
"Ich frage mich, ob wir wirklich bis zum 29. Dezember brauchen, um in Europa eine Zulassung des Impfstoffs zu erreichen. Europa sollte auch versuchen, schon vorher eine Notfallzulassung zu schaffen", sagte DKG-Präsident Gerald Gaß dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Dienstag). "Dann könnten wir noch vor Weihnachten mit mobilen Teams in die Pflegeheime gehen und die Bewohner dort impfen."
Auch die FDP drängte zuletzt auf eine schnellere Zulassung. "Es kann nicht sein, dass ein in Deutschland entwickelter Impfstoff erst im Januar zugelassen und verimpft werden kann", sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP im Bundestag, Christine Aschenberg-Dugnus. Der Impfstoff der Unternehmen Pfizer und Biontech ist bereits in Großbritannien, Kanada und den USA mit einer Notzulassung auf dem Markt.
Bedingte Zulassung, und zwar europäisch
Gesundheitsminister Jens Spahn hatte sich bereits mehrmals gegen eine Notfallzulassung für Deutschland ausgesprochen. Man habe sich von Anfang an für eine ordentliche Zulassung auf europäischer Ebene entschieden, sagte der CDU-Politiker am Montagabend im ZDF-"heute journal". "Das ist wichtig fürs Vertrauen aus meiner Sicht." Er wundere sich über manche auch sehr nationale Töne dieser Tage - man habe entschieden, es europäisch gemeinsam zu machen.
Impfungen gegen Covid-19 sollen in Deutschland laut Spahn noch im Dezember beginnen. Er nannte allerdings kein konkretes Datum. "Ich bin mir sehr sicher, bei einer Not-Zulassung würde manche Debatte sicherlich darüber geführt: Ist da genug geprüft worden, wurde da tief genug hineingegangen in die Daten? Wir tun alles dafür, dass noch im Dezember losgehen kann mit dem Impfen", sagte der Gesundheitsminister am Montag im "Polittalk aus der Hauptstadt".
Zulassungsverfahren kaum zu beschleunigen
Am Montag hatte die Europäische Arzneimittel-Behörde EMA deutlich gemacht, dass das Zulassungsverfahren für einen Corona-Impfstoff kaum zu beschleunigen ist. Spätestens am 29. Dezember werde das Gutachten des Expertenausschusses vorliegen, erklärte die Direktorin der EMA, Emer Cooke, am Montag in Amsterdam. "Wir arbeiten rund um die Uhr für die Zulassung des ersten Covid-19-Impfstoffes". Die Fristen würden allerdings im Laufe des Prüfverfahrens "ständig neu bewertet".
SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, dass auch hierzulande eine Notzulassung rechtlich möglich sei. Sie sei aber "nicht vorbereitet worden, weil man mit der Verzögerung der Zulassung auf europäischer Ebene einfach nicht rechnen konnte." Für eine Notzulassung in Deutschland sei es zu spät, fügte Lauterbach hinzu. Sie "würde jetzt länger dauern, als das Ende der Zulassung auf EU-Ebene abzuwarten."
Bundesregierung habe erkennbar Fehler gemacht
Zu den neuen Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus sagte Spahn im "Polittalk" am Montag, es gehe immer um das Abwägen zwischen Schaden für die Gesundheit und Schaden für die Wirtschaft:
"Wir haben uns für einen sehr starken Gesundheitsschutz entschieden. Das könnte man auch anders gewichten. Aber wir haben uns mit großer Mehrheit dafür entschieden. Gleichzeitig müssen wir schauen, wie wir diesen Schaden tragen und ertragen können. In so einer Schicksalssituation, die über die Menschheit gekommen ist, alle schadenfrei zu halten, das kann nicht gelingen."
Grünen-Chef Robert Habeck sagte im "Polittalk", er erwarte eine Entschuldigung der Politik für Fehlentscheidungen:
"Es sind ja Fehler erkennbar gemacht worden, sonst wären wir jetzt nicht in dieser Situation. Ob das etwas mit Schuld zu tun hat, das würde ich nicht sagen. Rückblickend hätten Bundesregierung und Ministerpräsidenten an der ein oder anderen Stelle anders entscheiden können. Das sollte aber auch gesagt werden. Ich glaube, die Bereitschaft, in den nächsten Lockdown zu gehen, wäre noch größer, wenn man das zugeben würde."





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