Der ehemalige Chefanästhesist des Klinikums Ludwigshafen hat bei zahlreichen klinischen Studien und wissenschaftlichen Arbeiten gegen die Vorschriften verstoßen. Wie die Landesärztekammer Rheinland-Pfalz am Freitag in Ludwigshafen erklärte, hat der Mediziner bei 90 von 105 überprüften Publikationen nicht die vorgeschriebene Zustimmung einer Ethikkommission eingeholt.
Vertreter der Kammer und des Klinikums sprachen von einem einzigartigen Fall. "In solch einem Ausmaß haben wir das noch nicht erlebt", sagte eine Kammersprecherin.
Die Ärztekammer treibt ein berufsrechtliches Verfahren gegen den Mediziner voran, dem am Ende im schlimmsten Fall eine hohe Geldstrafe drohen könnte. Durch die fehlende Zustimmung der Ethikkommission habe der Mann in 68 Fällen gegen das Arzneimittelgesetz verstoßen, in 22 Fällen gegen ärztliches Berufsrecht. Die betroffenen Studien und Arbeiten aus den Jahren 1999 bis 2010 werden zurückgezogen.
Unterdessen dauert die Untersuchung an, ob der Arzt auch mehr als eine Studie inhaltlich gefälscht oder gar komplett erfunden hat. Eine Kommission des Klinikums war im November zu dem Schluss gekommen, dass eine Medikamentenstudie von dem Arzt gefälscht worden war.
In der Studie hatte dieser angeblich die Wirkung von zwei Blutplasmaexpandern verglichen, die bei Herzoperationen in einer Herz-Lungen-Maschine zum Einsatz kommen. Die Kommission hatte keine Belege gefunden, dass die Studie durchgeführt worden war. Unterschriften von Co-Autoren soll der Beschuldigte gefälscht haben. In Gang gekommen waren die Überprüfungen, weil der Herausgeber einer Fachzeitschrift die Ergebnisse der Studie nach Hinweisen von Lesern bezweifelt hatte.
Das Klinikum hatte sich nach Bekanntwerden der Vorwürfe von dem Arzt getrennt und die Untersuchung weiterer Studien in Auftrag gegeben. Die Verantwortlichen des Krankenhauses betonten erneut, dass nichts darauf hindeute, dass durch die Verstöße des Mediziners Patienten zu Schaden gekommen sein könnten. Die Staatsanwaltschaft in Frankenthal ermittelt gegen den Mann unter anderem wegen möglicher Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz und Urkundenfälschung.


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