Fehler und Probleme in Kliniken und Arztpraxen können alle Patienten treffen. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) veröffentlicht an diesem Dienstag neue Ergebnisse zu dem heiklen Thema. Trotz Verbesserungen in den vergangenen Jahren sei noch viel zu tun, sagt AOK-Vorstand Uwe Deh im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa.
Zehntausende beschweren sich jedes Jahr über ihre Ärzte - gibt es denn keine Fortschritte bei der Sicherheit der Patienten?
Doch. In den vergangenen fast zehn Jahren hat sich eine ganze Menge bewegt. Entscheidend war, dass sich 2005 Vertreter der Ärzte, Krankenkassen und Patienten im Aktionsbündnis Patientensicherheit zusammengetan und gesagt haben: Wir können mehr tun, als Behandlungsfehler zu verschweigen. Die Mauer des Schweigens ist niedriger geworden. Es gibt auch weniger Berührungsängste etwa in den Kliniken, Fehler in anonymen Meldesystemen zu melden.
Was hat sich außerdem noch konkret verbessert?
Das Aktionsbündnis hat zum Beispiel mit seiner "Aktion Saubere Hände" erreicht, dass in vielen Krankenhäusern die Hygiene-Standards besser eingehalten werden. Ärzte und Pfleger waschen sich mehr die Hände. In vielen Häusern ist die Infektionsrate gesunken. Und viele Kliniken haben Checklisten vor einer Operation eingeführt. Das Team macht dann ein Timeout und prüft wie bei Piloten, ob alles gut vorbereitet ist. Aber es muss noch mehr geschehen. Für Betroffene ist ein Fehler oft ein Schicksalsschlag. So gut wir und der MDK dann auch helfen können, insgesamt sollte die Zahl der Behandlungsfehler rückläufig sein.
Wo sehen Sie die größten Risiken?
Das Risiko ist immer dann groß, wenn eine Behandlung komplex ist und es viele Beteiligte gibt. Auch laufen die Bemühungen von Ärzten und Pflegekräften ins Leere, wenn sie auf schlechte Rahmenbedingungen treffen. Offensichtlich können nicht mehr alle Krankenhäuser garantieren, dass ausschließlich aus medizinischen Gründen operiert wird. Das Risiko für die Patienten steigt, wenn Kliniken mangels Erfahrung in einzelnen Bereichen suboptimale Ergebnisse erzielen. Und bei hochriskanten Medizinprodukten wie Implantaten in den Blutgefäßen oder zum Gelenk-Ersatz brauchen wir endlich Studien, die Nutzen und Sicherheit zeigen.
In drei Wochen starten Bund und Länder nun Verhandlungen über eine Klinikreform. Abteilungen mit schlechter Qualität sollen geschlossen werden können. Auch die Bezahlung soll sich stärker am Behandlungserfolg ausrichten. Glauben Sie, dass die Politik nach jahrelangem Zuschauen wirklich Ernst macht?
Welche Konstellation, wenn nicht eine große Koalition, dazu noch mit einem zumindest nicht gegen die Mehrheit im Bund stehenden Bundesrat, soll das Thema angehen? Alle wissen, dass der Kliniksektor zu wenig am Bedarf und am Effekt für die Patienten orientiert ist. Wir müssen einen großen Schritt wagen - es geht um gute Strukturen für die nächsten Jahrzehnte.


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