana Lohmann leuchten auffallend rot, doch der große Auftritt ist nicht ihre Sache. Wer die 37-Jährige an ihrem Arbeitsplatz besucht, ist schnell angenehm überrascht. Die Klinikchefin drängt sich nicht in den Mittelpunkt und reißt das Gespräch nicht an sich. Lieber hört die gebürtige Chemnitzerin erst einmal aufmerksam zu. Dass unter der ruhigen Oberfläche aber viele Ideen brodeln, wird klar, wenn man ihren schnellen Schritten durch das Herzzentrum folgt: Da zeigt sie zielgerichtet auf ein, zwei Dinge, die sie im Eingangsbereich ändern möchte, da fällt ihr eine automatische Tür auf, die unbedingt repariert werden müsste. Diana Lohmann will was bewirken, das wird schnell klar.
Frau Lohmann, Sie sind in Chemnitz geboren. Hat die Nähe zu Ihrer Heimatstadt die Entscheidung begünstigt, Geschäftsführerin im Herzzentrum Leipzig zu werden?
Nein, das Herzzentrum hat mich als Klinik gereizt. Es ist eines der renommiertesten Häuser weltweit, was die Herzmedizin betrifft. Es arbeiten hier wirklich herausragende Personen, die alle einen hervorragenden Ruf auf ihrem Gebiet haben. Das ist spannend und ich kann dankbar sein, mit ihnen zusammenarbeiten zu dürfen, gemeinsam mit ihnen etwas zu bewegen. Das Besondere am Herzzentrum ist ja, dass es über einen Kooperationsvertrag Teil der Universität Leipzig ist. Forschung und Lehre spielen eine wesentliche Rolle. Das Thema Wissenschaft ist für mich Neuland. Somit kann ich hier jeden Tag viel lernen.
Warum haben Sie sich für einen Beruf im Gesundheitswesen entschieden?
Ich bin ehrlich gesagt durch Zufall in das Gesundheitswesen gekommen. Nach meinem Abitur 1996 wusste ich zunächst nicht, was ich studieren sollte. BWL haben damals fast alle studiert, und so kam es, dass ich mich in Zwickau an der Fachhochschule für den Studiengang "Management für Betriebe mit öffentlichen Aufgaben” mit den Schwerpunkten Gesundheitswesen, Finanzierung und Informatik entschieden habe. Ich hatte einen tollen Professor, Ulrich Lochmann, der leider verstorben ist. Er hatte die Gabe, alle seine Vorlesungen interessant und lebendig zu gestalten. So entdeckte ich meine Begeisterung für das Gesundheitswesen, woran sich bis heute nichts geändert hat.
Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit?
Zunächst: Ich bin gut strukturiert, ich liebe erstens, zweitens, drittens oder auch eine Excel-Tabelle. Die Arbeit mit Zahlen ist etwas sehr Konkretes, das macht mir Spaß. Aber das ist nur eine Seite. Geschäftsführerin einer Klinik zu sein, bedeutet zuerst: Der Mensch steht im Mittelpunkt, der Patient wie auch der Angehörige mit seinen Ängsten, Nöten und Freuden. Diese Einzelschicksale sind es, die mich immer wieder bewegen, mich erden und mir auch ein Stück Demut vermittelt haben.
Hatten Sie im Laufe Ihrer Karriere mit Vorurteilen zu kämpfen, weil Sie eine junge Frau sind?
Das ist am Anfang so gewesen, als ich zum ersten Mal in Cuxhaven Geschäftsführerin war. Da bin ich schon ein bisschen kritisch beäugt worden. 28 und Frau – schafft die das? Ich habe das als Herausforderung gesehen, nicht als Problem. Mir lag die Klinik mit allen Mitarbeitern von Anfang an am Herzen. Wir haben zusammen gearbeitet, diskutiert, abgewogen, aber am Ende des Tages auch miteinander gelacht. Es war ein Miteinander. Wenn es so funktioniert, ist es egal, ob du ein 60-jähriger Mann oder eine 37-jährige Frau bist.
Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?
Stillstand ist das Schlimmste, was es für mich gibt. Schnelle Entscheidungen zu treffen bin ich gewohnt. Es ist mir lieber, mal eine Entscheidung zu treffen, die falsch ist, als gar keine Entscheidung zu treffen. Man kann ja eine Entscheidung im Zweifel wieder korrigieren. Das erwarte ich auch von meinen Mitarbeitern. Ich möchte sie dahingehend führen, selber tätig zu sein und eigenverantwortlich zu entscheiden. Ich glaube, dass das der Schlüssel dafür ist, dass die Arbeit auch Spaß macht. Mir macht es Spaß, wenn ich etwas gestalten kann, wenn ich selber das Gefühl habe, dass ich etwas verändern kann. Diese Möglichkeit möchte ich meinen Mitarbeitern gerne geben. Ich nehme mich selber nicht zu wichtig, lege keinen Wert auf hierarchische Strukturen. Aber wenn mir etwas zu lange dauert, hake ich schon mal nach. Am Ende des Tages muss man auch vorwärtskommen.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?
Ein typischer Tag beginnt gegen 7.15 Uhr. Bis acht Uhr ist in meinem Büro eine Art Tag der offenen Tür. Alle Mitarbeiter wissen, dass sie in dieser Zeit einfach kommen können. Egal, ob sie ein Problem haben, eine Idee oder nur eine Frage. Wir reden darüber. Viele kommen auch mit persönlichen Sachen. Zum Beispiel, wenn jemand eine Freistellung für zwei Monate braucht, zur Pflege seiner Angehörigen. Um acht beginnen in der Regel die Termine. Diese dauern bis zum späten Nachmittag. Dann habe ich Bürozeit, lese E-Mails, mache Postmappen, überlege strategisch. Wobei ich am besten beim Autofahren nachdenken kann, denn bis nach Hause brauche ich etwa 50 Minuten.
Holen Sie sich Rat bei älteren Mitarbeitern?
Aber ja, eine Vertrauensperson, ein Sparringspartner ist ganz wichtig für mich. Das Schöne ist, dass dies bei Helios einfach wunderbar funktioniert. Das Netzwerk ist riesig, man kann sich gut austauschen.
Wie entwickeln Sie Ihre Ideen?
Gut zuzuhören ist für mich die Basis. Dadurch kann ich die verschiedenen Puzzleteile, die ich aus Gesprächen mitnehme, zusammensetzen und eine Strategie fürs Haus entwickeln. Ich glaube, in meinem Job muss man die Menschen mögen, auf sie zugehen können. Ab und zu mache ich hier im Herzzentrum auch mal eine Nachtschicht auf Station mit – einfach, um zu sehen, wie die Abläufe dort sind. Wichtig ist mir, dass ich die Einrichtung wirklich in ihrer Tiefe kenne und die Philosophie des Hauses verstehe. Jedes Krankenhaus hat eine eigene Kultur, die man erst verstehen muss, bevor man etwas bewegen kann. Dafür muss ich so nahe wie möglich an den Mitarbeitern dran zu sein. Das versuche ich.
Sie tragen viel Verantwortung im Berufsleben. Wie entspannen Sie privat?
Wenn ich abends nach Hause komme, dann ist Familienzeit. Da spiele ich mit meinem Sohn ein Spiel, gehe mit ihm in den Tierpark oder mache manchmal mit ihm ein Picknick am Stausee. Am Wochenende sind wir viel unterwegs, setzen uns etwa Freitagabend ins Auto und fahren an die Ostsee. Das ist meine Erholungsphase.
Und haben Sie sonst Hobbys?
Ich mache das, was mein Sohn gerne macht. Das ist herrlich. Ich kann den Quatsch machen, den man sich in meinem Alter sonst nicht mehr traut (lacht).
Zur Person
Diana Lohmann ist seit August 2014 Geschäftsführerin des Helios Herzzentrums in Leipzig. Nach ihrem Studium an der Westsächsischen Hochschule Zwickau und einem Trainee-Programm bei Helios blieb sie dem privaten Klinikträger in unterschiedlichen Positionen bis heute treu. 2006 war sie Assistentin des Regionalgeschäftsführers der Region Nord in Schwerin. Ein Jahr später wurde sie Geschäftsführerin des Seehospitals Sahlenburg in Cuxhaven. 2008 zog es sie in gleicher Position ins Klinikum Aue. Diana Lohmann wohnt inzwischen mit ihrer Familie wieder in ihrer Geburtsstadt Chemnitz und pendelt täglich nach Leipzig.
Das Interview ist in der aktuellen Ausgabe der kma erschienen.


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