Aus Protest gegen geplante Honorargrenzen erwägen die Hausärzte Praxisschließungen in mehreren Bundesländern. "Das ist eine der Maßnahmen, die wir diskutieren", sagte der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. Über solche drastischen Schritte müssten die Ärzte aber in den einzelnen Regionen selbst entscheiden. Beschlüsse für flächendeckende Praxisschließungen gebe es nicht.
Zunächst wollen die Mediziner mit Plakaten protestieren und Patienten einzelner Praxen umgehend an Fachärzte und Kliniken weiterüberweisen, so der Verband. Am Ende der möglichen Eskalationsstrategie könnten die Hausärzte einer Region ihre Kassenzulassung zurückgeben, so dass Patienten die Behandlung zunächst nicht mehr von ihrer Kasse erstattet bekommen. Nach einem Bericht der "Berliner Zeitung" signalisierten bei einem Treffen in Köln nahezu alle Landesverbände, entsprechende Vorbereitungen zu treffen.
Die Mediziner sind empört über das Vorhaben der Koalition, dass künftige Hausarztverträge zwischen dem Verband und Kassen nicht mit einem höheren Honorarplus als bei den Ärzten insgesamt einhergehen sollen. Die Koalition verspricht sich davon im kommenden Jahr Einsparungen von 500 Millionen Euro. Die Kassen hatten vor Mehrkosten von 1,5 Milliarden Euro gewarnt, wenn Hausarztverträge wie jene von den AOKs in Bayern und Baden-Württemberg bundesweit kämen.
Weigeldt zeigte sich tief enttäuscht von Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP). "Das kann man so nicht akzeptieren." Andernfalls wären die Hausärzte willkürlichen Honorarbedingungen ausgeliefert und müssten mit immer stärkerem Nachwuchsmangel rechnen. Weigeldt verwies auf den Koalitionsvertrag. Dort war lediglich eine Überprüfung der Hausarztverträge nach drei Jahren vorgesehen.
Die Hausärzte sollen die Patienten auf Basis dieser Verträge eingehender versorgen. Für Versicherte ist es freiwillig, ob sie sich einschreiben und dann jeweils zuerst zum Allgemeinmediziner gehen. Seit dem vergangenen Jahr wurden nach Angaben des Verbands 300 Verträge abgeschlossen, 500 Schiedsverfahren stünden vor dem Abschluss. Insgesamt seien 1600 Abschlüsse angepeilt. Weigeldt sieht die Verträge durch den Gesundheitskompromiss nun vor dem Aus: "Unter dem Vorwand des Sparens soll ein ungeliebtes Projekt beendet werden."
Gesundheitsstaatssekretärin Annette Widmann-Mauz (CDU) sicherte den Hausärzten zu: "Wir wollen ihre Grundlage und die medizinische Versorgung sichern." Es müsse aber gerecht zugehen, sagte sie der dpa. "Nur weil Kassen verpflichtet sind, Hausarztverträge abzuschließen, kann es nicht sein, dass Hausärzte besser honoriert werden, sobald sich Versicherte einschreiben."
Die FDP-Expertin Ulrike Flach betonte, die Verträge blieben gesetzlich verankert. "Die Koalition ist sich gleichwohl darin einig, dass sich die Vergütung für die hausärztliche Versorgung in Zukunft am Niveau der normalen ärztlichen Versorgung orientieren soll." Rückendeckung für die Ärzte kam vom SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach. Er warf Rösler Wortbruch vor, weil diese Verträge nun geschliffen werden sollten. "Das ist ein sicherer Weg, den Ärztemangel zu verschärfen."


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