Immer mehr HIV-infizierte Frauen in sozialer Notlage bitten die Deutsche Aids-Stiftung um materielle Hilfe. Der Frauenanteil unter den Antragstellern sei von rund 30 Prozent in 2008 auf fast 45 Prozent im vergangenen Jahr gestiegen, sagte der Geschäftsführer der Stiftung, Ulrich Heide, am Donnerstag bei der Vorstellung des Jahresberichts in Düsseldorf. Insgesamt suchten im vergangenen Jahr 1085 Frauen Hilfe bei der Stiftung. Weit mehr als die Hälfte seien Mütter mit Kindern, hieß es. Zumeist seien sie alleinerziehend und hätten oft einen Migrationshintergrund. 2010 habe die Stiftung über 1000 Kinder unterstützt, davon seien mehr als 100 mit dem HI-Virus infiziert.
Damit nehmen inzwischen fast so viele Frauen wie Männer die Hilfe der Aids-Stiftung in Anspruch, obwohl der Frauenanteil an allen in Deutschland lebenden HIV-positiven Menschen nur bei knapp 19 Prozent liegt. Zwar habe sich die gesundheitliche Situation für die rund 70 000 HIV-Infizierten und Aidskranken in Deutschland verbessert, aber wegen der jahrelangen Medikamenteneinnahme, den Nebenwirkungen und Begleiterkrankungen könnten viele nicht mehr arbeiten und seien auf staatliche Unterstützung angewiesen, sagte Heide.
Aufgrund der Kürzung der Sozialleistungen können sich viele Infizierte nicht einmal Seh- oder Hörhilfen, Haushaltsgeräte und Bekleidung leisten. Zudem werden die Betroffenen wegen der höheren Lebenserwartung immer älter. Ein Schwerpunkt der Hilfen liege inzwischen beim betreuten Wohnen und dem Aufbau von Wohnprojekten, sagte Heide. Waren in den 90er Jahren nur ein Prozent der Antragsteller älter als 50 Jahre, sind es inzwischen 17 Prozent.
Nach einem starken Spendenrückgang in 2010 sind die Einnahmen der Stiftung im ersten Halbjahr 2011 wieder gestiegen. "Wir werden die Hilfen im Inland etwas ausweiten können", sagte Vorstandschef Christoph Uleer. Vergangenes Jahr waren die Einnahmen der Stiftung aus Spenden und Zuwendungen im Vergleich zu 2009 um mehr als 750 000 Euro auf gut zwei Millionen Euro geschrumpft. Die Stiftung konnte daher nur noch in den härtesten Notfällen helfen. Die Ausgaben überschritten dabei die Einnahmen.
In diesem Jahr haben eine Erbschaft von 320.000 Euro, eine Kunstauktion mit 325.000 Euro Erlös und die Erhöhung der Zuwendungen der privaten Krankenkassen der Stiftung Luft verschafft. Die Einnahmen würden 2011 insgesamt die Drei-Millionen-Marke übersteigen, sagte Uleer.
Zwar hat sich in Deutschland die Zahl der mit HIV oder Aids lebenden Menschen seit den 90er-Jahren verdoppelt. Die öffentliche Aufmerksamkeit und die Spendenbereitschaft hätten aber nachgelassen. Einer der Gründe sei, dass Aids inzwischen als behandelbar gelte. Die Immunschwäche ist aber nach wie vor unheilbar. Die Zahl der HIV-Neuinfektionen in Deutschland lag 2010 bei rund 3.000, etwa 550 HIV-Infizierte starben.


Derzeit sind noch keine Kommentare vorhanden. Schreiben Sie den ersten Kommentar!
Jetzt einloggen