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ReportTeure Spezialpräparate sind Ausgabentreiber

Hochpreisige Spezialmedikamente gegen Krebs, Rheuma und Multiple Sklerose werden immer mehr zum Ausgabentreiber Nummer eins bei den Krankenkassen.

Der neue oberste Pharma-Prüfer, Jürgen Windeler, sieht im Gesundheitssystem ein Einsparpotenzial im zweistelligen Milliardenbereich. Von den neu eingeführten, besonders teuren Präparaten seien rund 40 Prozent ohne zusätzlichen Nutzen, sagte der Bremer Gesundheitsforscher Gerd Glaeske am Mittwoch bei der Vorstellung des Arzneimittelreports 2010 der Barmer GEK. Sie ist mit 8,5 Millionen Versicherten die größte deutsche Krankenkasse.

Glaeske sprach sich dafür aus, neuen Medikamenten zunächst nur eine befristete Kassenzulassung zu geben und sie dann neu zu bewerten. Alleine Krebsmittel, die bei einer Therapie mit Kosten bis zu 60.000 Euro im Jahr - in Einzelfällen bis über 100.000 Euro - zu Buche schlagen, haben laut Report einen Anteil von einem Fünftel an den gesamten Arzneimittelausgaben der Gesetzlichen Krankenkassen. Diese Entwicklung belastet zunehmend deren Budgets. Die Steigerungsraten der 20 ausgabenstärksten Medikamente lagen im vergangenen Jahr bei der Barmer GEK meist zwischen 12 und 25 Prozent - bei einem durchschnittlichen Zuwachs über die gesamte Palette von 6 Prozent.

Den seit Jahren stetig steigenden Arzneimittel-Ausgaben will Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) mit einem Pharma-Sparpaket endlich einen Riegel vorschieben: Geplant sind höhere Zwangsrabatte und ein Einfrieren der Medikamentenpreise. Barmer-GEK-Vizechef Rolf-Ulrich Schlenker bestärkte die Regierung in diesen Plänen. Für das Krebsmittel Glivec würden in Großbritannien 1800 Euro verlangt, in der Bundesrepublik 2800 Euro. Deutschland kann nach seinen Worten "gut darauf verzichten, Referenzland für die europäische Preisbildung zu sein".

Glaeske plädierte dafür, mehr Nachahmerpräparate - sogenannte Generika - anzuwenden. Gut ein Viertel der Kassenausgaben für Medikamente entfalle auf lediglich 2,2 Prozent der verordneten Menge. Glaeske warb dafür, sowohl mit als auch an Arzneimitteln zu sparen. Sparen lasse sich mit jenen Präparaten, die zum Beispiel eine stationäre Behandlung der Patienten überflüssig machen. Sie sollten verstärkt eingesetzt werden. Der neue oberste Pharma-Prüfer Windeler hält im Gesundheitssystem Einsparungen im zweistelligen Milliardenbereich für möglich. "Die Summen, die für ungeeignete Behandlungen ausgegeben werden, sind erheblich", sagte er der "Frankfurter Rundschau". Bevor man über Rationierung medizinischer Leistungen rede, solle man diese Mittel besser in die richtigen Bahnen lenken.

Nach den Vorstellungen Windelers wird das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) künftig auch jene Bereiche unter die Lupe nehmen, in denen noch nicht geprüft wird. Als Beispiele nannte er dazu im Magazin "Stern" Hüftprothesen und Herzschrittmacher. Windeler wird zum 1. September Nachfolger des bisherigen IQWiG-Leiter Peter Sawicki, dessen Vertrag nicht verlängert wurde.

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