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ComputertomografieAuf die Software kommt es an

Die Computertomografie hat in den letzten 20 Jahren große Entwicklungssprünge gemacht. Die Geräte der Hersteller liefern heute viel detailreichere Aufnahmen in immer kürzerer Zeit. Auch die Strahlendosen sind mittlerweile auf ein erträgliches Maß gesunken.

Die Computertomografie (CT) ist geprägt von revolutionären Entwicklungen. Die ersten Geräte brauchten für die Erzeugung eines einziges Schnittbildes ganze fünf Minuten. Heute transportieren die CT-Tische Patienten mit mehr als 70 Zentimetern pro Sekunde durch einen kontinuierlich rotierenden CT-Scanner, der bei jedem Umlauf mehr als 250 Schichten zugleich aufnehmen kann. Das birgt vor allem für die Patienten große Vorteile. Schließlich bedeutet eine kürzere Untersuchungszeit auch schnellere Diagnosen.

Das Prinzip der CT ist unverändert geblieben: Eine Röntgenröhre schickt Strahlen durch den Körper und rotiert dabei um den Patienten. Auf der gegenüberliegenden Seite fängt ein Detektor die Strahlung auf. Je nachdem, welche Körperregionen die Röntgenstrahlen durchdringen, werden sie unterschiedlich stark abgeschwächt. Ein Computer errechnet schließlich aus den Aufzeichnungen eines kompletten 360-Grad-Umlaufs ein Schnittbild durch den Körper. Mehrere Schnittbilder ergänzen sich zu einer dreidimensionalen Aufnahme des Körperinneren. Bei der technischen Entwicklung hat sich der Fokus in den letzten Jahren allerdings geändert. Bis Anfang der 2000er Jahre haben die Hersteller versucht, sich gegenseitig hinsichtlich der Anzahl der Detektorzeilen und der Schnelligkeit der Scanner zu übertrumpfen. „Im Endeffekt lief diese Entwicklung hinsichtlich der eingesetzten Technik zu dieser Zeit relativ parallel: Es ging von 4 Zeilen nach acht, dann 16, und schließlich zu 64 Zeilen”, erklärt Mathias Prokop, Chefarzt der Radiologie an der Niederländischen Radboud University in Nijmegen. Ab dann haben die Hersteller verschiedene Richtungen eingeschlagen.

Organaufnahmen in einer einzigen Rotation
So hat Toshiba als weltweit erster Hersteller bereits 2011 einen CT auf den Markt gebracht, dessen Detektor ganze 16 Zentimeter breit ist. Seit etwa zwei Jahren bietet auch General Electric ein Gerät mit dieser Detektorbreite an. Sie haben den Vorteil, dass man damit ganze Organe wie die Leber oder auch die Bauchspeicheldrüse mit nur einer einzigen Rotation scannen kann. Da sich auch die Geschwindigkeit, mit der die Röntgenröhre um den Patienten rotiert, dramatisch verbessert hat, dauert der Scanvorgang heute weniger als eine Sekunde. „Die Rotationsgeschwindigkeit unseres ‚CT Revolution‘ beträgt bis zu 0,2 Sekunden, das ist mit Abstand der schnellste CT am Markt. In der Regel fahren sie 0,28 Sekunden pro Rotation. Da das Herz nur halb so groß ist wie 16 Zentimeter, brauchen sie dafür sogar nur eine halbe Rotation – damit hat man in 0,14 Sekunden das komplette Herz gescannt”, ergänzt Arne Schmid, Geschäftsführer von GE Healthcare.

Lungen-CT in zwei Millisekunden
Der Hersteller Siemens hat dagegen einen anderen Weg eingeschlagen: Statt den Detektor zu verbreitern, arbeiten diese sogenannten Dual-Source-Computertomografen mit zwei rotierenden, um 90 Grad versetzt angeordneten Röntgenstrahlen gleichzeitig. Auch die Detektoreinheiten, die beim High-End-Modell „Somatom Force” nur sechs Zentimeter breit sind, werden jeweils um 90 Grad gedreht. Diese Dopplung macht es möglich, für eine Schnittbildaufnahme nur eine halbe Rotation um den Patientenkörper zu benötigen – also 180 statt 360 Grad. Kombiniert mit einer Vorschubbewegung des Patiententisches von bis zu 74 Zentimeter pro Sekunde kann dieser CT so etwa eine komplette Lunge in nur 0,2 Sekunden aufnehmen. „Sie können aber auch beide Röhren mit unterschiedlicher Spannung fahren. Dieses ‚Dual Energy‘ genannte Verfahren erlaubt es, die verschiedenen Materialien im Körper – Gewebe, Knochen, Implantate – präzise voneinander zu differenzieren”, ergänzt Peter Aulbach, Leiter Klinisches Marketing von Siemens Healthcare.

Strahlenbelastung gesenkt
Neben den schnellen Aufnahmegeschwindigkeiten, die inzwischen in der Lage sind, trotz Bewegungen der Patienten und deren Organe wie Herz und Lunge während der CT-Untersuchung präzise Aufnahmen zu liefern, konzentrieren sich die Hersteller laut Mathias Prokop in letzter Zeit vor allem verstärkt darauf, die bei der CT-Untersuchung anfallende Strahlendosis zu senken. „Inzwischen sind die Dosiswerte sehr gut zu vertreten, in den letzten fünf Jahren hat sich da sehr viel getan. Früher war es etwa bei der Thorax-Diagnostik so, dass man mit Strahlungsdosen von bis zu 30 Millisievert gearbeitet hat. Zum Vergleich: In Deutschland beträgt die natürliche Hintergrundstrahlung 2,5 Millisievert pro Jahr. Heute liegt sie bei normalen CT-Scannern zwischen zwei und drei Millisievert, die modernsten Hochleistungsscanner liefern sogar unter einem Millisievert. Das bedeutet eine dramatische Reduktion der Strahlenbelastung für Patienten”, so der Experte.

Softwareverfahren bergen Potenzial
Bei dieser Reduktion haben Software­verfahren einen erheblichen Anteil. Diese sogenannten iterativen Bildrekonstruktionsalgorithmen sind heute in der Lage, die für eine Untersuchung nötige Strahlendosis bei gleichbleibender Bildqualität bis zu 60 Prozent zu senken. Bei GE wird der Algorithmus ASIR (Adaptive Statistical Iterative Reconstruction) genannt. Philips nennt seinen Algorithmus iDose, bei Siemens heißt er IRIS (Iterative Reconstruction in Image Space) und bei Toshiba AIDR (Adaptive Iterative Dose Reduction).

In Zukunft erwarten Radiologen wie Mathias Prokop gerade von solchen Softwarelösungen große Entwicklungssprünge. „Die gesamte Bildgebung in der Medizin wird in Zukunft nicht so sehr durch bessere Hardware, sondern vielmehr durch Neuentwicklungen der Software bestimmt werden”, prognostiziert er. Das gelte nicht nur für Fortschritte in Sachen Detailgenauigkeit und Dosisredukton, sondern auch für die Schnelligkeit der CT-Aufnahmen. Ein erstes Beispiel dafür erwartet er von Samsung, einem Neuling in Sachen Computertomografie. Der Hersteller will demnach Anfang des kommenden Jahres einen neuen CT mit einem acht Zentimeter breiten Detektor auf den Markt bringen, dessen Zeitauflösung mit Hilfe einer Software lediglich 30 Millisekunden betragen wird.

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