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UKGMDrohungen gegen Ärzte und Pfleger

Wegen heftiger Anfeindungen gegenüber Ärzten und Pflegepersonal will das Uniklinikum in Gießen (UKGM) einen schwer herzkranken und hirngeschädigten türkischen Jungen in ein anderes Krankenhaus verlegen. Es werde nach einem Transplantationszentrum im Ausland gesucht, das den 21 Monate alten Jungen aufnimmt, sagte Klinikumssprecher Frank Steibli am Donnerstag.

"Wir bedauern diese Entwicklung sehr, die nicht von uns zu verantworten ist", sagte der Ärztliche Direktor Werner Seeger.  "Für uns heißt das nun, das Kind in ein anderes Transplantationszentrum oder nach Istanbul zurück zu verlegen", sagte Seeger. Laut UKGM hätten jedoch alle großen Transplantationszentren in Deutschland und jene in Wien und Rotterdam bereits abgelehnt, Muhammet Eren D. aufzunehmen. Nur das entsendende Krankenhaus aus Istanbul sei bereit, das Kind wieder zurück zu nehmen und die Kunstherzbehandlung fortzusetzen.

Streit um Schwere des Hirnschadens
Das Kind war zu einer Herztransplantation nach Gießen gebracht worden. Kurz vor dem Transport aus der Türkei Ende März erlitt es einen Kreislaufstillstand und dadurch einen nach Einschätzung der Gießener Ärzte irreversible Hirnschaden. Offenbar gibt es aber durchaus unterschiedliche Auffassungen unter Fachmedizinern und Juristen darüber, wie in einem solchen Fall korrekt zu verfahren sei. Beim UKGM sieht man sich an das Transplantationsgesetz und die Richtlinien der Bundesärztekammer zur Aufnahme in den Warteliste für eine Herztransplantation gebunden. Danach kommt eine Transplantation nicht in Frage, wenn "eine schwerwiegende
Erkrankung eines anderen Organs vorliegt, welche den langfristigen Erfolg der Transplantation in Frage stellt". so das Uniklinikum.

Streit unter Experten
Die Onlineausgabe der "Südeutschen Zeitung" zitiert dagegen Fachmediziner und Medizinjuristen, die durchaus anerer Auffassung sind. Hans Lilie, Vorsitzender der Ständigen Kommission Organtransplantation (Stäko) bei der Bundesärztekammer, mahnte in der SZ an, nicht stur nach Richtlinien, sondern nach dem konkretem Einzelfall zu entscheiden. Auch Björn Nashan, Präsident der Deutschen Transplantationsgesellschaft und Chirurg am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, teilt die Einschätzung der Gießener Kollegen nicht in seiner Klinik würden Kindern mit Hirnschädigung durchaus Organe transplantiert bekommen, teilte er dem Blatt mit. "In der Regel entscheiden wir uns gemeinsam mit den Pädiatern für die Durchführung des Eingriffes mit dem Hinweis auf die ,erstaunliche' Erholungsfähigkeit des kindlichen Hirns."

Ärzte auf Facebook unter Beschuss
Der Fall des kleinen Eren führt seit Wochen zu erregten Debatten in sozialen Netzwerken, was auch direkte Auswirkungen auf die Ärzte und Pfleger am UKGM hat.Laut Klinksprecher Steibli würden Klinikmitarbeiter von Fürsprechern der Eltern verbal und körperlich bedrängt und bedroht. Das Klinikum habe deshalb einen Sicherheitsdienst beauftragt. Die Klinik verwahrrt sich auch entschieden gegen heftige Angriffe auf einer Facebookseite, wo den UKGM-Ärzten unter anderem "Ethischer Mord" vorgeworfen werden würde. "Das sei völlig inakzeptabel", so die Klinik.

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