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MedizinGroßes Interesse für seltene Krankheiten

Seltene Krankheiten werden von Ärzten oft erst zu spät erkannt. Die meisten Patienten haben eine regelrechte Odyssee hinter sich, bis irgendwann ein Arzt die Krankheit diagnostiziert.

Über die Schwierigkeiten bei der Diagnose solcher Erkrankungen haben sich am Freitag in Hannover mehr als 100 Ärzte, Selbsthilfegruppen, Forscher und Patienten ausgetauscht. Das Netzwerk Orphanet zählt bislang etwa 5500 seltene Krankheiten, darunter Immundefekte, Stoffwechsel- oder Nervenerkrankungen, Muskelschwund oder auch Intersexualität. Als selten gilt eine Krankheit, die bei weniger als 5 von 10 000 Menschen auftritt.

Marion Lesny war fast 50, als ein Orthopäde sie wegen Atembeschwerden vor zweieinhalb Jahren zur Kernspintomographie schickte. Die Ärzte röntgten ihre Halswirbelsäule und entdeckten dabei ein elf Zentimeter großes Loch in ihrem Rückenmark. Die Diagnose: Syringomyelie. Bei der Krankheit mit dem fast unaussprechbaren Namen bildet sich im Kanal der Wirbelsäule ein Hohlraum, der sich mit Flüssigkeit füllt und dort die Substanz verdrängt. "Lapidar ausgedrückt: Mein Rückenmark löst sich auf", sagt Marion Lesny.

Das Ironische an der Diagnose: Ihre Mutter litt bereits seit Jahren an derselben Krankheit, Hinweise von Marion Lesny auf eine mögliche Syringomyelie nahmen die Ärzte trotzdem nicht ernst. "Die dachten wohl, die Frau hat einen Knall", sagt sie. Zu selten ist die Krankheit, zu wenig wissen auch Fachleute von ihren Symptomen. "Noch dazu sind die Auswirkungen nicht bei jedem gleich", erzählt die 52- Jährige. Sie selbst litt jahrelang unter Taubheitsgefühlen, Migräne, Sprachstörungen und einer extremen Hitze-Unempfindlichkeit: Zweimal verbrannte sie sich unter der Dusche regelrecht die Haut, weil sie die Temperatur nicht richtig einschätzen konnte. Heute kann sie mit Hilfe von Schmerzmitteln und Rheumamedikamenten sogar wieder arbeiten gehen - wirklich heilbar ist die Krankheit jedoch nicht.

Wie viele Menschen in Deutschland an Syringomyelie erkrankt sind, lässt sich nicht genau sagen. Laut Elena Schäfer vom Selbsthilfeverband der Krankheit gibt es dazu keine genauen Statistiken. "Wir gehen außerdem von einer sehr hohen Dunkelziffer aus", sagt sie. Insgesamt leiden in Deutschland nach Angaben der "Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen" rund 4 Millionen Menschen an einer seltenen Krankheit. Europaweit zählt Orphanet sogar 25 Millionen Menschen - und jeden Tag werden mindestens zwei neue Krankheiten entdeckt.

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