Es sind alarmierende Zahlen: Bis zum Jahr 2030 könnten nach Berechnungen der Weltgesundheitsorganisation 21,4 Millionen Menschen an Krebs erkranken. Der Bedarf an besseren Medikamenten ist enorm. Für die Pharmabranche ein Riesengeschäft, Milliarden von Dollar stehen auf dem Spiel. Doch Experten zweifeln, ob all die neuen Mittel halten, was sie versprechen. Hoffnung macht ein Wirktstoff, der bei der weltgrößten Krebsforscher-Tagung Asco vom 31. Mai bis zum 4. Juni im Fokus stehen wird.
Roche hat ein heißes Eisen im Feuer
Mit dem Wirkstoff GA 101 (Obinutuzumab) hat der Pharmakonzern Roche nämlich ein ganz heißes Eisen im Feuer. Olaf Tölke, Leiter des Pharmateams bei der Ratingagentur Standard & Poor's in Europa, traut dem Mittel gegen Blutkrebs Blockbuster-Potenzial zu. Darunter wird in der Branche ein Medikament mit einem jährlichen Umsatz von 1 Milliarde Dollar und mehr verstanden. Der Schweizer Konzern will GA 101 als Nachfolgeprodukt zu seinem umsatzstärksten Krebsmittel Mabthera etablieren, das im Vorjahr einen Erlös von 6,7 Milliarden Franken (5,3 Mrd Euro) eingebracht hat. Die US-Gesundheitsbehörde FDA bescheinigte GA 101 bereits den Status eines Therapiedurchbruchs. In den USA und Europa hat Roche die Marktzulassung beantragt. Die französische Großbank Societe Generale hat das Kursziel für Roche schon von 246 auf 301 Franken angehoben.
Krebsmittel sind der Umsatzrenner
Genau deshalb setzen immer mehr Pharmakonzerne auf dieses Geschäft. Krebsmedikamente könnten sich nach Daten des Branchendienstes EvaluatePharma bereits 2014 zum größten Umsatzbringer der rund 750 Milliarden-Dollar-schweren Pharmabranche entwickeln. Die Gründe dafür liegen für Experte Tölke auf der Hand: "Erstens steigt die Zahl der Krebserkrankungen nicht nur in den entwickelten, sondern auch in den Schwellenländern deutlich an. Und zweitens fallen für die Behandlung hohe Kosten an." Die Zahlen sprechen für sich. Mehr als 450.000 Menschen erkranken in Deutschland nach Angaben des Krebsforschungszentrums in Heidelberg jedes Jahr an Krebs.
Das Interesse an Neuentwicklungen im Kampf gegen Krebs ist enorm: Mehr als 30.000 Experten werden zur Jahrestagung der "American Society of Clinical Oncology" (Asco) in Chicago erwartet. Deutsche Branchengrößen wie Bayer , Boehringer Ingelheim oder auch Merck KGaA nutzen das Schaulaufen, um Investoren und Analysten einen Einblick in die Arbeit ihrer Forschungslabore zu geben.
Deutschland muss in der Nutzenbewertung deutlich nachbessern
Doch es gibt auch kritische Stimmen - vor allem, was die Preise angeht. So kostet die Jahrestherapie mit manchen Krebsmedikamenten bereits mehr als 80.000 Euro. Mediziner Ludwig fordert daher umfassendere Reformen etwa für neue, sehr teure Krebsmittel: "Wir bräuchten eine richtige Nutzenbewertung nach zwei, drei Jahren aufgrund unabhängiger Studien und den dann vorliegenden Erfahrungen." Die meisten "zielgerichteten" Krebsmedikamente hätten derzeit nur eine geringe Wirksamkeit. "Deshalb halte ich die Preise schlicht für obszön und je geringer die Wirksamkeit eines Medikaments ist, desto mehr wird von den Firmen ins Marketing investiert."


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