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Leere im OlympiystadionWeltrekordversuch bei Wiederbelebungskurs gescheitert

Es sollte der größte Wiederbelebungskurs der Welt werden. 250 Intensivmediziner wollten knapp 8.000 Fußballfans schulen. Aber nur 257 Menschen kamen zu ihnen ins Berliner Olympiastadion.

Katrin Vorderwülbecke drückt mit beiden Händen kräftig auf ihre Erste-Hilfe-Plastikpuppe. Sie steht nach vorne übergebeugt, die aufgeblasene Hülle mit dem Namen MiniAnne liegt auf dem Gang hinter ihrem Sitz. Es ist nicht ganz einfach für die junge Frau, die Puppe zu erreichen, aber sie hört nicht auf zu pumpen. Denn - zumindest theoretisch - geht es um Leben und Tod. Und um einen deutlich gescheiterten Weltrekordversuch. 250 Intensivmediziner wollten bis zu 8000 Fußballfans schulen.

Vorderwülbecke gehört zu nur knapp 260 Fans, die am Samstag vor der Bundesligapartie zwischen Hertha BSC und dem 1. FC Köln an dem Rekordversuch für den größten Wiederbelebungskurs der Welt teilnehmen. Die Europäische Gesellschaft für Intensivmedizin, mit etwa 6.000 Mitgliedern eigenen Angaben zufolge die größte Vereinigung von Intensivmedizinern in Europa, hatte dazu eingeladen. Der Hintergrund: Noch immer ergreifen zu wenige Laien lebensrettende Sofortmaßnahmen wie Herzdruckmassage und Mund-zu-Mund-Beatmung.

Der Präsident der Gesellschaft, Jean-Daniel Chiche, war enttäuscht über die geringe Teilnehmerzahl: "Es zeigt, dass die Menschen nicht realisieren, dass auch sie von einem plötzlichen Herzstillstand betroffen sein könnten." Die Idee, mit dieser Aktion in ein Stadion zu gehen, sei nicht zufällig gekommen. Auch beim Fußball sterben Sportler - und Fans. "Bei der Weltmeisterschaft 2006 starben in Deutschland an jedem Tag, an dem die deutsche Nationalmannschaft gespielt hat, fünf bis sechsmal so viele Menschen an Herzstillstand wie an normalen Tagen", sagte Chiche.

Katrin Vorderwülbecke ist auf jeden Fall erleichtert, dass sie jetzt weiß, wie sie sich im Notfall verhalten soll. "Ich habe noch nie einen Erste-Hilfe-Kurs mitgemacht und hatte doch Angst, dass ich da etwas kaputt mache", sagt die 23-Jährige. "Das Schwierigste war, so lange durchzuhalten. Man muss 100 bis 120 Mal pro Minute pumpen, dann beatmen. Zehn Minuten könnte ich das wohl durchhalten, aber wenn der Notarztwagen eine halbe Stunde bräuchte, wäre das schwierig."

Martin Henneberg (52), Facharzt für Intensivmedizin am Vivantes Humboldtklinikum und einer der Trainer, ist zwar ein wenig enttäuscht von der geringen Resonanz der Fans. "Aber wenn wir einen schulen durften, der es vorher noch nicht konnte, ist das auch gut."

Auch beim "Wheel of Life"-Truck der Gesellschaft für Intensivmedizin konnten sich Interessierte bis Montag am Brandenburger Tor schulen lassen. Berlin war die erste Station einer europaweiten Tour, mit der auf die Wichtigkeit der spontanen Hilfe hingewiesen und die Zahl der Lebensretter erhöht werden soll.

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