
Die Händehygiene ist nach wie vor Kernmaßnahme für eine verringerte Keimbelastung. Im Falle einer Epidemie sollen weiterreichende Maßnahmen wie das Abtrennen von Isolationsbereichen und Zugangskontrollen für Besucher das Einschleusen pathogener Erreger zusätzlich unterbinden. Doch die Infektionskette kann über kontaminierte Oberflächen im OP- und Intensivbereich von neuem gestartet werden. Patienten könnten zuvor nicht diagnostizierte Erreger an sich tragen und über die Haut auf das patientenspezifische Abdecktuch oder den OP-Tisch übertragen, die nach Berührung durch das Personal weiter auf Oberflächen verbreitet werden könnten. Externe, wie beispielsweise Servicemitarbeiter, müssen nicht nur in Krisensituationen als potenzielle Überträger ebenfalls jederzeit in Schutzmaßnahmen einbezogen werden.
Hygiene am Arbeitsplatz
Der Oberflächendesinfektion an medizinischen Arbeitsplätzen, insbesondere nach Patientenwechsel, kommt also eine wichtige Bedeutung zu. So konnten beispielsweise in OP-Bereichen, die weniger in Hygieneroutinen einbezogen waren, mikrobielle Besiedlungen nachgewiesen werden. Anästhesiearbeitsplätze, etwa Touchscreens oder Tastaturen, aber auch die Griffflächen des Anästhesiewagens erwiesen sich als Reservoir unter anderem für koagulase-negative Staphylokokken und MRSA. Erreger können sich auf derartigen Flächen zudem längere Zeit halten. Auch wenn das Ausmaß der Gefährdung durch besiedelte unbelebte Oberflächen nicht eindeutig geklärt werden kann, sind regelmäßige und gründliche Hygiene-Maßnahmen angezeigt. Zu den Basismaßnahmen der Aufbereitung, beispielsweise von Anästhesiearbeitsplätzen sollte etwa nach jedem Patienten eine Wischdesinfektion aller Handkontaktflächen beziehungsweise am Ende des Arbeitstages des kompletten Geräts gehören. Bei infektiösen Patienten empfiehlt das Robert Koch-Institut zudem das sofortige Aufbereiten aller Handkontaktflächen, um eine Übertragungsgefahr zu verhindern.
Keimeintrag durch Kooperation minimieren
Die zunehmende Digitalisierung der Patientenkommunikation und klinischer Abläufe führt zu mehr Anwendungen von Medizintechnik und IT in der Klinik. Dadurch sind wiederholte Kontakte mit Firmenvertretern, Außendienstmitarbeitern und Service-Technikern auch in sensiblen patientennahen Bereichen verbunden. Kliniken müssen bestehende Hygienepläne entsprechend erweitern und beispielsweise Schutzmaßnahmen auch auf diese Gruppe ausweiten. Auf der anderen Seite kann die Industrie selbst Vorkehrungen treffen, und ihre Mitarbeiter hygienegerecht vorbereiten, etwa durch Schutzausrüstungen und entsprechende Schulungen. Letztere haben in den vergangenen Jahren einen wichtigen Stellenwert in der Beziehung von Krankenhaus und Medizintechnikhersteller erlangt.
So ist das Verständnis um Hygieneprozesse in den Intensivbereichen einer Klinik für den Hersteller maßgeblich für Mitarbeiter-Trainings. Darin sollten auch aktuelle regulatorische Anforderungen zur Anwesenheit und zum Verhalten von Mitarbeitern im OP und zur Infektionsprävention allgemein einfließen. Um die Hygiene zwischen Hersteller und Betreiber nahtlos zu halten, müssen die Niveaus idealerweise angeglichen sein. Das bedeutet für die Industrie, Mitarbeiter im Außendienst, Marketing oder Produktmanagement durch eigene Hygienefachkräfte und hygienebeauftragte Personen vorzubereiten. Unternehmen, können auf Augenhöhe mit ihren Kunden, deren Bedarf besser verstehen und qualifiziert beraten. Dies wirkt sich beispielsweise beim Erstellen von Aufbereitungsplänen für Medizingeräte und klinische Arbeitsplätze aus. Zudem können Hersteller die Desinfektion von Geräteoberflächen in den Kliniken aktiv unterstützen, indem sie Empfehlungen für den Mitteleinsatz an den Arbeitsplätzen geben.
Technik unterstützt Hygiene
Medizintechnik kann ohne regelmäßige Desinfektionsroutinen Teil einer Infektionskette im intensivmedizinischen Bereich werden. Diese kann bereits durch den Gerätewechsel von einer Klinik zurück zum Hersteller und anschließend wieder zur nächsten Einrichtung, wie bei Teststellungen, ausgelöst werden. Daher sollten Leih- und Demogeräte zwischen Bereitstellungsterminen immer nach den Empfehlungen des RKI/KRINKO und der Deutschen Gesellschaft für Sterilgutversorgung (DGSV) komplett hygienisch aufbereitet werden. Dies sollte zudem vom Hersteller den Kliniken gegenüber dokumentiert werden. Dräger beispielsweise führt die Prozedur selbst dann durch, wenn Geräte von Krankenhäusern aufbereitet zurückgegeben wurden. Grundlage für den Hersteller sind dabei die im klinischen Bereich der AEMP (ZSVA) geltenden Vorschriften.
Darüber hinaus setzen moderne Gerätekonzepte die Anforderungen der Hygiene bereits in der Neuentwicklung um. Der Maßgabe des „Hygienic Design“ folgend, werden Medizingeräte mit abgerundeten Kanten und minimierten Überhängen versehen, um sie einfacher aufbereiten zu können. Gerätekabel werden am Rand in Schächten gesammelt und über dem Boden geführt, damit sie nicht mit Verunreinigungen in Kontakt kommen. Bei seiner neuesten Generation von Beatmungsgeräten verwendet Dräger zudem Glas-Touchscreens als fast nahtlose Bildschirme, die sich effektiv flächendesinfizieren lassen.
Weitergehende Ideen verbinden IT und Medizintechnik, um etwa die Versorgung von Patienten in Isolationsbereichen zu ermöglichen. Solche Möglichkeiten bietet die Lösung für herstellerübergreifende Interoperabilität von Medizingeräten des neuen ISO/IEEE 11073-SDC Standards. Das nicht-proprietäre Protokoll Service-Oriented Device Connectivity (SDC) lässt verschiedene Geräte untereinander Daten austauschen und auf einem beliebigen Bildschirm anzeigen. Es ist kompatibel zu Klinikstandards wie HL7 oder FHIR (Fast Healthcare Interoperability Resources) und integriert somit notwendige Datenbankabfragen. Auch bei der Behandlung infektiöser Patienten könnte die interoperable Lösung künftig eine stärkere Rolle spielen. Dies unterstreichen erfolgreiche Tests des Fernsteuerns von Beatmungsgeräten. Bereits 2014 simulierten Mediziner und Wissenschaftler die Behandlung eines Ebola-Infizierten im Weißen Haus, Washington, indem das Beatmungsgerät per Fernbedienung aus einem Vorraum des Behandlungszimmers heraus gesteuert wurde.





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