Mehr Behandlungen in Kliniken und neuartige Arztpraxen mit wechselnder Besetzung sollen gegen immer größere Lücken bei der ärztlichen Versorgung auf dem Land helfen. Mit einem entsprechenden Vorstoß macht die Union Druck für das geplante Ärzte- und Klinikgesetz. Patienten sollen leichter ambulant im Krankenhaus betreut werden, in ländlichen Arztpraxen tageweise abwechselnd Haus- und bestimmte Fachärzte vorfinden und höchstens drei Wochen auf einen Termin auch beim Spezialisten warten. Vier-Bett-Zimmer in Kliniken soll es auch für gesetzlich Versicherte nicht mehr geben.
Die Gesundheitspolitiker der CDU/CSU-Fraktion unterstützten bei einem Treffen am Montag im Grundsatz ein entsprechendes Konzept, wie es aus Teilnehmerkreisen hieß. Ohne Reform für Arztpraxen und Krankenhäuser fehlten vor allem in ländlichen Regionen in den kommenden Jahrzehnten nach Schätzungen bis zu 20 000 Ärzte, heißt es in dem der Nachrichtenagentur dpa vorliegenden Papier. Ärzte in Gebieten mit vielen Medizinern sollen Abschläge in Kauf nehmen. Mediziner in Mangelregionen sollen mehr Geld verdienen können.
Praxen in Gebieten mit vielen Ärzten sollen leichter geschlossen werden können. Dafür schwebt den Politikern vor, dass diese Praxen mitsamt Patientenstamm nicht mehr weiterverkauft werden können, die Inhaber aber entschädigt werden. Nach Angaben aus Unionskreisen sind die meisten Vorschläge hingegen ohne mehr Geld zu machen.
Niedergelassene Ärzte sollen leichter in Kliniken arbeiten können. Die Schranken zwischen Krankenhäusern und Praxen sollen abgebaut werden. Mit Geldanreizen oder Sanktionen sollen die Kliniken dazu gebracht werden, sich besser um entlassene Patienten zu kümmern. "Insbesondere ältere oder allein stehende Patienten fallen oft nach der Krankenhausentlassung in eine Versorgungslücke", so die Unionsexperten.
Die Arztreform soll mit dem Versorgungsgesetz kommen, das Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) für dieses Jahr angekündigt hat. Die Union verspricht sich davon und von der zu Jahresbeginn schon in Kraft getretenen Finanzreform insgesamt ein "Gesamtkonzept". Das Rösler-Ressort ist derzeit dazu auch mit den Ländern in Verhandlungen, da sie weitgehend für die Kliniken zuständig sind. Der CSU-Wirtschaftspolitiker Ernst Hinsken sagte, Rösler müsse Anreize für junge Mediziner zum Praktizieren in dünn besiedelten Regionen setzen.
Laut Union soll die Verteilung der Ärzte kleinräumiger und flexibler werden. Dafür sollen neue regionale Gremien sorgen. Die Entscheidungen sollen darin Vertreter der Ärzte, der Kliniken, der Kassen und der jeweiligen Landesregierung treffen.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach kritisierte: "Das Papier lenkt von den zentralen Problemen ab." Stattdessen müssten die Honorare für Hausärzte stärker steigen als die für Fachärzte. Behandlungen von Privat- und gesetzlichen Patienten müssten gleich bezahlt werden. "Das neue Planungsgremium wäre eine bürokratische Laberrunde", sagte er der dpa.
Der Koalitionspartner reagierte verhalten positiv. Die FDP- Expertin Ulrike Flach sprach von einer "interessanten Diskussionsgrundlage". Gemeinsame Eckpunkte würden im Frühjahr verabschiedet. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung begrüßte die Pläne. "Um Unterversorgung zu vermeiden, muss frühzeitig erkennbar sein, wo welche Ärzte gebraucht werden", sagte der KBV-Chef Andreas Köhler. Auch die Kassen reagierten positiv. "In dem heute bekannt gewordenen Papier werden zentrale Reformthemen des Jahres 2011 angesprochen", sagte die Chefin ihres Verbands, Doris Pfeiffer.


Derzeit sind noch keine Kommentare vorhanden. Schreiben Sie den ersten Kommentar!
Jetzt einloggen