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Ein Modellprojekt beweistDer Antibiotikaverbrauch lässt sich in Kliniken gezielt senken

Die Besorgnis wächst: In den Kliniken tauchen vermehrt Bakterien auf, gegen die kein „Kraut” gewachsen ist. Der häufige Einsatz von Breitspektrum-Antibiotika fordert seinen Preis: Er geht einher mit der Bildung von multiresistenten Bakterien, die in Krankenhäusern einen guten Nährboden finden und kritisch Kranke gefährden können.

Eine wichtige Strategie, dieses Problem in den Griff zu bekommen, ist der gezieltere und intelligente Einsatz von Antibiotika – auch mit dem Begriff „Antibiotic Stewardship” (ABS) bezeichnet. Am Universitätsklinikum Freiburg konnten Wissenschaftler in einem Pilotprojekt zeigen, dass sich diese Strategie erfolgreich umsetzen lässt.

"Dieses Ziel in der Inneren Medizin (300 Betten) einer insgesamt 1600-Betten umfassenden Universitätsklinik zu erreichen, war eine Herausforderung", gibt Kern zu. Denn gerade in Universitätskliniken liegen Patienten mit schweren Erkrankungen und hohen Risiken, die nicht selten den Einsatz breit wirksamer Antibiotika notwendig machen. Das Antibiotic-Stewardship-Programm in Freiburg zielte darauf ab, den Verbrauch von Cephalosporinen und Fluorchinolonen zu reduzieren, während der Einsatz von Penicillinderivaten befürwortet wurde. "Penicillinderivate sind erfahrungsgemäß weniger riskant für die Bildung der aktuell Besorgnis erregenden resistenten Erreger in Kliniken", erklärt der Studienleiter.

Das intensive ABS-Programm setzte auf Information, Schulung und Rückmeldung des Antibiotikaverbrauchs. Die internen Leitlinien wurden überarbeitet, Ärzte wurden geschult. Mit intensivierten Visiten, Konsilen und Besprechungen wurde sichergestellt, dass nicht nur die Botschaft ankam: "Gebt mehr Penicilline, gebt weniger Cephalosporine und Fluorochinolone", sondern auch, dass individuell eine optimale Therapie durchgeführt wurde. Parallel dazu wurde der Verbrauch an Antibiotika sowohl im Vorfeld analysiert als auch während der Studie dokumentiert. Die Daten wurden in bestimmten Abständen statistisch so aufbereitet, dass Trends sichtbar wurden und mittels Zeitreihenanalysen gesichert werden konnten. Als Kontrolle dienten mehrere Abteilungen des Klinikums, auf denen das ABS-Intensivprogramm nicht durchgeführt wurde.

"Die Daten zeigten eindrucksvoll, dass das Programm nicht nur machbar, sondern auch sehr erfolgreich war", freut sich Kern. Der Verbrauch der Cephalosporine und Fluorochinolone konnte um mehr als 30 Prozent gesenkt werden. Gleichzeitig stieg zwar der Verbrauch von Penicillinen an, das Pro-gramm führte jedoch zusätzlich zu Nettoeinsparungen, und zwar bezüglich Antibiotika-Gesamtverbrauch als Menge und auch Kosten. "Wir sehen in dieser Studie ein proof of concept; das Modell sollte – wenn es an einer Klinik der Maximalversorgung funktioniert – auch auf andere Kliniken übertragbar sein", ist Winfried Kern überzeugt. Erste Auswertungen zeigen auch einen positiven Einfluss auf resistente Erreger. Im Rahmen des DZIF wird Kern weitere Antibiotic-Stewardship-Programme umsetzen. Bereits im Sommer startet in Berlin parallel dazu ein Programm, mit dem der Antibiotikaverbrauch in Arztpraxen reduziert werden soll.

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