Wir wollen es gerne wie in einem À-la-carte-Restaurant halten: Wenn der Befragte zum Fisch lieber Spätzle statt Kartoffeln möchte, dann soll er das auch bekommen können”, sagt Diana Schommer, Serviceleiterin am Stuttgarter Robert-Bosch Krankenhaus. Diesen Serviceanspruch hat die Klinik konsequent umgesetzt. Statt Pflegekräften das Servieren zu überlassen, wird in dem 660-Betten-Haus ein neues Servicekonzept verfolgt: Seit knapp vier Jahren nehmen Menüassistenten die Essenswünsche der Patienten auf, das Servieren der Speisen übernehmen spezielle Servicehelfer. Seitdem bewerten die Patienten dort den Essensservice mit Bestnoten.
Das Plus an Service
Solche Menüassistenten gibt es heute in vielen Kliniken. „Derzeit greifen mehr als 30 Prozent der Krankenhäuser auf in- oder externe Servicehelfer zurück”, schätzt Franz-Josef Richter, Geschäftsführer des Dienstleisters Bilfinger Ahr Careservices. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. „Dieses Angebot schätzen die Patienten, sie sind zufrieden und das fördert den Heilungsprozess. Und: Es spricht sich herum. Im Zuge des Wettbewerbs der Krankenhäuser spielt das eine wichtige Rolle”, erklärt Ernst Sandmann, Geschäftsführer von Schubert Speisenversorgung, dem Catering-Unternehmen des Dienstleisters Wisag. Neben dem Plus an Service entlasten die Servicekräfte auch die Arbeit des Pflegepersonals im Krankenhaus, das aufgrund des Drucks zur Prozessoptimierung immer mehr Aufgaben zu übernehmen hat: denn so kann es sich besser auf die Pflege der Patienten konzentrieren.
Keine Jobkiller
Diesen Trend haben auch Dienstleister längst erkannt. Viele Catering-Unternehmen bieten Kliniken heute an, den Dienst rund um die Patientenverpflegung durch ihre eigenen Mitarbeiter zu leisten. Laut Martin Bürger, Vorsitzender Geschäftsführer von Bilfinger Ahr, war sein Unternehmen vor rund zwölf Jahren das erste, das deutschen Krankenhäusern die Dienste externer Servicekräfte angeboten hat. Die Idee, die Bürger und sein Geschäftsführungskollege Franz-Josef Richter aus Skandinavien mitgebracht hatten, stieß bei den Pflegekräften zunächst auf große Vorbehalte. „Kaum einer wollte damals Nicht-Pflegekräfte in die Nähe von Patienten lassen. Viele Krankenschwestern haben unsere Servicekräfte damals auch als Jobkiller bezeichnet, sie befürchteten, dass sie ihnen die Arbeit wegnehmen würden”, erinnert sich Richter.
Saubere Aufgabentrennung entkräftet Vorurteile
Diese Befürchtungen haben sich heute weitestgehend zerstreut. Das liegt auch daran, dass die Dienstleister sehr großen Wert darauf legen, die Aufgaben ihrer Menüservice-Kräfte im Krankenhaus vorab klar zu definieren und strickt von denen des Pflegepersonals abzugrenzen. So ist ihr Tätigkeitsfeld auf den Stationen auf die Aufnahme der Essenswünsche und das Servieren beschränkt. „Eine klare Aufgabendefinition der Leistungsinhalte und auch der Schnittstellen ist hier ganz wichtig. Gerade darüber konnten und können wir auch der Pflege deutlich machen: da kommt jetzt nicht der Jobkiller”, so Richter. Meist nehmen sie die Bestellung der Patienten mit einem PDA auf, der die Daten direkt an die klinikeigene oder externe Küche weitergibt. Auch Rückmeldungen und Verbesserungswünsche können sie so schnell an die richtige Stelle vermitteln. „Unser Servicepersonal kann sich zu 100 Prozent auf diese Tätigkeit fokussieren”, ergänzt Carsten Bick, Vorsitzender Geschäftsführer von Medirest, einem Tochterunternehmen der Compass-Group Deutschland.
Es landet weniger Essen im Müll
Durch die saubere Trennung ergeben sich Vorteile, die auch Klinikbetreiber zu schätzen wissen. Laut der aktuellen Studie von Lünendonk zur Speisenversorgung im Gesundheitswesen sehen Krankenhäuser in verworfenem Essen die Hauptursache für hohe Verköstigungskosten. Durch den kurzen Draht zur Küche können Menüassistenten solche Mehrkosten verhindern und schnell auf die Bedürfnisse der Patienten eingehen. Nebenbei steigert das auch die Zufriedenheit, denn so müssen Patienten sich nicht schon am Vortag oder gar am Anfang der Woche entscheiden, was sie essen wollen, sondern können ihre Menüwünsche am selben Tag äußern.
Richtiges Auftreten ist Pflicht
Auch der Umgang mit Patienten wird bei externen Dienstleistern groß geschrieben. Viele haben eigens dafür Schulungsprogramme entwickelt, die für Menüassistenten vorgesehen sind. Oft stammen die Servicehelfer aus dem Klinikumfeld und sind ehemalige Pflegekräfte. Auch Fachkräfte aus der Gastronomie werden gern genommen. Vor ihrem Einsatz im Krankenhaus müssen sie in eigenen Schulungsakademien allerdings speziell vorbereitet werden. Neben Personalhygiene, Diätetik, Arbeitssicherheit und dem Umgang mit Reklamationen wird hier auch das rücksichtsvolle, höfliche und wertschätzende Auftreten im Krankenhausumfeld vermittelt. „Man kann nicht jemanden, der vorher im Hotelfach tätig war, auf die Station schicken. Der wird dort verlieren. Patienten sind krank, sie haben Ängste und Sorgen, man muss sie also anders ansprechen und sich anders vorbereiten als in einem Hotel”, erklärt Matthias Hofmann, Geschäftsfeldleiter Catering des Dienstleistungsunternehmens KDS. Sein Unternehmen vermittelt dieses Wissen über den richtigen Umgang mit Patienten sogar durch Experten der Schulungsakademie des Touristikkonzerns Tui.
Dass immer mehr Kliniken auf solche Servicekräfte setzen, verdeutlicht die Verpflegungsstudie des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI). Demnach überließen im Jahr 2013 rund 66 Prozent den Service rund um das Essen den Pflegekräften – im Jahr 2009 waren es noch 83 Prozent. In Zukunft wird sich der Trend zu Servicehelfern fortsetzen, schätzt Martin Bürger von Bilfinger Ahr: „Angesichts der demografischen Entwicklung und des Pflegenotstands haben Kliniken schon heute Schwierigkeiten, genügend Pflegekräfte zu finden. Allein deshalb wird in Zukunft die faktische Notwendigkeit gegeben sein, auf die Unterstützung von Servicepersonal zurückgreifen zu müssen.”


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