Das Modell belaste ausschließlich mittlere Einkommen, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD- Bundestagsfraktion, Karl Lauterbach, am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa. Die Vorsitzende des Bundestags- Gesundheitsausschusses, Carola Reimann (SPD), sprach von einem "Armutszeugnis".
Die Überlegungen des CDU-Gesundheitsexperten Jens Spahn zielen darauf, den schon jetzt möglichen Zusatzbeitrag bis zu einem Einkommen von brutto 1400 Euro monatlich bei einem Prozent des Einkommens zu belassen. Bis zur sogenannten Beitragsbemessungsgrenze von 3750 Euro solle der Satz dann schrittweise auf 2,5 Prozent steigen. Für Gutverdiener stiege die Belastung damit von bisher höchstens 37,50 Euro auf 93,75 Euro. Dies soll helfen, das sich für 2011 abzechnende Rekorddefizit der Kassen von elf Milliarden Euro mit auszugleichen.
Lauterbach sprach von einem "reinen Verzweiflungsvorschlag". Durch ihn würden "gerade mittlere Einkommen zu Melkkühen gemacht". Er kritisierte: "Statt Steuersenkung bekommen diese Einkommensgruppen eine Beitragserhöhung von bis zu über 90 Euro im Monat." Für Geringverdiener und Besserverdiener über der Beitragsbemessungsgrenze ändere sich dagegen nichts. "Wenn die Union das durchwinkt, ist das eine beispiellose Wählertäuschung. Das grenzt an politischen Selbstmord."
Reimann sagte der dpa, mit diesem Konzept sollten die Versicherten das Defizit "ganz alleine zahlen. Das ist keine Solidarität. Und es ist bürokratischer Wahnsinn, weil jeder sein Einkommen nachweisen muss." Letztlich sei es ein Programm für die Privatkassen, weil Gutverdiener aus der gesetzlichen Krankenversicherung abwandern dürften. "Der GKV droht großer Schaden." Auch eine gestaffelte Kopfpauschale habe "mit Sozialausgleich nichts zu tun".
Die Partei- und Fraktionsspitzen von Union und FDP beraten an diesem Donnerstagnachmittag selbst über das Gesundheitssparprogramm, nachdem sich die Fachleute der Koalition bislang nicht einigen konnten. Anschließend berät erneut die Expertengruppe. Schon für Freitag ist das nächste Treffen der Koalitionsspitzen im Kanzleramt geplant. Es geht nach dem Willen der Regierung um ein Konzept aus Einsparungen und Zusatzbelastungen für die Versicherten.
Nach einer Studie des Rheilnisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) könnten die gesetzlichen Kassen durch bessere Effizienz jährlich 1,4 Milliarden Euro an Verwaltungskosten einsparen. Statt derzeit 10,5 Milliarden Euro müssten die Kassen nur 9,1 Milliarden Euro für Verwaltung ausgeben, geht aus der Studie hervor. Sie wurde im Auftrag der Betriebskrankenkasse BIG direkt gesund erstellt.


Derzeit sind noch keine Kommentare vorhanden. Schreiben Sie den ersten Kommentar!
Jetzt einloggen