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RichtertagJuristen fordern einheitliche Qualifikation für Medizin-Gutachter

Medizinrecht ist ein Schwerpunktthema des Richter- und Staatsanwalttag. In Weimar geht es auch um das Steuerstrafrecht, das zuletzt durch den Fall Hoeneß in den Blickpunkt gerückt war.

Ärztliche Gutachten in Strafprozessen können Gerichtsentscheidungen gravierend beeinflussen. Mit der Qualifikation der Gutachter befasst sich der am Mittwoch in Weimar beginnende deutsche Richter- und Staatsanwalttag. Im dpa-Interview fordert der Verbandsvorsitzende Christoph Frank gesetzliche Mindeststandards.

Der Fall des jahrelang gegen seinen Willen in der Psychiatrie eingesperrten Nürnbergers Gustl Mollath hat gezeigt, welche Rolle medizinische Gutachten bei richterlichen Entscheidung spielen können. Wie häufig ziehen Gerichte in Strafverfahren zur Urteilsfindung ärztliche Expertisen heran?
Wir schätzen, dass das bei mehr als der Hälfte der Strafverfahren wegen schwerer Verbrechen wie Mord, Totschlag, Sexualstraftaten oder schwerer Gewaltdelikte der Fall sein dürfte.

Welche Erkenntnisse erhoffen sich Gerichte von medizinischen Gutachten?
Gutachter sind mit ihrem Spezialwissen und ihren Erfahrungen wichtige Gehilfen bei der rechtlichen Beurteilung durch Staatsanwaltschaften und Gerichte. Sehr häufig geht es um die Feststellung der Schuldfähigkeit und die Einschätzung, ob ein Angeklagter in der Lage ist, seine Handlungen zu steuern. Auch zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Angeklagten kann die Einschätzung durch Gutachter nötig sein.

Wer bestimmt eigentlich, wer Gutachter wird?
Gutachter werden durch das Gericht im einzelnen Verfahren ausgewählt. Für gewisse Arten von Gutachten sind Sachverständige öffentlich bestellt, wofür bei medizinischen Sachverhalten die Landesärztekammern oder Landespsychotherapeutenkammern zuständig sind.

Auch bei den Ärztekammern herrscht Föderalismus. Heißt das, dass jede Kammer unterschiedliche Standards für die Berechtigung von Medizinern zur Tätigkeit als Gerichtsgutachter hat?
In der Tat gibt es keine bundesweit einheitlichen Mindeststandards, was aus Sicht des Richterbundes sehr unbefriedigend ist. Manche Kammern knüpfen die Bestellung von Sachverständigen an bestimmte Fortbildungsnachweise, andere nicht. Deshalb hat der Deutsche Richterbund die Politik dazu aufgefordert, gesetzliche Mindeststandards für die Beurteilung der Qualifikation von Sachverständigen zu schaffen. Dies ist dringend erforderlich, um sicher zu stellen, dass die Brauchbarkeit eines Gutachtens nicht schon an der Qualifikation des Sachverständigen scheitert. So würde auch den Richtern eine gewisse Sicherheit für ihre Auswahl geboten.

ZUR PERSON
Christoph Frank arbeitet als Oberstaatsanwalt in Freiburg. Im Präsidium des Richterbundes ist er neben Leitungsaufgaben auch zuständig für Grundsatzangelegenheiten und die Beziehungen zu Institutionen und Verbänden.

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