Georg Thieme Verlag KGGeorg Thieme Verlag KG
Georg Thieme Verlag KGGeorg Thieme Verlag KG

Kampf den BakterienRKI beobachtet Anstieg von Superkeimen

Das am Robert-Koch-Institut (RKI) angesiedelte ARS-Projekt (Antibiotika Resistenz Surveillance) sammelt seit 2008 Daten von fast 500 Krankenhäusern und 7.000 Arztpraxen. Laut der Auswertung für 2014 geht die Resistenzrate bei einem der häufigsten multiresistenten Erreger, dem MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus), in Deutschland stetig zurück.

Bei anderen "Superkeimen" wie den ESBL (Beta-Lactamase produzierende Enterobakterien) gibt es dagegen einen leichten, aber stetigen Anstieg, wie Tim Eckmanns vom RKI sagt. Die Gründe dafür sind noch weitgehend unklar. ESBL leben im Magen-Darm-Trakt und produzieren Enzyme, die sie gegen die meisten Antibiotika-Klassen resistent machen. Neben MRSA lösen ESBL die schwersten Fälle von bakteriellen Infektionen in Krankenhäusern aus. "Eventuell gelangen diese Keime über die Nahrung in den menschlichen Körper", sagt Eckmanns. Die Resistenzrate bei VRE (Vancomycin-resistente Enterokokken) bleibt hingegen seit einigen Jahren mit Schwankungen auf ähnlichem Niveau, das jedoch über dem europäischem Durchschnitt liegt.

Wie kommen die Erreger in die Klinik?
In deutschen Krankenhäusern werden inzwischen viele internationale Patienten behandelt, die Keime aus anderen Ländern mitbringen. Auch Reisende schleppen Keime ein. Und viele Menschen tragen resistente Erreger ohnehin in sich oder auf der Haut, ohne jemals krank davon zu werden. Etwa sechs Prozent der Normalbevölkerung tragen sogenannte ESBL-bildende Enterobakterien im Darm. Diese bilden Enzyme, die viele Antibiotika wirkungslos machen. Und etwa ein Prozent der Bevölkerung trägt den bekannten Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) auf Haut oder Schleimhäuten. Auch der Mangel an neuen Antibiotika ist ein gravierendes Problem. Die Pharmaindustrie hat sich aus der Entwicklung weitgehend zurückgezogen, weil andere Medikamente viel höhere Gewinnmargen versprechen. Der Resistenz-Experte Michael Kresken von der Campus Hochschule Bonn-Rhein-Sieg schlägt daher vor, Antibiotika künstlich teuer zu halten wie etwa bei der Buchpreisbindung.

Uniklinik Erlangen setzt auf risikobasiertes Screening
Antibiotika-Resistenzen müssen also aus vielen Richtungen gleichzeitig bekämpft werden - und zwar dringend. Eine essenzielle Rolle spielt eine gute Hygiene in Krankenhäusern - etwa das häufige Desinfizieren der Hände. Entscheidend sei hier, wie ernst die Klinik-Leitung das Thema nehme, sagt Christian Bogdan, Leiter des Mikrobiologischen Instituts der Uniklinik Erlangen. Er gibt jedoch zu, dass in manchen Häusern noch viel Unwissen bei dem Thema herrscht.

Viele meist große Häuser wie die Erlanger Klinik setzen inzwischen auf ein sogenanntes risikobasiertes Screening. Gefährdete Patienten wie etwa Menschen mit wiederholten Krankenhausaufenthalten, nicht heilenden offenen Wunden oder aus Ländern mit hohen Resistenzraten werden bei ihrer Aufnahme auf bestimmte multiresistente Erreger überprüft. Ein Screening bei allen rund 60.000 stationären Aufnahmen im Jahr sei angesichts der hohen Kosten und des Aufwands nicht machbar, sagt Bogdan - und auch nicht nötig: "90 Prozent der Fälle entdeckt man durch das risikobasierte Screening."

Die Niederlande gelten als Vorreiter beim Thema Resistenzen. Dort beschäftigt zum Beispiel jedes Krankenhaus hauptamtliche Hygieniker. In Deutschland ist das nicht so.

Sortierung
  • Derzeit sind noch keine Kommentare vorhanden. Schreiben Sie den ersten Kommentar!

    Jetzt einloggen