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HauptstadtkongressMinisterium droht Bremsern der Datenautobahn

Mit der Entwicklung der Telematikinfrastuktur ist das Gesundheitsministerium gar nicht zufrieden. Sollten sie weiter Umsetzungsfristen verstreichen lassen, drohen den Teilnehmern des Projekts zur Vernetzung im Gesundheitswesen Sanktionen. Das hat die parlamentarische Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz (CDU) beim Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit in Berlin angekündigt.

„Wir überlassen nichts mehr dem Zufall, wir drohen Sanktionen an“, sagte die Gesundheitspolitikerin. Sie beklagte, es gebe tolle Projekte, aber die kämen nicht zueinander, „weil die Datenautobahn fehlt“. Grundsätzlich sei Innovation „kein Gütesiegel an sich, sondern Nutzen müsse evidenzbasiert nachgewiesen werden“, erklärte Widmann-Mauz weiter. Dafür müssten drei Voraussetzungen gegeben sein. Erstens müssten „echte Innovationen einen wirklichen Fortschritt für Lebensqualität und Lebenschancen“ bringen. Zweitens müssten sich Innovationen am Versorgungsbedarf orientieren. Und drittens dürften wirkliche Innovationen „keine Eintagsfliegen“ sein.

Beim 19. Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit (HSK) auf dem Berliner Messegelände treffen sich mehr als 8.000 Entscheidungsträger aus Gesundheitspolitik und -wirtschaft noch bis Freitag, um neueste Trends zu diskutieren. Die kma hat am ersten Abend mit den Besuchern des HSK und vielen Wegbegleitern der Zeitschrift auf ihr 20-jähriges Jubiläum angestoßen. Das Come-together des Kongresses auf der "Piazza" direkt neben dem kma-Stand war gleichzeitig die Jubiläumsparty der kma.

Experten-Diskussion am kma Stand

Zuvor hatte Barbara Napp, Pflegerische Zentrumsleitung UKE, am kma Stand 26 über die UKE-Pflegekooperation mit dem Tongji-Hospital in Wuhan diskutiert. Am Freitag, 10. Juni, wird sich kma Herausgeber Florian Gerster dort von 11 Uhr bis 11.30 Uhr mit der monistischen Krankenhausfinanzierung beschäftigen.

Große Beachtung fand am ersten Kongresstag auch die Lecture von Anthony Atala. Der Pionier der regenerativen Medizin befasst sich mit seinem Team am Wakefield Forest Institute im US-Staat North Carolina mit der künstlichen Erzeugung von Gewebe und Organen aus Körperzellen von Patienten. Es leben bereits Patienten von Atala mit im Labor erzeugter Blase, Vagina und Knochenteilen. Derzeit arbeiten die Forscher am 3D-Druck von Organen.

Den Zuhörern des Hauptstadtkongresses präsentierte Atala auch einen „Body-on-a-chip“, bei dem kleine, aus menschlichen Zellen gezüchtete Organe – sogenannte „Organoide“ – einen kompletten menschlichen Körper im Kleinmaßstab darstellen. Mit dem Body-on-a-chip sollen Medikamente getestet werden – vor allem auch in ihrer spezifischen Wirkung auf den Patienten, von dem Zellen auf dem Chip eingesetzt wurden.

Mut zur Forschung

Bei der HSK-Auftaktveranstaltung hatte Bertram Häussler, Chef des Iges-Instituts, auf die vergangenen 150 Jahre der Medizingeschichte zurückgeblickt. Er nahm sich in seinem Vortrag die steigende Kurve der Lebenserwartung etwas genauer vor. Zwischen 1900 und 1950 stieg sie um 22 Jahre – trotz zweier Weltkriege. „Das bleibt wohl auch in der Zukunft das größte Wachstum aller Zeiten“, so Häussler. Grund dafür war, dass Infektionskrankheiten und die Sterblichkeit von Müttern und Säuglingen eingedämmt wurden. Der ehemalige Charité-Chef Detlev Ganten tauchte in seinem Vortrag in die Welt der molekularen Medizin ein: „Digitale Medizin hat den vollen Einzug in die Forschung erhalten", so sein Resümee. Mut zur Forschung und nachhaltige Investition in die Medizin - das waren die Forderungen der beiden Redner.

Knapp 200 Einzelveranstaltungen

Insgesamt sind während des HSK knapp 200 Einzelveranstaltungen geplant, zu denen mehr als 600 Redner, Referenten und Diskussionsteilnehmer erwartet werden – darunter Spitzenpolitiker aus Bund und Ländern, prominente Wissenschaftler und Führungspersönlichkeiten aus Institutionen des Gesundheitswesens. So haben die Veranstalter um Ulf Fink und Ingrid Völker etwa Ulrike Elsner (vdek), Martin Litsch (AOK), Christoph Straub (Barmer GEK) und Herbert Rebscher (DAK) von der Gesetzlichen Krankenversicherung gewinnen können sowie Josef Hecken für den GBA und Christof Veit für das IQTiG. Aus der Wissenschaft sind Forscher wie Karl Max Einhäupl, Vorstandsvorsitzender der Charité, der Pharmakritiker Gerd Glaeske, der Politikberater Bert Rürup und der Ökonom Jürgen Wasem dabei.

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