Die Qualität der Behandlung können Patienten in der Regel nicht beurteilen. Was sie aber beurteilen können ist das Essen, die Qualität des Reinigungspersonals und die Servicequalität”, so Martin Bürger, Vorsitzender Geschäftsführer des Cateringdienstleisters Bilfinger Ahr. Kliniken sind deshalb gut beraten, ihren Kunden möglichst hochwertige Menüs zu servieren.
Vegetarische Kost ist Pflichtprogramm
Das gilt auch für das vegetarische Angebot. „Vor 20 Jahren bestand das vegetarische Menü im Krankenhaus in der Regel nur aus den Beilagen des Fleischgerichts – das Highlight war da einmal pro Woche ein sogenannter Gemüsebratling ”, erinnert sich ein ehemaliger Zivildienstleistender. Heute sieht das anders aus. Gerade die Caterer lassen sich viel einfallen, um den anspruchsvollen Klinikkunden zufrieden zu stellen. „Aus der Zeit der Gemüsebratlinge sind wir raus. Grundsätzlich gehört eine hochwertige und abwechslungsreiche vegetarische Küche für Klinikcaterer zum Pflichtprogramm. Wir können das heute genauso vollwertig, nahrhaft und lecker gestalten wie ein Fleischgericht”, sagt Michaela Mehls, Pressesprecherin der Dussmann Group. Die Zahl der überzeugten Vegetarier nimmt stetig zu. Ihr Anteil an der Bevölkerung hat sich nach Angaben des Bundesernährungsministeriums verdreifacht – von einem Prozent im Jahr 2007 auf drei Prozent im Jahr 2015. Der Vegetarierbund Deutschland (VEBU) schätzt den Anteil der Vegetarier heute auf ganze 7,8 Millionen.
20 Menüs auf der Speisekarte
In Krankenhäusern ist die Nachfrage allerdings stets abhängig von ihrem Patientenklientel, und das ist in der Regel älter als der Durchschnitt. „Die ältere Generation 60-Plus ist den aktuellen Foodtrends gegenüber erhaben. Hier werden hauptsächlich Gerichte nach ihrer Essbiografie nachgefragt”, so Rico Heber, Leiter Care-Catering des Dienstleisters Klüh. Obwohl vegetarische Gerichte heute zum Standardprogramm gehören, verzeichnen die Menüdienstleister deshalb nicht überall eine stark erhöhte Nachfrage. Dennoch gibt es Kliniken, die Interesse an einer größeren vegetarischen Auswahl haben. Zu ihnen zählen neben Häusern mit vielen jüngeren Patienten auch jene in Großstädten – hier gibt es offenbar nicht nur mehr ältere Patienten, die sich vegetarisch ernähren, sondern auch einen höheren Anteil an Migranten, die diese Angebote zu schätzen wissen. Die Essensangebote für Privatpatienten sind ebenfalls anspruchsvoller. „Es gibt Kliniken, in denen wir bis zu 20 verschiedene Menüs auf den Speisekarten haben”, berichtet Michaela Mehls von Dussmann.
Veganer auf dem Vormarsch
Neben der fleischlosen Ernährung gibt es heute einen weiteren Trend, den die Caterer im Auge haben – jene Menschen, die nicht nur auf Fleisch, sondern auf jegliche tierische Erzeugnisse (also auch Milch und Eier) verzichten. Der VEBU schätzt die Zahl der Veganer mittlerweile auf rund 900.000 (1,1 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren). Viele Anbieter ergänzen ihre Menülinien daher auch mit veganen Gerichten oder haben Aktionstage wie den „Vegie-Day” im Programm. „Das ist aber eher ein Trend für Betriebsrestaurants oder Business- und Industrieküchen, da gibt es von uns sogar eine eigene vegane Menülinie”, so Mehls. Bei Krankenhäusern sei die Nachfrage dagegen eher verhalten und beschränke sich meist auf das Personal.
Vorreiter Schön Klinik
Das könnte sich aber schnell ändern, denn einen Vorreiter gibt es bereits. So bietet die Schön Klinik in Hamburg Eilbek als bundesweit erstes Krankenhaus seit Juni 2015 neben den regulären Menüs sogar ein veganes Zusatzangebot an. „Die meisten Kliniken bieten da nur Schwarzbrot, Tomate und Gurke. Und da habe ich gesagt: das machen wir anders. Wir haben für diese Patienten eine Frühstückskarte, ein Abendangebot und fünf bis sechs Gerichte für das vegane Mittagessen”, berichtet Ingo Jäger, Abteilungsleiter Catering und Service der Schön Klinik in Eilbek. Der gelernte Koch und Konditor arbeitet für Bilfinger Ahr, ist Veganer und hat die Menülinie selbst kreiert. Über positive Rückmeldungen kann er sich nicht beklagen: „Abgesehen von unseren begeisterten Patienten nimmt das auch die vegane Szene sehr positiv war. Außerdem sind wir damit auf Facebook in aller Munde.” Für Jäger ist Vegan längst kein Trend mehr, sondern bereits in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Schließlich sei auch die Ernährungsindustrie längst zur Massenproduktion übergegangen. „Die machen so etwas nicht, weil die glauben dass das gerade ein Trend ist, sondern rüsten ihre Maschinen dafür langfristig um. So etwas macht man nur, wenn man mit einer großen Nachfrage rechnet.”
Dennoch sind Kliniken laut Caterern in Sachen vegetarisch und vegan derzeit noch zurückhaltend. Dabei ist die Nachfrage längst nicht nur auf jene Hardliner beschränkt. Laut dem Meinungsforschungsinstitut Forsa essen ganze 52 Prozent der Deutschen an drei oder mehr Tagen pro Woche kein Fleisch. Ingo Jäger rät den Kliniken deshalb, es doch einfach mal zu versuchen: „Die Krankenhäuser können hier im Prinzip nur einen Zugewinn erleben, wenn sie merken, dass da ein gewisses Klientel vorhanden ist.”


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