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KlinikbettenDas Bett als Therapeut

Während Krankenhausbetten früher nur Liegekomfort boten, sind sie heute hochtechnisiert. Sie lassen praktisch kein Bedürfnis unbefriedigt und können weit mehr, als nur für gesunden Schlaf zu sorgen.

Wer zuhause eine hartnäckige Grippe auskurieren muss und lange an das Bett gefesselt ist, kennt das Problem: Zusätzlich zu den üblichen Gliederschmerzen gesellt sich gerne eine Verspannung. Für schwerkranke Patienten kann langes Liegen sogar Behinderungen verursachen. „Ein Krankenhausbett muss sich deshalb daran messen lassen, welchen Beitrag es zur Sicherung der ärztlichen Behandlung, des Behinderungsausgleichs oder zur Sicherung der Pflege und einer selbstständigen Lebensführung leistet“, fordert Otto Inhester, Pflegewissenschaftler der Universität Witten/Herdecke.

Feedback statt Verspannungen
Die Hersteller haben diese Forderungen offenbar umgesetzt. Das zeigt sich schon bei den Liegeflächen der modernen Klinikbetten, die sich heute von den Pflegekräften schnell, ohne unnötigen Kraftaufwand und mit einfachen Handgriffen so flexibel anpassen lassen, dass sie stets auf die Körpergröße der Patienten eingestellt sind. Haltungsschäden, die durch zu kurze oder zu schmale Bettenabmessungen hervorgerufen werden, sind damit passé. Die Liegeflächen sind längst keine einfachen Lattenroste mehr, sondern bestehen aus vielen einzelnen Lamellen, die sich an jeden Auflagepunkt des Patientenkörpers anschmiegen und selbst minimale Eigenbewegungen aufnehmen und an den Körper zurückgeben. Dieses Feedback sorgt für eine verbesserte Körperwahrnehmung, fördert die Eigenbewegung und die Mikrozirkulation im Gewebe – was vor allem jenen Patienten zugute kommt, die ansonsten durch das bewegungslose Liegen Druckstellen, Hautrötungen oder Dekubitus bekommen könnten. Auch die Matratzen beugen diesen Schäden vor, indem sie praktisch für jede einzelne Stelle des Körpers eine eigene Auflagefläche bieten, deren ausgeklügelte Struktur ganz nebenbei auch für die richtige Wärme- und Feuchtigkeitsregulierung sorgt.

Mehr Eigenständigkeit im Krankenbett
Die Bettensysteme eröffnen auch denjenigen, die schon etwas agiler sind, neue Möglichkeiten. Sie sorgen dafür, dass die Patienten trotz eingeschränkter Beweglichkeit selbstständig agieren können und nicht immer nach einer Schwester rufen müssen, wenn sie ihre Liegeposition verändern oder aufstehen wollen. Stattdessen berühren sie die elektronischen Bedienelemente an der Seite des Betts und können so nicht nur die Position des Kopf- oder Fußteils verändern, sondern sogar das gesamte Bett absenken und zur Seite kippen. Eine aufrechte Liegeposition, das Hochlegen der Beine und der einfache Bodenkontakt für das Aufstehen sind damit kein Problem mehr. „Menschen, die etwa nach einer Bauch-OP oder mit Wirbelsäulenbeschwerden im Bett liegen, können allerdings oft die für das Aufstehen nötige Rotationsbewegung, die 90-Grad-Drehung zur Bettkante, nur unter großem Aufwand hinbekommen“, erklärt Inhester. Auch hier liefern die Hersteller Abhilfe: Einige Betten können so eingestellt werden, dass eine nach vorn offene Sitzposition möglich ist. Dafür verwandelt sich die gesamte Liegefläche in einen Sitz. Bei anderen Anbietern lässt sich für die Sitzposition das Fußende einfach zur Seite schieben. Das gibt den Patienten ein Stück ihrer Selbstständigkeit zurück.

Sensoren erfassen spontane Bewegungsmuster
Die Neuerungen der Betten für Intensivstationen gehen noch einen Schritt weiter. Ihre kippbaren Auflageflächen erleichtern Verbandwechsel, Untersuchungen und das Waschen. Das schont auch den Bewegungsapparat der Pflegekräfte. „Noch interessanter ist, dass sie zu einer Schnittstelle für die Datenerfassung werden und so die Therapie unterstützen können“, sagt Inhester. Dazu dienen eingebaute Sensoren, die bei schlafenden oder bewusstlosen Patienten spontane Bewegungsmuster erfassen oder Körperfunktionen überwachen. So können Ärzte schneller Frühwarnzeichen von Infektionen erkennen oder feststellen, wie Medikamente anschlagen. „Gerade bei älteren Menschen, die ein Fieber entwickeln, kann man das unter normalen Umständen gar nicht erkennen. Durch die Auswertung von Bewegungsmustern geht das aber“, so Inhester.

Die neuen Trends in Sachen Liegekomfort eröffnen ganz neue Möglichkeiten für die Begleitung von Genesungsprozessen. Die Erkenntnis, dass gesunder Schlaf heilsam ist, bekommt damit eine andere Dimension.

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