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ZukunftsmedizinMinihände und schlaue Kaffeetasse

Hochauflösende Flachbildschirme, feinste Messgeräte oder Mini-Roboter: Manche Operationssäle in Deutschlands Kliniken gleichen heutzutage einem High-Tech-Labor.

Innovationen und deren Nutzen spielen auch auf dem Bundeskongress der Medizinstudenten am Wochenende (19. - 21. November) in Münster eine große Rolle. Im dpa-Interview erläutert Prof. Tim Christian Lüth von der Technischen Universität in München die Zukunft der Medizintechnik. Der Professor für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik glaubt nicht, dass Roboter bald Ärzte ersetzen. Eine Kaffeetasse, die weiß, ob ihr Besitzer genug trinkt, kann sich der Wissenschaftler aber gut vorstellen.

Wie sieht die moderne Medizintechnik von heute aus?

Prof. Lüth: "In den letzten 20 Jahren hat sich viel getan. Wir können heute viel besser, schneller, genauer und weniger verletzend für die Patienten extrem hoch auflösende Bilder des Körpers erzeugen. Außerdem können wir den Stoffwechsel überwachen. Dadurch kann man Tumore gut erkennen, weil diese viel Energie benötigen, um zu wachsen. Auch in der Instrumententechnik gibt es Fortschritte: Chirurgen können heute wie bei der Navigation in einem Auto sehen, wo sich ihre Instrumente im Körper des Patienten befinden. Mit Robotern kann man zudem feiner operieren. Es gibt etwa Minihände, die der Arzt durch kleine Öffnungen in den Körper stecken und von außen bewegen kann."

Macht die fortschreitende Technisierung den Arzt bald überflüssig?

Prof. Lüth: "Die Technik ist dazu da, den behandelnden Arzt zu unterstützen und Komplikationen und Risiken für den Patienten zu vermeiden. Ich bin fest davon überzeugt, dass das noch 100 Jahre so bleibt. Ein Roboter, der operieren kann, ist nicht automatisch besser als ein Arzt, der operiert. Außerdem ist nicht immer alles, was geht, auch gleichzeitig nützlich. Jedes Mal wenn wir eine Maschine haben, die noch kleinere Anomalien entdeckt, gibt es eine noch größere Patientengruppe, die untersucht werden muss. Dadurch werden wir alle in Zahlen unterteilt, und der eigentliche Gedanke des Heilens tritt in den Hintergrund."

Welche medizinischen Innovationen könnten den Menschen in Zukunft helfen?

Prof. Lüth: "Wir bauen gerade Geräte, mit deren Hilfe ältere Menschen möglichst lange selbstständig zu Hause leben können. Dazu gehören Kleidungsstücke oder Alltagsgegenstände vom Schlüsselbund bis hin zur Kaffeetasse. Man kann damit sehen, ob sich jemand weniger bewegt, nicht mehr zur Toilette geht, nicht mehr trinkt, sehr lange vor dem Fernseher sitzt oder das Haus nicht mehr verlässt. Damit soll aber niemand überwacht werden. Wir legen Wert darauf, dass die Daten niemandem zugänglich sind außer den Betroffenen. Das Ziel ist es, die Menschen im Alltag zu unterstützen."

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