Bis zu 100 Euro pro Minute kostet es Kliniken, einen Operationssaal zu betreiben. Daher gilt es, die Prozessabläufe dort so effizient wie möglich zu gestalten. Die Medizintechnikhersteller können hier Abhilfe leisten. Sie bieten heute Systeme an, die dem Personal neben der zentralen Steuerung des Geräteparks im OP sogar das Dokumentieren der Behandlungsschritte erheblich erleichtert. So sind solche OP-Managementsysteme quasi die Schaltzentrale für alles, was sich im Operationssaal in irgendeiner Form elektronisch steuern oder übertragen lässt.
Schaltzentralen im OP
Solche Schaltzentralen sind in der Lage, sämtliche für den Eingriff nötigen Geräte den jeweiligen Gegebenheiten und individuellen Vorlieben eines Operateurs auf Knopfdruck automatisch anzupassen. „Die Anwender unseres OP-Integrationssystems Endoalpha können auch während der OP Szenarien beziehungsweise Favoriten aufrufen, um verschiedene Geräte simultan zu steuern. Ein sehr anschauliches Beispiel ist der Wechsel von einer minimalinvasiven OP zu einer offenen OP. In diesem Fall werden gleichzeitig der Insufflator und das endoskopische Licht aus- und die OP-Leuchten sowie das Raumlich eingeschaltet. Auf Wunsch können die Monitore auch das Bild der OP-Feldkamera darstellen statt der endoskopischen Kamera”, so Dirk Kruse, Produktmanager für Systemintegration des Medizintechnikherstellers Olympus.
Bildsignale auf Knopfdruck
Neben der Instrumentensteuerung können solche Systeme Daten, Bilder und Videosignale, die im OP erzeugt oder von externen Quellen in den OP eingespielt werden, auf Bildschirme im OP übertragen.„Sie haben Bilder der Endoskopie-Kamera, der Kamera in der OP-Leuchte und Raumkameras. Außerdem haben sie die Bilder der anderen Geräte im Raum, etwa dem Röntgenbogen oder Ultraschall, die sich ebenfalls an unser OP-Managementsystem Core Nova anschließen lassen. Diese Signale lassen sich einzeln auf die Monitore im OP übertragen”, erklärt Isabel Zündorff, Marketingmanagerin für Integrierte OP-Systeme des Medizinprodukteherstellers Richard Wolf. Diese Signale lassen sich außerhalb des OPs übertragen. Dazu dienen eigene Touchscreens, die die komplette Steuerung möglich machen. Hier sind alle Signale übersichtlich aufgeführt und können von dem Benutzer, ähnlich einem Redakteur eines Fernsehstudios, auf einzelne Monitore im OP gelenkt werden. „Sie können unterschiedliche Bildsignale mit unserem OP-Managementsystem OR1 auch beliebig aufbereiten und etwa vier solcher Signale auf einen einzigen Monitor legen”, sagt Rainer Zagst, Marketing Direktor für den integrierten Operationssaal OR1 von Karl Storz. Auch den Dokumentationsprozess erleichtern die Systeme. So sind sie in der Lage, Audio- und Videodaten in die entsprechenden Speichermedien zu übertragen. Durch den bidirektionalen Zugang zu Krankenhausinformationssystemen können sie die im OP erzeugten Informationen auch der jeweiligen Operation und dem entsprechenden Patienten zuordnen. Solche OP-Managementsysteme verbessern die Arbeitsabläufe im OP. Sie können den Anwendern viele Arbeitsschritte abnehmen, sogen für eine optimale Vernetzung der Geräte und damit letztendlich für eine bessere Auslastung der Operationssäle.
Optimierung des Kerngeschehens
Das Softwareprodukt Surgical Procedure Manager (SPM), dass das Leipziger Surgical Process Institute (SPI) zusammen mit dem Softwareentwickler Mednovo entwickelt hat, geht einen Schritt weiter. Es widmet sich der Unterstützung und Standardisierung des Kerngeschehens, dem chirurgischen Eingriff des Operateurs. Checklisten wie das sogenannte „Team time out” dienen unmittelbar vor einem Eingriff dazu, den Patienten nicht zu verwechseln, rufen den Informationsstand zu einem Patient in Erinnerung und zeigen dem OP-Team eventuelle Komplikationen an. SPM widmet sich dagegen dem Eingriff selbst und ist in der Lage, dem Chirurgen während der OP jeden einzelnen Arbeitsschritt seiner Operation vorzugeben.
In 50 Einzelschritten durch den Eingriff
„Heute hat jeder Operateur weltweit seinen eigenen Standard. Das gilt nicht nur für die einzelnen Arbeitsschritte, sondern auch für die dafür verwendeten Instrumente. Damit ist es nahezu unmöglich, sie miteinander zu vergleichen. Das bedeutet aber auch, dass man deren Qualität nicht messen kann”, bemängelt SPI-Inhaber Gunter Trojandt. Deshalb sei es quasi unmöglich, bessere von schlechteren Methoden zu unterscheiden, etwa in Bezug auf Zeitersparnis, Materialeinsatz oder Rückfallquoten – und genau hier leistet seine Software Abhilfe. Zunächst hat SPI, gemeinsam mit führenden Experten, eine umfangreiche Datenbank mit Masterprozessen entwickelt. Daraus sind Operationsleitlinien entstanden, an denen sich die Anwender der Software orientieren können und die jeden Eingriff durchstrukturieren. „Die Handlungsanweisung gliedern zum Beispiel eine Nasennebenhöhlenoperation in 50 Einzelschritte, die ein Chirurg während des Eingriffs durchführt. Sie erscheint als Liste auf Monitoren und leitet den Arzt durch den jeweiligen Eingriff”, erläutert Trojandt.
Software standardisiert die Operationsqualität
Da sich die Handlungsanweisungen des SPM jederzeit ändern lassen, kann jede Klinik ihre eigenen Prozesse festlegen. „Wenn man bei der Nasennebenhöhlen-OP im Schritt 18 statt eines Blakesley lieber etwas anderes verwenden will, können Sie das ganz einfach austauschen. Mit der Freigabe durch den Chefarzt ist dann ein neuer chirurgischer Einzelprozess definiert, der damit für alle Ärzte dort verbindlich ist”, so Trojandt. Die Handlungsanweisungen liefern nicht nur einzelnen Kliniken Unterstützung bei der Optimierung ihren operativen Eingriffe, sie lassen sich auch anonymisiert mit denen anderer Ärzte oder Krankenhäuser austauschen. „Man kann die so digitalisierten Abläufe für exakt gleiche Operationen mit anderen Standorten vergleichen. Mit SPM ist es erstmals möglich, Eingriffsstandards verschiedener Chirurgen zeitlich, qualitativ und im Bezug auf die verwendeten Geräte und Materialien weltweit auszuwerten und gegebenenfalls zu adaptieren”, schwärmt Trojandt.
Gerade als elektronisches Konzept für das schnellere
Anlernen junger Chirurgen sei das laut Trojandt eine große Hilfe. Außerdem garantiere es eine gleichbleibend hohe Qualität zu jeder Tages- und Operationszeit. Der Pilot des Softwaresystems, das von Karl Storz vertrieben wird, ist erstmals in der Aquaklinik Leipzig eingesetzt worden. Hier hat sich die Slot-Zeit für eine OP, die dort im Jahr 2004 noch bei 90 Minuten lag, auf 45 Minuten verkürzt. Mittlerweile ist sie in zehn weiteren Häusern im Einsatz.


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