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PIDNationalakademie für Gentests an Embryonen

Gentests an Embryonen: Vor der anstehenden Entscheidung ohne Fraktionszwang erhalten die Befürworter nun Unterstützung von der Wissenschaft.

Vor einem Bundestagsbeschluss über Gentests an Embryonen aus dem Reagenzglas erhalten die Befürworter Unterstützung von der Wissenschaft. Die Nationalakademie Leopoldina und weitere Wissenschaftsakademien sprechen sich für eine begrenzte Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID) aus. Die PID-Fürsprecher fühlen sich bestätigt.

Betroffen seien vor allem Paare, die bereits ein schwer krankes Kind pflegen müssten oder eine Totgeburt erlebt hätten, sagte Leopoldina-Präsidiumsmitglied Hans-Peter Zenner am Dienstag in Berlin. "Die begrenzte Anwendung der PID könnte eine (...) Versorgungslücke schließen", sagte der Embryologe Henning Beier. Der von PID-Gegnern befürchtete Dammbruch hin zu "Designer-Babys" sei nicht zu erwarten. Die Zahl solcher PID-Untersuchungen wird von den Akademien auf nicht mehr als einige hundert pro Jahr beziffert.

Im Bundestag wird in diesem Jahr ohne Fraktionszwang entschieden, ob die PID verboten, in sehr engen Grenzen oder weiteren Grenzen zugelassen wird. Während unter anderem Kanzlerin Angela Merkel (CDU) für ein Verbot ist, tritt die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Ulrike Flach neben anderen für den weitestgehenden Antrag pro PID ein. "Im Ergebnis sind wir mit dem Flach-Entwurf zusammenzubringen", sagte die Medizinethikerin Bettina Schöne-Seifert.

Die Experten argumentieren, dass ohne PID mehr Frauen pränatale Diagnostik (PND) machen ließen. "Das deutsche Recht erlaubt der Frau bereits in zahlreichen Fällen, sich gegen das Überleben eines Embryos zu entscheiden." Mit der PID ließen sich Schwangerschaftsabbrüche bei geschädigten oder erblich belasteten Embryonen stark vermindern. "Die Alternative ist: Sie (die Frau) wird schwanger, bekommt entweder ein behindertes Kind oder lässt die Untersuchung nach PND durchführen und treibt ab", sagte der Leopoldina-Rechtswissenschaftler Rüdiger Wolfrum.

Gestärkt würde mit einer PID-Zulassung die freie Entscheidung der Frau, Kinder zu bekommen oder auch nicht. "Letztlich würde ein Gesetzgebungsverfahren, das diesem Wunsch den Vorrang einräumt, unserer ganzen Konstruktion (des Rechts) und dem Menschenbild entsprechen", sagte Wolfrum. "Es geht hier darum, eine Gewissensentscheidung der Frau zu ermöglichen", warb Zenner.

Erarbeitet hatten die Stellungnahme die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften Acatech und die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.

Eine Zulassung der PID müsse daran geknüpft werden, dass Embryonen nicht geschädigt werden. Heute gibt es entsprechende Techniken, sagte Zenner. Kinderwunsch der Eltern dürfe das einzige Motiv für eine solche Untersuchung sein. Paare müssten ein medizinisch hohes Risiko haben, dass ihre Nachkommen an einem genetisch bedingten Leiden wie geistige Behinderung oder schwere Muskelschwäche leiden. Das werdende Kind dürfe keinesfalls auf Wunschanlagen oder Geschlecht geprüft werden.

Zentral sei auch, dass eine Sachverständigen-Stelle die Richtlinien zur Durchführung der PID erlässt. Jeder Einzelfall müsse auf Antrag hin befürwortet oder abgelehnt werden. Die Untersuchung selbst dürfe nur in wenigen Einrichtungen und nach umfassender Beratung der Eltern durchgeführt werden.

Beier sagte, nach einer Zulassung der umstrittenen Methode dürfte der heutige PID-Tourismus versiegen. "Allein in einem belgischen Zentrum werden jährlich 100 PID-Untersuchungen von deutschen Paaren verlangt."

Die FDP-Politikerin Flach zeigte sich sehr erfreut. "Auch wir wollen keine "Wunschkinder", sondern orientieren uns an schweren, genetisch bedingten Krankheiten, die zum Tod oder zu einer Fehlgeburt führen würden." Mit einem Verbot der PID würde man der Frau ein Verbot des Wissens um eine mögliche Erkrankung des Embryos auferlegen.

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