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Geburtstag40 Jahre Hilfe - Ärzte ohne Grenzen an allen Fronten

Sie helfen bei Krisen, Kriegen und Katastrophen, warnen vor Aids und Malaria, protestieren gegen moralisch bedenkliche Pharma-Praktiken oder organisieren Impf-Kampagnen.

Sie setzen dabei oft selbstlos ihr Leben aufs Spiel und sind genauso oft Trendsetter: Die Helfer der humanitären Organisation Ärzte ohne Grenzen. Unter ihrem französischen Namen "Medécins sans frontières" (MSF) wurden sie vor 40 Jahren, am 21. Dezember 1971, von einem Dutzend Idealisten in Paris gegründet. Der schreckliche Biafra-Krieg in Nigeria mit seinen Grausamkeiten und die Hungersnot in Bangladesch hatte sie geprägt.

Ärzte und Journalisten fanden sich zusammen, um neue Wege bei der Hilfe zu beschreiten - darunter der spätere französische Außenminister Bernard Kouchner. Engagiert gegen Gleichgültigkeit, Schweigen und Vergessen fingen sie damals mit bescheidenen Mitteln an - heute hat sich ihr Projekt längst zu einem internationalen Netzwerk mit 19 Sektionen ausgeweitet. Die deutsche Sektion folgte 1993.

Das Jahresbudget finanziert sich noch immer vor allem aus privaten Spenden. "40 Jahre - und noch immer unabhängig", lautet denn auch die Überschrift einer Festschrift, die MSF stolz als "größte medizinisch-humanitäre Organisation" der Welt bezeichnet. Fast schon verwundert heißt es in der Rückschau: "Die wichtigste von MSF eingebrachte Neuerung war erstaunlicherweise die medizinische Behandlung."

"Wir sind heute in rund 70 Ländern mit unserer Organisation präsent", sagt in Paris MSF-Pressesprecher Samuel Hanryon. Zum Feiern bleibt kaum Zeit, sagt er - dafür gibt es aber immerhin ein Buch, das in Frankreich herausgekommen ist. Es ist nicht nur als Eigenlob konzipiert, sondern soll auch ethische Probleme im Umgang mit Ländern wie Somalia, Pakistan, Sudan, Jemen oder Staaten mit Unrechtsregimen thematisieren. Das Feilschen um Kompromisse zugunsten einer effizienten Hilfe wird oft zur Gratwanderung angesichts der einzig möglichen Alternative: nichts zu tun.

Neutral sein, aber engagiert als Sprachrohr der Menschen in Not tätig werden, lautete die Maxime von Haiti bis Ruanda, von Somalia bis Japan. Unter oft chaotischen, häufig schwierigen - mitunter auch lebensgefährlichen Rahmenbedingungen helfen MSF-Mitarbeiter da, wo die Not am größten ist. Doch Gewalt und politische Konflikte erschweren zunehmend den Zugang zu den Bedürftigen. Aus Sorge vor Mord, Entführung oder anderen Gewalttaten setzt "Ärzte ohne Grenzen" heute vor allem auf Mitarbeiter aus der Region. Andere kommen als Freiwillige und opfern mitunter ihren Jahresurlaub, um zu helfen.

Die Organisation scheut sich auch nicht, Missstände anzuprangern und sich dabei in Widerspruch zu Konzernen oder Regierungen zu setzen. In Südafrika etwa war die Organisation Vorreiter als die Regierung noch zauderte, den großen Massen dahin siechender Aids-Patienten lebensverlängernde antiretrovirale Medikamente kostenlos zu verteilen. Sie ergriff die Initiative und machte vor, was die Regierung später aufgriff. 1999 brachte ihnen ihre humanitäre Pionierarbeit den Friedensnobelpreis ein. Es war einer der Höhepunkte in der Geschichte der Organisation, als der damalige MSF-Präsident James Orbinski den Preis für die "Ärzte ohne Grenzen" entgegen nahm.

Trendsetter war die Organisation auch auf einem anderen Feld: als Namensgeber. Sie inspirierte "grenzenlose" Nachahmer-Organisationen zuhauf. Von den Patienten ohne Grenzen bis hin zu Reportern, Clowns, Ingenieuren, Bikern, Apothekern, Unternehmern, Tierärzten und Musikern reicht nur ein kleiner Ausschnitt der Organisationen, die sich im Titel alle über jegliche Grenzen erhaben sehen.

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