
Mit KI ist es so eine Sache: Es fasziniert uns zu sehen, wie Computer und Maschinen ohne Zutun automatisch lernen. Doch es bestehen noch diverse Herausforderungen, die es zu meistern gilt. KI bietet auf jeden Fall viel Potenzial, wie beispielsweise eine bessere Diagnostik und damit einhergehend bessere und individuellere Therapien für den Patienten. Auf Seiten der Anwender im Krankenhaus fallen vor allem Arbeitszeitersparnis sowie Prozessoptimierung ins Gewicht. Besonders in der Radiologie kann KI gut unterstützen.
Philips ist auf diesem Gebiet sehr weit und hat vor Kurzem eine KI-Plattform für die bildgebende Diagnostik auf den Markt gebracht: die IntelliSpace Al Workflow Suite, die Routineaufgaben automatisiert. „Mit der offenen, herstellerneutralen Plattform lassen sich Anwendungen für alle Modalitäten nahtlos in den Workflow integrieren. Das erleichtert den Transfer von KI in den Versorgungsalltag“, erklärt Christian Backert, Business Marketing Manager Enterprise Diagnostic Informations bei Philips DACH.
Das Leben in der Radiologie erleichtern
Durch die Anbindung der Plattform an das PACS können Daten standardisiert abgerufen werden, die für die behandelnden Ärzte einen Mehrwert haben. Die Zuordnung der Bilddaten an die passenden KI-Tools im Hintergrund läuft vollautomatisch ab, ohne dass sich Ärzte oder MTAs darum kümmern müssen. Der Radiologe bzw. die Radiologin erhält die Ergebnisse der KI-Analysen gleich zu Beginn zur Prüfung, wenn das Bild zur Befundung aufgerufen wird und kann dann selbst entscheiden, ob die Informationen in den weiteren diagnostischen Prozess einbezogen werden.
Mehr Effizienz durch KI
KI kann aber noch an anderen Stellen helfen, wo man es auf den ersten Blick nicht vermutet. Sie kann den kompletten Workflow in der Radiologie steigern: von der Terminvergabe über die Bildakquisition bis hin zur Befundung. Hat ein Patient beispielsweise Probleme im Knie und braucht ein MRT, kann KI-Unterstützung bereits bei der Terminplanung ansetzen.
Es können alle Informationen herangezogen werden, die der Algorithmus über das Netzwerk zieht und mithilfe derer ein möglichst günstiger Termin gefunden werden kann. Das heißt, nicht nur Arzt und Patient können zu diesem Termin, sondern die Untersuchung passt auch am besten in den Ablauf der Praxis bzw. des Krankenhauses, sprich sie liegt in der Nähe von anderen Knieuntersuchungen. Dann braucht das Personal nicht das MR-Gerät umbauen und eine neue Spule einbauen, weil vorher beispielsweise eine Kopfuntersuchung gemacht wurde.
Wenn die Probleme des Patienten bekannt und mit entsprechend guten Vorinformationen dokumentiert sind, kann KI auch helfen, die optimale Bildgebung auszuwählen. Das bedeutet, es wird nicht nur ein MR-Bild gemacht, sondern durch die Vorinformationen wählt das Gerät aus dem KIS oder dem Praxisinformationssystem gleich die ideale Einstellung in der entsprechenden Sequenz aus – individuell für genau diesen Patienten.
Das minimiert das Problem der Mehrfachaufnahmen. Denn es ist erwiesen, dass gerade bei MR-Untersuchungen viele Bilder nochmals gemacht werden müssen, weil beispielsweise am Ende gar nicht die Information, die man sehen wollte, aufgenommen wurde, oder das Bild verwackelt ist. Durch Einsatz von KI kann also der Zeit- und Kostendruck für Radiologen minimiert werden.
Und so könnte es aussehen
Die Idee ist nun Folgende: Es kommt die Anfrage, dass bei Patient Müller das Knie angeschaut werden soll. Der Algorithmus im MR-Gerät weiß dann schon, was die ideale Sequenz ist: Zusammen mit allen verfügbaren Zeitslots für die Untersuchung, die der Algorithmus aus dem RIS hat, greift er automatisch auf die verfügbaren Sequenzen aus dem entsprechenden Scanner zurück. Diese Basisinformationen zu dem Patienten hat er sich aus dem KIS geholt. Dann wählt der Algorithmus die optimale Kombination aus. Die Zeit der Vorbereitung wird so minimiert, denn das Gerät muss nicht erst händisch eingestellt werden, wenn der Patient den Raum betritt. Idealerweise braucht die MTA dann nur noch auf den Knopf zu drücken. Denn selbst bei der vorherigen optimalen Positionierung des Patienten kann KI helfen.
Bild gemacht: Was nun?
Derzeit ist es noch so, dass im Anschluss an eine MR-Untersuchung jemand die Aufnahmen anschaut und dann anhand diverser Qualitätsmerkmale erst einmal entscheiden muss, ob das Bild in Ordnung ist und der Arzt es so befunden kann. Bei dieser Begutachtung stellt sich auch des Öfteren heraus, dass die Untersuchung noch einmal gemacht werden muss: Das kostet extra Zeit und Geld, der Patient muss gegebenenfalls sogar noch einmal einbestellt werden und es ist für ihn unangenehm. Auch an dieser Schnittstelle kann und sollte KI künftig zum Einsatz kommen.
Das KI-gestützte Programm schaut sich in Zukunft das Bild von Patient Müller sofort nach der Aufnahme an und gleicht mit Regulatorien ab, was in dem Bild zu sehen sein muss. Diese Prüfung übernimmt der Algorithmus selbstständig nach jedem Knopfdruck und gibt sofort ein Signal zurück an die MTA: Grün bedeutet, das der Radiologe es sich direkt anschauen kann, rot impliziert, dass das Bild noch einmal gemacht werden muss.
Der Patient hat dabei den Vorteil, dass er nicht mehr so lange im MRT liegen muss, weil unnötige Sequenzen vermieden werden oder gar nochmalige Untersuchungen entfallen. Eine optimierte Bildgebung kommt ihm schließlich auch zugute, weil der Arzt im Anschluss auch eine treffsichere Diagnose stellen kann.
KI sieht mehr als das Auge
Namhafte Partner wie Riverain Technologies sind bei Philips neuer Plattform mit an Bord. Sie sorgen beispielsweise mit ihren KI-Software-Tools für eine genauere und schnellere Detektion von Pathologien. So zeigen klinische Studien, dass die Lösungen von Riverain Technologies im Röntgen-Thorax einen von sechs, in CT-Scans sogar 29 Prozent zuvor übersehender pulmonaler Noduli identifizieren.
Der große Wunsch der Mediziner, künftig Tumore automatisch zu erkennen, soll KI-gestützt möglich werden. Am Beispiel der Glioblastome kann man das wie folgt erläutern: Man schaut im Gehirn, was genau Tumorgewebe ist, was Randgewebe ist und was in der Therapie bestrahlt oder operativ entfernt werden muss. Künftig soll es so auch nach der Therapie einfacher werden, zu kontrollieren, ob wirklich jedwedes tumorbefallenes Gewebe entfernt wurde, ob es noch Tumorreste gibt oder Tumorränder, die noch einmal nachbehandelt werden müssen. All das sind Arbeiten, die derzeit manuell gemacht werden und für den Radiologen sehr zeitaufwendig sind.
Für Brustkrebs-Patientinnen beispielsweise erhofft man sich, durch noch bessere Vorabinformationen schmerzhafte Stanzbiopsien oder andere unangenehme und zeitaufwendige Untersuchungen nicht mehr so häufig machen zu müssen. Hier eröffnet sich künftig noch ein weites Feld.
Besserer Workflow durch KI
Im Anschluss an die Diagnostik kann KI natürlich auch helfen, die richtige Therapie auszuwählen. Und damit schließt sich der Kreis rund um die Patient Journey.
Gerade im Bereich des MR kann man sagen, dass es wichtig ist, möglichst viele Datenquellen zu verwenden. Es ist kein Geheimnis: Je umfassender man den Algorithmus trainieren kann, desto besser wird am Ende das Ergebnis.
Der Radiologe wird durch KI zunehmend entlastet und wird künftig anders arbeiten (können). Auch die Universitäten haben das schon erkannt und bieten andere Lerninhalte als Teil ihrer Curricula an. Der Radiologe der Zukunft wird ein anderes Skill Set mitbringen als heute oder in der Vergangenheit. Er wird dadurch aber auch wieder in die Lage versetzt, das zu tun, weshalb er Medizin studiert hat: mehr Zeit für den Patienten, seine Anamnese, Diagnostik und Therapie zu haben.
Die Vorteile von KI für die Radiologie sind übertragbar in andere Felder, auch in nicht bildgebenden Bereichen. So ist beispielsweise Dr. Michael Perkuhn, General Manager für IntelliSpace Al Venture bei Philips überzeugt, dass der Einsatz von KI nicht nur die Radiologie, sondern auch die Onkologie, die Neurologie und die Pathologie verändern werde.





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